Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zionismus
Zionịsmusder, Bez. (1893 geprägt) für die polit. (nat.) und soziale Bewegung zur Errichtung eines jüd. Staates in Palästina. Die Anfänge des Z. liegen im 19. Jh. (M. Hess und L. Pinsker) und stehen - neben der religiösen Verwurzelung in der (passiven) messian. Erwartung einer Rückkehr ins »Gelobte Land« (Israel/Palästina) und nach Zion (Jerusalem) - im Zusammenhang mit dem Aufkommen des Nationalismus in Europa und des modernen Antisemitismus in O- und Mitteleuropa Ende des 19. Jh. (Suche nach jüd. Identität, Existenzmöglichkeiten und Eigenstaatlichkeit). Widerhall fand der Z. deshalb zuerst bei Teilen der Ostjuden, bes. im zarist. Russland, wo die Judenemanzipation unterblieben war (Haskala), während die Westjuden den Z. zumeist ablehnten. Zw. 1881 und 1914 verließen etwa 2,5 Mio. Juden O-Europa und wanderten meist in die USA aus; auch die aktive jüd. Besiedlung Palästinas setzte ein. Dieser »prakt.« bzw. »Pionier-Z.« (wichtigster Vertreter: C. Weizmann) fand seine Ergänzung durch das Auftreten T. Herzls, der den Z. als polit. Kraft organisierte und ihm durch die Zionist. Weltkongresse 1897 eine wichtige Plattform schuf. Die ebenfalls 1897 gegr. Zionist. Weltorganisation erklärte 1905 die Errichtung einer »öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte« für das jüd. Volk in Palästina zu ihrem Ziel, seit 1917 von Großbritannien unterstützt (Balfour). Die 1918-39 stark ansteigende Einwanderung von Juden nach Palästina (Verzehnfachung auf etwa 0,6 Mio.) führte u. a. 1922 zur Gründung der Jewish Agency for Palestine und zur Ausbildung von Parteien, von denen die sozialist. und religiösen Gruppierungen besondere Bedeutung erlangten. Der zunehmende Widerstand der palästinens. Araber gegen die jüd. Besiedlung (auch aus arab. Staaten) verstärkte sich nach 1933, als - bedingt durch die nat.-soz. Judenverfolgung (»Holocaust«) - die legale und illegale Einwanderung sprunghaft anstieg (Nahostkonflikt). Vorschläge zur Errichtung eines binat. Staates ließen sich nicht verwirklichen. Mit dem Teilungsplan der UN vom 29. 11. 1947 (Teilung Palästinas in einen jüd. und einen arab. Staat), der von den arab. Staaten abgelehnt wurde, v. a. aber mit der Ausrufung des Staates Israel am 14. 5. 1948 wurde das Ziel der zionist. Weltbewegung erreicht. Ihre Bemühungen konzentrieren sich seitdem auf die Stärkung der Beziehungen zw. dem (säkular zionist.) jüd. Staat mit nahezu sephard. (Sephardim) Bev.mehrheit (ab 1948 zunehmende jüd. Einwanderung aus arab. Staaten, v. a. N-Afrika, Irak, Syrien) und der jüd. Diaspora, v. a. in den USA. Politisch und sozial heterogen (u. a. Links-Z., v. a. Israel. Arbeiterpartei, Rechts-Z., Likud-Block), entstand ein sog. Neuer Z. (1. 8. 1985 Neudefinition Israels als »Staat des jüd. Volkes«). - Im Dez. 1991 annullierte die UN-Vollversammlung die Resolution von 1975, in der Z. als »eine Form von Rassismus und rass. Diskriminierung« verurteilt worden war. Der umstrittene, seit der Besiedlung (1977-92) der von Israel besetzten Gebiete v. a. von der Siedlerbewegung erhobene, von rechtszionist. Kreisen unterstützte Anspruch auf »das ganze Land Israel« wird durch den Übergang zum Ausgleich mit der PLO (Beginn: »Gaza-Jericho-Abkommen« vom 13. 9. 1993) infrage gestellt und birgt Konfliktpotenzial in sich.
Literatur:
Laqueur, W.: Der Weg zum Staat Israel. Geschichte des Z. Aus dem Engl. Wien 1975.
Cruise O'Brien, C.: Belagerungszustand. Die Geschichte des Z. u. des Staates Israel. Aus dem Engl. Neuausg. München 1991.
Krupp, M.: Z. u. Staat Israel. Ein geschichtl. Abriß. Gütersloh 31992.
Katz, J.: Zwischen Messianismus u. Z. Zur jüd. Sozialgeschichte. Aus dem Engl. Neuausg. München 1993.
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