Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Ziffer
Ziffer[arab. ṣifr »Null«] (Zahlzeichen), Zeichen zur schriftl. Darstellung einer Zahl. Die einfachste Zahlendarstellung ist das Hintereinandersetzen (Reihung) und Zusammenfassen (Bündelung) von Zählstrichen (z. B. auf Kerbhölzern), Knoten u. a.; die Griechen und die späteren Semiten benutzten Buchstaben als Z. Entsprechend der Bewertung der Z. und nach dem Prinzip ihrer Anordnung unterscheidet man Additions- und Stellenwert- bzw. Positionssysteme (Zahlensystem).
Zu den Additionssystemen gehören das röm. (etrusk.), ägypt., aztek. und minoisch-kret. System. In Ägypten (Basis 10) war die Z. 1 ein vertikaler Strich, 10 ein Schultergelenk (?), 100 ein Messstrick (aufgerolltes Seil), 1 000 eine Lotosblume, 10 000 ein geknickter Finger (Schilfkolben), 100 000 eine Kaulquappe; bei den Azteken (Basis 20) war 1 eine Kakaobohne, 20 ein wimpelförmiges Zeichen (eine halb aufgeschnittene Kakaobohnenschote mit umgeklappter Schale?), 400 eine Vogelfeder.
Die in der röm. Welt sowie in W-Europa bis zum 15. Jh. allg. verwendeten röm. Z. sind altitalischen Ursprungs. Die röm. Z. werden in der Reihenfolge abnehmender Zahlenwerte geschrieben und ihre Werte addiert (z. B. XV = 15, VII = 7) mit Ausnahme des Falles, in dem eine geringerwertige vor einer höherwertigen Z. steht und subtrahiert wird (IV = 4, IX = 9). Bei der heutigen Verwendung röm. Z. dürfen höchstens drei gleiche Z. I, X oder C hintereinander geschrieben werden (also z. B. CD für 400 und nicht CCCC). Die Zeichen V, L und D treten nie zweimal (da dann einfach X, C und M geschrieben werden könnte) und nicht vor einer größeren Z. auf (da z. B. VX gleich V wäre). Auch darf vor einer Z. immer nur eine kleinere stehen (nicht IIC für 98, sondern XCVIII; nicht IXC, was als 89 oder 91 gelesen werden könnte, sondern LXXXIX oder XCI). Die subtraktive Schreibweise gab es bei den Römern nur ansatzweise; sie wurde erst später eingeführt.
Stellenwertsysteme finden sich in Babylon (Basis 60), bei den Maya (Basis 20), in Indien, China und auf den Knotenschnüren der Inka (Basis 10). Die heute allg. üblichen Z. sind die zehn arab. Z. des Dezimalsystems (arabische Ziffern, Übersicht. Übersichten und Tabellen finden Sie im Buch). Die von den Arabern übernommenen, urspr. ind. Zahlzeichen sind im 10. Jh. in Katalonien aus den westarab. Gobar- oder Staubziffern entstanden und vom Mönch Gerbert (dem späteren Papst Silvester II.) auf den Rechensteinen ins Abendland eingeführt worden (damals noch ohne das Zeichen für die Null). Diese westarab. Z. stehen den ind. Vorbildern näher als die heute noch benutzten ostarab. Z. Die arab. Z. setzten sich im Geschäftsleben wegen der Fälschungsgefahr nur langsam gegen die röm. Z. durch, in Dtl. erst im 15. Jahrhundert.
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