Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zentralafrikanische Republik
Zentralafrikanische Republik Fläche: 622 984 km2
Einwohner: (1995) 3,315 Mio.
Hauptstadt: Bangui
Verwaltungsgliederung: 16 Präfekturen
Amtssprache: Französisch; nat. Verkehrssprache: Sango
Nationalfeiertage: 13. 8. und 1. 12.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes
Zeitzone: MEZ
(amtlich frz. République Centrafricaine), Binnenstaat in Zentralafrika, grenzt im NW an Tschad, im NO an die Rep. Sudan, im S an die Demokrat. Rep. Kongo und die Rep. Kongo, im W an Kamerun.
Staat und Recht: Nach der am 14. 1. 1995 in Kraft getretenen Verf. (am 28. 12. 1994 durch Referendum gebilligt) ist die Z. R. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit umfassenden Vollmachten ausgestattete Präs. (auf sechs Jahre direkt gewählt). Er ernennt den MinPräs. und auf dessen Vorschlag die übrigen Mitgl. des Kabinetts, kann das Parlament auflösen und verfügt über weit reichende Notstandsbefugnisse. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (109 Abg., für fünf Jahre gewählt). Einflussreichste Parteien: Mouvement pour la Libération du Peuple Centrafricain (MLPC), Parti Libéral-Démocrate (PLD), Rassemblement Démocratique Centrafricain (RDC), Mouvement pour la Démocratie et le Développement (MDD), Front Patriotique pour le Progrès (FPP).
Landesnatur: Die Z. R. liegt im Bereich der flachwelligen Asandeschwelle (500-1 000 m ü. M.), die das Tschad- vom Kongobecken trennt. Inselbergmassive erreichen im NO (Bongomassiv) 1 360 m ü. M., im NW (Ausläufer des Adamaua) 1 420 m ü. M. Das Klima ist überwiegend wechselfeucht-tropisch (eine große und eine kleine Regenzeit), die Niederschläge nehmen von SW (bis 1 500 mm; trop. Regenwald) nach NO (bis unter 900 mm; Trockensavanne) ab.
Bevölkerung: Sie besteht überwiegend aus Sudangruppen; die stärksten sind die Banda (29 %) im NO, die Mbaya (25 %) und Mandja (21 %) im W, ferner Sara und Bangivölker; im S leben Bantu (Gbakka, Lissongo), im Regenwald des SW Pygmäen, im O Niloten. Die nat. Verkehrssprache Sango hat sich seit dem 19. Jh. entwickelt. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 14. Lebensjahr; die Analphabetenquote liegt bei 60 %. Univ. in Bangui (gegr. 1970). - Die Mehrheit der Bev. sind Anhänger von traditionellen Naturreligionen, rd. 1/3 Christen; eine Minderheit sind Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Sie ist trotz Waldreichtum (im S) und Bodenschätzen wenig entwickelt. Hauptzweig ist die Landwirtschaft, sie dient v. a. der Selbstversorgung; in Kleinbetrieben werden bes. Maniok, Jamswurzel, Mais, Hirse, Erdnüsse und Reis angebaut, in Plantagen für den Export Kaffee, Baumwolle und Tabak. Zunehmend Viehhaltung (Rinder) und Holznutzung (15 % der Exporterlöse). Große Bedeutung hat der Abbau von Diamanten (überwiegend Schmuckdiamanten), ferner von Gold; Vorkommen von Uran-, Eisen-, Kupfer-, Zinn-, Chromerz, Erdöl. Die Ind. ist wenig entwickelt; wichtigste Zweige sind Textil-, Leder-, Nahrungs- und Genussmittel-, Holzindustrie. Exportiert werden v. a. Kaffee, Diamanten (bis über 20 % der Exporterlöse), Holz, Baumwolle, Tabak; importiert v. a. Erdölderivate, Nahrungsmittel, Maschinen. Haupthandelspartner: Frankreich u. a. EU-Länder, Kamerun, Japan. - Das Straßennetz umfasst rd. 24 000 km; die Binnenschifffahrt auf dem Ubangi zum Kongo nach Brazzaville (Rep. Kongo; ab hier Eisenbahn nach Pointe-Noire) hat große Bedeutung, v. a. für den Außenhandel. Eine weitere Transitstrecke führt von Bangui nach Douala (Kamerun). Internat. Flughäfen: Mpoko bei Bangui und Berbérati; nat. Fluggesellschaft Air Centrafrique.
Geschichte: Von Bangui, das 1889 gegr. wurde, stießen die Franzosen zum Tschadsee und zum oberen Nil vor. Von Dtl. und dem unabhängigen Kongostaat Leopolds II. von Belgien erwarben sie ein Territorium, das 1894 unter dem Namen Haut-Oubangui konstituiert wurde. Die Kolonie Oubangui-Chari (Ubangi-Schari) wurde 1910 Bestandteil des Generalgouv. Frz.-Äquatorialafrika, 1946 Überseeterritorium innerhalb der Frz. Union, erklärte sich 1958 zur autonomen Z. R. innerhalb der Frz. Gemeinschaft und wurde am 13. 8. 1960 unter Präs. D. Dacko unabhängig, arbeitete jedoch politisch, wirtsch. und militärisch eng mit Frankreich zusammen. Nach einem Militärputsch zum Jahreswechsel 1965/66 kam Generalstabschef J.-B. Bokassa an die Macht, der 1972 Staatspräs. auf Lebenszeit wurde und durch personalpolit. Maßnahmen, Willkürherrschaft und Terror jegl. Opposition ausschaltete. Am 4. 12. 1976 ließ Bokassa das Zentralafrikan. Kaiserreich ausrufen und sich als Bokassa I. zum Kaiser proklamieren (Krönung am 4. 12. 1977). Im Sept. 1979 wurde der in Libyen weilende Bokassa I. mit Unterstützung der frz. Regierung durch Dacko gestürzt, der erneut die Z. R. proklamierte und das Präs.amt übernahm (im März 1981 durch Wahl bestätigt). Im Sept. 1981 brachte ein Militärputsch General A. Kolingba an der Spitze eines Militärkomitees des Nat. Wiederaufbaus an die Macht. 1986 wurde eine Zivilreg. gebildet und Kolingba als Staatspräs. bestätigt. Die RDC, im Febr. 1987 von Kolingba gegr., gewann im Juli 1987 die ersten Wahlen zur Nationalversammlung überlegen. Nach Protesten gegen das Regime Kolingba 1990 wurden Reformen angekündigt und 1991 erstmals mehrere Parteien zugelassen. Die Wahlen 1992 wurden von Kolingba für ungültig erklärt. Die Präsidentschaftswahlen 1993 gewann A. Patassé (MLPC). Im Dez. 1994 wurde per Referendum eine neue Verf. gebilligt. Vor dem Hintergrund wirtsch. Schwierigkeiten kam es 1996/97 mehrfach zu Meutereien der Armee, bei denen auch ein Rücktritt von Präs. Patassé gefordert wurde und die zunehmend ethnisch geprägt waren. Trotz eines 1997 unterzeichneten Friedensvertrages und einer 1998 verabschiedeten Vereinbarung über nat. Aussöhnung sowie nach dem Abzug der im Lande stationierten frz. Truppen, die bei Umsturzversuchen mehrfach Präs. Patassé unterstützt hatten, blieb die innenpolit. Lage weiterhin gespannt.
Literatur:
Zoctizoum, Y.: Histoire de la Centrafrique, 2 Bde. Paris 1983-84.
O'Toole, T.: Central African Republic. Boulder, Colo., 1986.
Kalck, P.: Central African Republic, a failure in de-colonization. Neuausg. Oxford 1993.
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