Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Zeichnung
Zeichnung,1) Bankwesen: schriftl. Verpflichtung zur Übernahme eines bestimmten Betrages neu ausgegebener, zum Kauf angebotener Wertpapiere. (Zeichnungsbedingungen)
2) Kunst: die Gestaltung in der Fläche, die (im Ggs. zur Malerei) v. a. an die Linie gebunden ist. Als Zeichenfläche dient meist Papier, aber auch Pergament, Holz, Leinwand, Leder, Stein, Keramik und Seide. Bis zum Aufkommen von getöntem Papier im 16. Jh. wurde weißes Papier häufig grundiert. Je nach Verwendung des Zeichenmittels unterscheidet man Bleistift-, Silberstift-, Filzstift-, Kugelschreiber-, Kohle-, Kreide-, Rötel-, Feder-, Pinsel- und Pastell-Z.; bei den beiden letzten Techniken sind die Grenzen zur Malerei fließend. Die Z. ist als Planstufe (Skizze, Studie, Entwurfs-Z., Vor-Z., Karton) zu Werken anderer Gattungen (Gemälde, Skulptur, Architektur) gebräuchlich, hat in der Kunst der Neuzeit aber auch eigenständigen Wert (Hand-, Künstlerzeichnung).Die Z. ist die älteste Kunstübung überhaupt. Gezeichnete und geritzte Darstellungen (z. B. Fels- und Höhlen-Z.) meist mit mag. Bedeutung waren seit der Altsteinzeit Vorstufen der Malerei. Hauptwerke antiker Zeichenkunst sind die grch. Vasenmalereien, die Pinsel- und Ritz-Z. zugleich sind (Vase). Neue Aufgaben bot seit der Spätantike die Buchillustration (Feder-Z. des Utrechtpsalters). Von den Zeichenbüchern der Künstler des MA. ist das des Villard de Honnecourt erhalten. Die Entwurfs-Z. (Riss) verwendeten bis ins späte MA. nur die Baumeister und Glasmaler. Mit der italien. Frührenaissance wird die Z. als Studie (nach der Natur, bes. Pisanello) und Entwurf (Skizze oder ausführl. Z. für ein Werk) bedeutsam. In Dtl., wo sich die Z. in spätgot. Zeit in enger Verbindung mit der Druckgrafik entwickelte (M. Schongauer, Hausbuchmeister), erreichte sie ihre höchste Vollendung mit A. Dürer und H. Holbein d. J., in der italien. Hochrenaissance mit Leonardo, Raffael und Michelangelo. Die Barockkünstler gaben der maler. Z. (mit weichen Stiften und dickerem Pinsel) schon etwas von der Wirkung des gemalten Bildes. Daraus ergab sich (bes. bei Rembrandt) ein Eigenwert der Z., die nun als selbstständiges Kunstwerk geschätzt wurde. Zu hervorragender Plastizität gelangte P. P. Rubens.Im ausgehenden 18. Jh. entstanden für die weitere Entwicklung so wichtige und zugleich unterschiedl. Beiträge wie die von F. de Goya, J. H. Füssli, W. Blake, J. Flaxman. Den Klassizismus repräsentieren in Frankreich J. L. David und J. A. D. Ingres, die dt. Romantik P. O. Runge und C. D. Friedrich. Die frz. Entwicklung in nachnapoleon. Zeit wird bestimmt durch T. Géricault und E. Delacroix. Die aus der engl. Kunst übernommene Karikatur findet ihren Höhepunkt im Schaffen von H. Daumier. Die größte Begabung unter den dt. Zeichnern um die Mitte des 19. Jh. ist A. von Menzel, nicht zuletzt durch seine Buchillustrationen. Gleichzeitig beginnt die Entwicklung der Bildergeschichten (R. Toepffer, W. Busch), die zu den Comics führten. Ausgeprägte individuelle Leistungen der Folgezeit finden sich bei A. Feuerbach, H. von Marées, W. Leibl, M. Klinger, Käthe Kollwitz, nach der Jahrhundertwende bei M. Liebermann, L. Corinth und M. Slevogt. Bei den frz. Impressionisten ist bes. E. Degas zu nennen.Nach 1880 kann der Beginn der modernen Z. mit G. Seurat, V. van Gogh, H. de Toulouse-Lautrec und P. Cézanne angesetzt werden. Hier nimmt die Autonomie der Z. über die Eigenschaft als Studie oder Skizze hinaus spürbar zu. Bed. Zeichner späterer Zeit sind: E. L. Kirchner, M. Beckmann, M. Ernst, W. Kandinsky, P. Picasso, F. Marc, G. Grosz, O. Dix, P. Klee, D. Hockney. Die Z. steht heute gleichwertig neben den anderen Kunstgattungen.
Literatur:
Loock, F.: Gestaltungslehren. Grundlagen, Funktionen. Passau 1993.
Koschatzky, W.: Die Kunst der Z. Technik, Geschichte, Meisterwerke. Sonderausg. Köln 1994.
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