Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wilhelm
Wịlhelm,Herrscher:
Hl. Röm. Reich:
1) W. von Holland, Röm. König (1247-56), * Leiden 1227, Ȅ bei Alkmaar 28. 1. 1256; Graf von Holland, nach dem Tod Heinrich Raspes am 3. 10. 1247 zum Gegenkönig gegen Friedrich II. gewählt (am 8. 11. 1248 gekrönt), erlangte aber erst nach Friedrichs und dessen Nachfolgers (Konrad IV.) Tod (1254) allg. Anerkennung; fiel im Kampf gegen die Friesen.
2) W. I., Dt. Kaiser (1871-88) und König von Preußen (1861-88), * Berlin 22. 3. 1797, ✝ ebd. 9. 3. 1888, zweiter Sohn Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, Großvater von 3); seit 1829
mit Augusta, ab 1840 »Prinz von Preußen« (Thronfolger); sprach sich 1848 für die Niederwerfung der Märzrevolution aus (»Kartätschenprinz«) und schlug 1849 die Aufstände in der Pfalz und Baden nieder. Als Regent (1858) für seinen geistig erkrankten Bruder Friedrich Wilhelm IV. schlug er eine gemäßigte liberale Politik ein (»Neue Ära«), geriet aber ab 1859, v. a. nach seiner Thronbesteigung (2. 1. 1861), mit der liberalen Landtagsmehrheit in Konflikt über die Heeresreform (preuß. Verfassungskonflikt). Nach der Berufung O. von Bismarcks zum preuß. MinPräs. (1862) trat W. zumeist hinter die eigenständige Politik seines Kanzlers zurück. 1867 übernahm er das Präsidium des Norddt. Bundes; am 18. 1. 1871 wurde er in Versailles zum Dt. Kaiser ausgerufen, willigte aber erst nach der Zustimmung aller Bundesfürsten ein. W., der allseits große Achtung genoss, vermochte zur Festigung der Reichseinheit beizutragen.
Literatur:
Herre, F.: Kaiser W. I. Der letzte Preuße. Köln 1993.
3) W. II., Dt. Kaiser und König von Preußen (1888-1918), * Berlin 27. 1. 1859, ✝ Haus Doorn (Prov. Utrecht) 4. 6. 1941, ältester Sohn Kaiser Friedrichs III. und der Kaiserin Viktoria, Enkel von 2);
ab 1881 mit der Prinzessin Auguste Viktoria und seit 1922 nach ihrem Tod mit der verwitweten Prinzessin Hermine von Schönaich-Carolath, geborene Prinzessin (Reuß * 1887, ✝ 1947); stand früh in Opposition zur liberalen Aufgeschlossenheit seiner Eltern. Von seinem auf das Gottesgnadentum gestützten Führungsanspruch fest überzeugt, gerieten W.s Machtansprüche (»persönl. Regiment«), v. a. in Sozial- und Außenpolitik, nach seiner Thronbesteigung rasch in Konflikt mit Bismarck (Entlassung 1890). In seiner vorschnellen Unbedachtheit (z. B. Daily-Telegraph-Affäre 1908) und seiner durch eine körperl. Behinderung mitgeprägten inneren Unausgeglichenheit, die durch forsches Auftreten (»Säbelrasseln«) und äußeren Pomp (»Wilhelminismus«) überspielt wurde, spiegelte W. Grundzüge der von inneren Spannungen überlagerten dt. Gesellschaft des nach außen glanzvollen Wilhelmin. Zeitalters; seinem selbst auferlegten Führungszwang wurde er nicht gerecht. Nach Ausbruch des durch seine Politik mitverursachten Ersten Weltkrieges (u. a. Flottenwettrüsten mit Großbritannien) trat W. gegenüber der Obersten Heeresleitung und dem Reichstag völlig in den Hintergrund. Trotz seines Exils in den Niederlanden (Flucht am 9./10. 11. 1918; formeller Thronverzicht am 28. 11. 1918) hoffte W. zeitlebens (ab 1926 in Annäherung an den Nationalsozialismus) auf eine Restauration der Monarchie.
Literatur:
Herre, F.: Kaiser W. II. Monarch zwischen den Zeiten. Köln 1993.
Rall, H.: W. II. Eine Biographie. Graz u. a. 1995.
Aquitanien:
4) W. IX., Herzog von Aquitanien und Graf von Poitiers, * 22. 10. 1071, ✝ 10. 2. 1127; altprovenzal. Troubadour (11 Lieder überliefert), führte 1101 ein Kreuzfahrerheer.
England/Großbritannien:
5) W. I.,der Eroberer, König (1066-87), * Falaise (Dép. Calvados) um 1027, ✝ Rouen 9. 9. 1087; illegitimer Sohn Roberts I., wurde 1035 Herzog der Normandie. Landete 1066 mit einem Heer in England, besiegte den angelsächs. König Harold II. in der Schlacht bei Hastings (14. 10.) und eroberte bis 1077 ganz England. Als König stattete er seine normann. Gefolgsleute mit angelsächs. Landbesitz aus, schuf mit deren Unterstützung eine starke königl. Zentralgewalt, führte das kontinentale Lehnswesen ein und legte mit dem Domesday Book eine Art Grundbuch und Abgabenverzeichnis an.
Literatur:
Douglas, D. C.: W. der E. Herzog der Normandie. A. d. Engl. München 21995.
6) W. III. von Oranien, König von England, Schottland und Irland (1689-1702), * Den Haag 14. 11. 1650, ✝ London 19. 3. 1702; wehrte im Holländischen Krieg (1672-78/79) als Statthalter bzw. Erbstatthalter mehrerer niederländ. Prov. und als Generalkapitän der niederländ. Truppen den Angriff König Ludwigs XIV. von Frankreich ab. Seit 1667
mit Maria (II.) Stuart (Tochter des späteren engl. Königs Jakob II.). Die Opposition gegen Jakob II. rief ihn 1688 nach England und übertrug ihm zus. mit seiner Gemahlin nach der Flucht des Königs am 23. 2. 1689 die Krone, um eine prot. Thronfolge zu sichern (»Glorreiche Revolution«). Beide mussten zuvor der Bill of Rights zustimmen, wodurch die Entwicklung zur konstitutionellen Monarchie eingeleitet wurde. Der Seesieg von La Hogue (1692) sicherte seine Herrschaft endgültig gegenüber dem von Frankreich unterstützten Jakob II. und den Jakobiten.
Literatur:
Baxter, S. B.: William III. and the defense of European liberty, 1650-1702. Westport, Conn., 21976.
7) W. IV., König von Großbritannien und Irland sowie von Hannover (1830-37), * London 21. 8. 1765, ✝ Windsor 20. 6. 1837; folgte seinem Bruder Georg IV.; ermöglichte die Parlamentsreform von 1832 (Reform Bill). Mit seinem Tod endete die Personalunion zw. Großbritannien und Hannover.
Niederlande:
8) W. I.,der Schweiger, Graf von Nassau, Prinz von Oranien (seit 1544), Statthalter von Holland, Seeland und Utrecht, * Dillenburg 24. 4. 1533, ✝ Delft 10. 7. 1584; erbte 1544 umfangreichen Besitz in den Niederlanden und das Fürstentum Oranien. 1559 ernannte ihn König Philipp II. zum Statthalter. Er führte seit 1561 zus. mit Graf Egmont und Graf Hoorn die Adelsopposition gegen die span. Herrschaft (insbesondere gegen die Politik von Kardinal A. P. de Granvelle und Margarete von Parma) und kämpfte seit 1568 erfolglos gegen das Heer Herzog Albas. 1572 von den Wassergeusen (Geusen) der nördl. Landesteile zum Statthalter ernannt, vereinigte W. 1576 in der Genter Pazifikation alle niederländ. Prov.; infolge der konfessionellen Ggs. gelang es ihm jedoch nicht, alle Prov. zusammenzuhalten (1579 Spaltung in die Unionen von Arras und Utrecht). 1580 wurde W. von Philipp II. geächtet; ein Katholik ermordete ihn. W. legte die Grundlage zur niederländ. Unabhängigkeit und gilt als einer der Retter des Protestantismus vor der Gegenreformation.
Literatur:
Vetter, K.: W. von Oranien. Eine Biographie. Berlin 1987.
Romberg, H.: Der Prinz von Oranien u. der Freiheitskampf der Niederlande. Lahr 1991.
9) W. I., König (1815-40), * Den Haag 24. 8. 1772, ✝ Berlin 12. 12. 1843; befehligte 1793-95 die niederländ. Truppen im Koalitionskrieg gegen Frankreich; 1806 erbte er die Stammlande Nassau-Dietz und die mit diesen zu dem kurzlebigen Fürstentum Oranien zusammengeschlossenen Territorien. Kämpfte 1806 und 1809 gegen Napoleon I. 1815 in Den Haag zum König der vom Wiener Kongress gebildeten Vereinigten Niederlande und zum Großherzog von Luxemburg ausgerufen, trat er seine Stammlande an Preußen und Nassau ab. W. residierte abwechselnd in Brüssel und Den Haag, bis sich Belgien durch die Revolution von 1830 abspaltete, wozu er durch seine starre Haltung in konstitutionellen und kirchl. Fragen beitrug; 1840 dankte er zugunsten seines Sohnes Wilhelm II. (* 1792, ✝ 1849) ab.
10) W. III., König (1849-90) und Großherzog von Luxemburg (seit 1849), * Brüssel 19. 2. 1817, ✝ Schloss Het Loo (bei Apeldoorn) 23. 11. 1890; unter seiner Reg. wurden Luxemburg und das Herzogtum Limburg 1866 (Auflösung des Dt. Bundes) selbstständig. Mit seinem Tod endete die Personalunion der Niederlande mit Luxemburg.
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