Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wien
I Wien,Bundes-Hptst. und zugleich kleinstes Bundesland Österreichs, an der Donau, 171 m ü. M. (am Dom), 415 km2, (1998) 1,610 Mio. Ew., gegliedert in 23 Gemeindebez. sowie das exterritoriale Gebiet der UN-City am linken Donauufer. W. liegt am Fuß des Wienerwaldes, reicht südöstlich in das Wiener Becken hinein und greift auf dem linken Donauufer in das westl. Marchfeld über; es ist das polit., wirtsch., kulturelle und administrative Zentrum des Landes mit Sitz der Bundesreg. und des Parlaments sowie der Wiener Landesreg.; Sitz der UN-Sonderorganisation für industrielle Entwicklung, der Internat. Atomenergie-Behörde, der OPEC u. a. internat. Organisationen, eines kath. Erzbischofs, eines evang. Bischofs und eines grch.-orth. Metropoliten. Österr. Akademie der Wiss., Univ. (gestiftet 1365), TU, Univ. für Bodenkultur, Wirtschaftsuniv., Veterinärmedizin. Univ., Bundesanstalt für Leibeserziehung, Diplomat. Akademie, Hochschule für Musik und darstellende Kunst, für angewandte Kunst, Akademie der Bildenden Künste, Konservatorium, zahlr. Forschungsinst., Planetarium, botan. und zoolog. Gärten (im Park Schönbrunn einer der ältesten europ. Tiergärten); Österr. Nationalbibliothek, Österr. Staatsarchiv, Zentralarchiv des Dt. Ordens; über 60 Museen und Gemäldegalerien, u. a. Graph. Sammlung Albertina, Kunsthistor. Museum mit Schatzkammer, Naturhistor. Museum und Theatermuseum; Konzerthaus, zahlr. Theater, u. a. Staatsoper, Burgtheater, Volksoper, Theater an der Wien, Theater in der Josefstadt, Volkstheater.
W. ist Sitz der Zentralen von Großbanken, Sparkassen, Großhandelsgesellschaften und Wirtschaftsverbänden sowie der Börse; wichtigster Ind.standort des Landes mit Maschinen- und Stahlbau, Metall verarbeitender, Nahrungsmittel- und Genussmittel-, Elektro-, chem., Textil- und Holzind.; österr. Zentrum der Mode- und Kunstgewerbeind.; Kongress- und Messestadt; bed. Fremdenverkehr. - Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt; U-Bahn; mehrere Donaubrücken und Häfen; internat. Flughafen in Schwechat.
Stadtbild: Die Stadtanlage zeigt eine ringförmige Gliederung. Den Kern bildet die Innere Stadt: der am S-Ufer des Donaukanals gelegene, von der Ringstraße umgebene 1. Bezirk; hier befinden sich die wichtigsten Amtsgebäude und Kulturstätten. Zw. dem Ring und dem parallel verlaufenden Gürtel liegen die Inneren Bezirke (3.-9.), dicht bebaute Wohn- und Geschäftsviertel mit dem Botschaftsviertel im 3. und 4. Bezirk und den Schlössern und Parks Belvedere (mit Barockmuseum und Österr. Galerie des 19. und 20. Jh.) und Schwarzenberg (1697-1715, von Fischer von Erlach), im 7. in der Mariahilfer Straße die großen Warenhäuser und im 9. das Mediziner- und Spitalsviertel. Auf der Insel zw. Donaukanal und Donau liegen der 2. und der 20. Bezirk mit vielfältiger Ind., den Grünflächen des Augartens und des Praters, Messegelände und Sportplätzen, mit Bahn- und Hafenanlagen. Jenseits des Gürtels folgen die Äußeren Bezirke (10.-23.) mit den wichtigsten Industrievierteln und Großsiedlungen im Süden. Die westl. Bezirke reichen in den Wienerwald, sie umfassen Weinbaugebiete (alte Winzerdörfer, im 19. Bezirk: Grinzing, Nussdorf, Sievering). Villenviertel haben der 18., 19. und v. a. der 13. Bezirk, der auch Schloss und Park Schönbrunn und das mauerumfriedete, 26 km2 große Naturschutzgebiet des Lainzer Tiergartens einbezieht. In den Bezirken jenseits der Donau setzt sich das städtebaul. Bild der S-Zone mit wachsenden Ind.vierteln und Wohnsiedlungen fort. - Ausgehend von der durch Großbauten stark aufgewerteten Donauzone (Donauinsel, UN-City [1973-79], Gelände der Gartenbauausstellung 1964 mit Donauturm), erstreckt sich im O eines der Hauptwachstumsgebiete der Stadt mit großen Wohnanlagen (Großfeldsiedlung), Ind.zonen, Erholungsgebieten und städt. Versorgungsunternehmen. Mittelpunkt der Inneren Stadt ist der Stephansdom. Vom spätroman. Bau (Mitte 13. Jh.) sind die Teile des Westwerks (mit dem »Riesentor«, einem reich skulptierten Stufenportal) erhalten, der got. dreischiffige Hallenchor wurde 1304, das Langhaus als dreischiffige Staffelhalle 1359 begonnen (spätgot. Netzgewölbe 1450); der 136 m hohe Turm gilt als einer der schönsten got. Kirchentürme. Im Inneren befinden sich zahlreiche plast. Werke, darunter die Pfeilerstatuen im Chor (um 1320), der Orgelfuß (1513) und die Kanzel (1514/15) von A. Pilgram mit dessen Selbstporträt, und das Grabmal Kaiser Friedrichs III. von N. Gerhaert von Leyden (1467 ff.); »Wiener Neustädter-Altar« (1447) mit Gemälden und Schnitzereien. Im W liegt am »Burgring« die große Baugruppe der Hofburg mit got. Kapelle (1447-49), Renaissance- und Barockbauteilen (Schatzkammer, Span. Reitschule, Nationalbibliothek) und der Neuen Hofburg (Ende des 19. Jh.; Museum), anschließend der Ballhausplatz mit dem Bundeskanzleramt, unweit das Burgtheater (1874-88). Am »Opernring« liegt die Staatsoper (1861-69, 1955 wieder hergestellt), in der Nähe die Albertina. Im Gebäude der Alten Univ. (1753-55) befindet sich die Akademie der Wissenschaften. Bed. Kirchenbauten in der Altstadt sind ferner: St. Michael, Augustinerkirche, Minoritenkirche, Maria am Gestade (alle 14./15. Jh.), Kapuzinerkirche mit Kapuzinergruft (Grabstätte aller Kaiser von Matthias I. bis Franz Joseph I.) und Schottenkirche (beide 17. Jh.), St. Peter (18. Jh.); im S die Karlskirche (seit 1714, von J. B. Fischer von Erlach). Weitere Barockbauten in der Inneren Stadt: Finanzministerium, Schönborn-Palais, Böhm. Hofkanzlei, Kinsky-Palais. - An der Außenseite des Ringes, einer seit 1858 anstelle der alten Festungswerke angelegten 57 m breiten Prachtstraße mit Parkanlagen, stehen bes. Monumentalbauten des 19. Jh., u. a. die Neue Univ. (1873-83), das Rathaus (1872-83), das Parlament (1873-84), Naturhistor. und Kunsthistor. Museum (1871-91), die Akademie der Bildenden Künste (mit Gemäldegalerie). Wegweisend für das Bauen im 20. Jh. wurden einerseits der Jugendstil (Sezessionsgebäude von J. M. Olbrich, 1897/98; Bauten von J. Hoffmann und O. Wagner), andererseits die sachl. Bauweise von A. Loos (Haus am Michaelerplatz, 1909-11); für den Wohnungsbau nach dem Ersten Weltkrieg am repräsentativsten der expressionistisch-kubist. Karl-Marx-Hof von K. Ehn (1927-30), Domes-Hof von P. Behrens (1928), Werkbund-Siedlung (1931/32). Moderne Bauten der jüngsten Zeit sind u. a. die Kirche »Zur heiligen Dreifaltigkeit« von F. Wotruba (vollendet 1976), die Neue Moschee (1979), die Wohnanlage von F. Hundertwasser (1983-86), das »Haas-Haus« von H. Hollein (1986-90).
Geschichte: W. geht auf die kelt. Siedlung Vindobona und auf das gleichnamige röm. Militärlager (etwa seit 100 n. Chr.) mit Zivilstadt zurück; 881 wird es als Wenia wieder genannt. Die Siedlung entwickelte sich bis ins 11. Jh. zum wichtigen Handelsplatz. Um 1135 an die Babenberger gefallen; 1137 als Stadt erwähnt. Ab spätestens 1156 in Nachfolge von Klosterneuburg zur Residenz des Herzogtums Österreich ausgebaut, zu Beginn des 13. Jh. ummauert. 1221 erhielt W. Stadt- und Stapelrecht und war von 1237 (neues Stadtrecht) bis zum Aussterben der Babenberger (1246) reichsunmittelbar. Von König Ottokar II. Přemysl von Böhmen (1251-76) kam W. 1276 an Rudolf I. von Habsburg (1296 neues Stadtrecht). Herzog Rudolf IV., der Stifter, gründete 1365 die Univ. 1469 wurde W. Bischofssitz (1722 Erzbischofssitz). 1485-90 residierte König Matthias I. Corvinus von Ungarn in W. - Im 15. Jh. schwächte der Niedergang des Osthandels die wirtsch. Stellung der Stadt, doch wurde die Krise durch die neue Rolle als Residenzstadt des Hl. Röm. Reiches (ab 1438/39; 1611-1806 [außer 1742-45] ständig) überwunden. 1529 wurde W. von den Türken belagert und daraufhin 1532-1672 mit einem neuen Befestigungsgürtel versehen (1858 abgebrochen), der 1683 der erneuten Türkenbelagerung standhielt (Schlacht am Kahlenberg). Nach 1683 setzte ein glanzvoller Aufstieg als barocke Kaiserresidenz und europ. Kulturzentrum (u. a. Wiener Klassik) ein, verbunden mit großem Bev.zuwachs (nach 1750 Entwicklung zur Großstadt); 1804 wurde W. Hptst. des Kaisertums Österreich, 1805 und 1809 war es von den Franzosen besetzt, 1814/15 Schauplatz des Wiener Kongresses. Die österr. Märzrevolution wurde mit der Besetzung von W. durch Truppen des Fürsten Windischgrätz unterdrückt (Okt. 1848). - Die Industrialisierung (etwa ab 1850) brachte u. a. mit mehreren Wirtschaftskrisen (Börsenkrach 1873), aber auch der Weltausstellung von 1873 starke soziale Spannungen. Die Liberalen verloren 1895 die Mehrheit im Gemeinderat an die Christlichsoziale Partei K. Luegers (1895/97-1910 Vizebürgermeister bzw. Bürgermeister von W.), die sich für Kommunalisierung und Ausbau der städt. Infrastruktur sowie für soziale Einrichtungen einsetzte. Mit dem Zerfall der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg (1918) änderte sich die Stellung W.: In W. lebte fast ein Drittel der Bev. der Rep. Österreich. Seit 1922 eigenes Bundesland; Febr. 1934 Kämpfe zw. sozialdemokrat. Arbeitern und der Reg. Dollfuß; 1938-45 Reichsgau des »Großdt. Reiches«, 1944/45 starke Zerstörungen durch Luftangriffe und Bodenkämpfe; 1945-55 von amerikan., brit., frz. und sowjet. Truppen besetzt und in vier Besatzungszonen geteilt.
▣ Literatur:
F. Czeike, Geschichte der Stadt W., hg. v. 5 Bde. Wien u. a. 1985-91.
⃟ Csendes, P.: Geschichte W.s. Wien 21990.
⃟ Czeike, F.: Histor. Lexikon W., 5 Bde. Wien 1992-97.
II Wien,
1) Max, Physiker, * Königsberg (Pr) 25. 12. 1866, ✝ Jena 24. 2. 1938, Vetter von 2); arbeitete über Elektrizitätsleitung in Elektrolyten und über hochfrequente elektr. Schwingungen. Nach ihm ist die W.-Brücke, eine Wechselstrombrücke, benannt.
2) Wilhelm Karl Werner, Physiker, * Gaffken (Samland, Ostpreußen) 13. 1. 1864, ✝ München 30. 8. 1928, Vetter von 1); Prof. in Aachen, Gießen, Würzburg und München; befasste sich mit Fragen der Korpuskularstrahlen, wies u. a. die negative Ladung der Kathodenstrahlen und die positive Ladung der Kanalstrahlen nach. Für seine Arbeiten zur Temperaturstrahlung des schwarzen Körpers erhielt W. 1911 den Nobelpreis für Physik. Er fand 1893 das wiensche Verschiebungsgesetz, nach dem sich das Intensitätsmaximum der von einem schwarzen Körper emittierten Strahlung zu kürzeren Wellenlängen verschiebt, sowie 1897 das wiensche Strahlungsgesetz, einen Spezialfall des planckschen Strahlungsgesetzes für den Grenzfall geringer Temperaturen.
W. ist Sitz der Zentralen von Großbanken, Sparkassen, Großhandelsgesellschaften und Wirtschaftsverbänden sowie der Börse; wichtigster Ind.standort des Landes mit Maschinen- und Stahlbau, Metall verarbeitender, Nahrungsmittel- und Genussmittel-, Elektro-, chem., Textil- und Holzind.; österr. Zentrum der Mode- und Kunstgewerbeind.; Kongress- und Messestadt; bed. Fremdenverkehr. - Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt; U-Bahn; mehrere Donaubrücken und Häfen; internat. Flughafen in Schwechat.
Stadtbild: Die Stadtanlage zeigt eine ringförmige Gliederung. Den Kern bildet die Innere Stadt: der am S-Ufer des Donaukanals gelegene, von der Ringstraße umgebene 1. Bezirk; hier befinden sich die wichtigsten Amtsgebäude und Kulturstätten. Zw. dem Ring und dem parallel verlaufenden Gürtel liegen die Inneren Bezirke (3.-9.), dicht bebaute Wohn- und Geschäftsviertel mit dem Botschaftsviertel im 3. und 4. Bezirk und den Schlössern und Parks Belvedere (mit Barockmuseum und Österr. Galerie des 19. und 20. Jh.) und Schwarzenberg (1697-1715, von Fischer von Erlach), im 7. in der Mariahilfer Straße die großen Warenhäuser und im 9. das Mediziner- und Spitalsviertel. Auf der Insel zw. Donaukanal und Donau liegen der 2. und der 20. Bezirk mit vielfältiger Ind., den Grünflächen des Augartens und des Praters, Messegelände und Sportplätzen, mit Bahn- und Hafenanlagen. Jenseits des Gürtels folgen die Äußeren Bezirke (10.-23.) mit den wichtigsten Industrievierteln und Großsiedlungen im Süden. Die westl. Bezirke reichen in den Wienerwald, sie umfassen Weinbaugebiete (alte Winzerdörfer, im 19. Bezirk: Grinzing, Nussdorf, Sievering). Villenviertel haben der 18., 19. und v. a. der 13. Bezirk, der auch Schloss und Park Schönbrunn und das mauerumfriedete, 26 km2 große Naturschutzgebiet des Lainzer Tiergartens einbezieht. In den Bezirken jenseits der Donau setzt sich das städtebaul. Bild der S-Zone mit wachsenden Ind.vierteln und Wohnsiedlungen fort. - Ausgehend von der durch Großbauten stark aufgewerteten Donauzone (Donauinsel, UN-City [1973-79], Gelände der Gartenbauausstellung 1964 mit Donauturm), erstreckt sich im O eines der Hauptwachstumsgebiete der Stadt mit großen Wohnanlagen (Großfeldsiedlung), Ind.zonen, Erholungsgebieten und städt. Versorgungsunternehmen. Mittelpunkt der Inneren Stadt ist der Stephansdom. Vom spätroman. Bau (Mitte 13. Jh.) sind die Teile des Westwerks (mit dem »Riesentor«, einem reich skulptierten Stufenportal) erhalten, der got. dreischiffige Hallenchor wurde 1304, das Langhaus als dreischiffige Staffelhalle 1359 begonnen (spätgot. Netzgewölbe 1450); der 136 m hohe Turm gilt als einer der schönsten got. Kirchentürme. Im Inneren befinden sich zahlreiche plast. Werke, darunter die Pfeilerstatuen im Chor (um 1320), der Orgelfuß (1513) und die Kanzel (1514/15) von A. Pilgram mit dessen Selbstporträt, und das Grabmal Kaiser Friedrichs III. von N. Gerhaert von Leyden (1467 ff.); »Wiener Neustädter-Altar« (1447) mit Gemälden und Schnitzereien. Im W liegt am »Burgring« die große Baugruppe der Hofburg mit got. Kapelle (1447-49), Renaissance- und Barockbauteilen (Schatzkammer, Span. Reitschule, Nationalbibliothek) und der Neuen Hofburg (Ende des 19. Jh.; Museum), anschließend der Ballhausplatz mit dem Bundeskanzleramt, unweit das Burgtheater (1874-88). Am »Opernring« liegt die Staatsoper (1861-69, 1955 wieder hergestellt), in der Nähe die Albertina. Im Gebäude der Alten Univ. (1753-55) befindet sich die Akademie der Wissenschaften. Bed. Kirchenbauten in der Altstadt sind ferner: St. Michael, Augustinerkirche, Minoritenkirche, Maria am Gestade (alle 14./15. Jh.), Kapuzinerkirche mit Kapuzinergruft (Grabstätte aller Kaiser von Matthias I. bis Franz Joseph I.) und Schottenkirche (beide 17. Jh.), St. Peter (18. Jh.); im S die Karlskirche (seit 1714, von J. B. Fischer von Erlach). Weitere Barockbauten in der Inneren Stadt: Finanzministerium, Schönborn-Palais, Böhm. Hofkanzlei, Kinsky-Palais. - An der Außenseite des Ringes, einer seit 1858 anstelle der alten Festungswerke angelegten 57 m breiten Prachtstraße mit Parkanlagen, stehen bes. Monumentalbauten des 19. Jh., u. a. die Neue Univ. (1873-83), das Rathaus (1872-83), das Parlament (1873-84), Naturhistor. und Kunsthistor. Museum (1871-91), die Akademie der Bildenden Künste (mit Gemäldegalerie). Wegweisend für das Bauen im 20. Jh. wurden einerseits der Jugendstil (Sezessionsgebäude von J. M. Olbrich, 1897/98; Bauten von J. Hoffmann und O. Wagner), andererseits die sachl. Bauweise von A. Loos (Haus am Michaelerplatz, 1909-11); für den Wohnungsbau nach dem Ersten Weltkrieg am repräsentativsten der expressionistisch-kubist. Karl-Marx-Hof von K. Ehn (1927-30), Domes-Hof von P. Behrens (1928), Werkbund-Siedlung (1931/32). Moderne Bauten der jüngsten Zeit sind u. a. die Kirche »Zur heiligen Dreifaltigkeit« von F. Wotruba (vollendet 1976), die Neue Moschee (1979), die Wohnanlage von F. Hundertwasser (1983-86), das »Haas-Haus« von H. Hollein (1986-90).
Geschichte: W. geht auf die kelt. Siedlung Vindobona und auf das gleichnamige röm. Militärlager (etwa seit 100 n. Chr.) mit Zivilstadt zurück; 881 wird es als Wenia wieder genannt. Die Siedlung entwickelte sich bis ins 11. Jh. zum wichtigen Handelsplatz. Um 1135 an die Babenberger gefallen; 1137 als Stadt erwähnt. Ab spätestens 1156 in Nachfolge von Klosterneuburg zur Residenz des Herzogtums Österreich ausgebaut, zu Beginn des 13. Jh. ummauert. 1221 erhielt W. Stadt- und Stapelrecht und war von 1237 (neues Stadtrecht) bis zum Aussterben der Babenberger (1246) reichsunmittelbar. Von König Ottokar II. Přemysl von Böhmen (1251-76) kam W. 1276 an Rudolf I. von Habsburg (1296 neues Stadtrecht). Herzog Rudolf IV., der Stifter, gründete 1365 die Univ. 1469 wurde W. Bischofssitz (1722 Erzbischofssitz). 1485-90 residierte König Matthias I. Corvinus von Ungarn in W. - Im 15. Jh. schwächte der Niedergang des Osthandels die wirtsch. Stellung der Stadt, doch wurde die Krise durch die neue Rolle als Residenzstadt des Hl. Röm. Reiches (ab 1438/39; 1611-1806 [außer 1742-45] ständig) überwunden. 1529 wurde W. von den Türken belagert und daraufhin 1532-1672 mit einem neuen Befestigungsgürtel versehen (1858 abgebrochen), der 1683 der erneuten Türkenbelagerung standhielt (Schlacht am Kahlenberg). Nach 1683 setzte ein glanzvoller Aufstieg als barocke Kaiserresidenz und europ. Kulturzentrum (u. a. Wiener Klassik) ein, verbunden mit großem Bev.zuwachs (nach 1750 Entwicklung zur Großstadt); 1804 wurde W. Hptst. des Kaisertums Österreich, 1805 und 1809 war es von den Franzosen besetzt, 1814/15 Schauplatz des Wiener Kongresses. Die österr. Märzrevolution wurde mit der Besetzung von W. durch Truppen des Fürsten Windischgrätz unterdrückt (Okt. 1848). - Die Industrialisierung (etwa ab 1850) brachte u. a. mit mehreren Wirtschaftskrisen (Börsenkrach 1873), aber auch der Weltausstellung von 1873 starke soziale Spannungen. Die Liberalen verloren 1895 die Mehrheit im Gemeinderat an die Christlichsoziale Partei K. Luegers (1895/97-1910 Vizebürgermeister bzw. Bürgermeister von W.), die sich für Kommunalisierung und Ausbau der städt. Infrastruktur sowie für soziale Einrichtungen einsetzte. Mit dem Zerfall der Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg (1918) änderte sich die Stellung W.: In W. lebte fast ein Drittel der Bev. der Rep. Österreich. Seit 1922 eigenes Bundesland; Febr. 1934 Kämpfe zw. sozialdemokrat. Arbeitern und der Reg. Dollfuß; 1938-45 Reichsgau des »Großdt. Reiches«, 1944/45 starke Zerstörungen durch Luftangriffe und Bodenkämpfe; 1945-55 von amerikan., brit., frz. und sowjet. Truppen besetzt und in vier Besatzungszonen geteilt.
▣ Literatur:
F. Czeike, Geschichte der Stadt W., hg. v. 5 Bde. Wien u. a. 1985-91.
⃟ Csendes, P.: Geschichte W.s. Wien 21990.
⃟ Czeike, F.: Histor. Lexikon W., 5 Bde. Wien 1992-97.
II Wien,
1) Max, Physiker, * Königsberg (Pr) 25. 12. 1866, ✝ Jena 24. 2. 1938, Vetter von 2); arbeitete über Elektrizitätsleitung in Elektrolyten und über hochfrequente elektr. Schwingungen. Nach ihm ist die W.-Brücke, eine Wechselstrombrücke, benannt.
2) Wilhelm Karl Werner, Physiker, * Gaffken (Samland, Ostpreußen) 13. 1. 1864, ✝ München 30. 8. 1928, Vetter von 1); Prof. in Aachen, Gießen, Würzburg und München; befasste sich mit Fragen der Korpuskularstrahlen, wies u. a. die negative Ladung der Kathodenstrahlen und die positive Ladung der Kanalstrahlen nach. Für seine Arbeiten zur Temperaturstrahlung des schwarzen Körpers erhielt W. 1911 den Nobelpreis für Physik. Er fand 1893 das wiensche Verschiebungsgesetz, nach dem sich das Intensitätsmaximum der von einem schwarzen Körper emittierten Strahlung zu kürzeren Wellenlängen verschiebt, sowie 1897 das wiensche Strahlungsgesetz, einen Spezialfall des planckschen Strahlungsgesetzes für den Grenzfall geringer Temperaturen.