Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wieland
I Wieland(altnord. Völundr), Hauptgestalt in einer der ältesten germanisch-dt. Heldensagen, in der »Edda« überliefert. W. ist ein Alb, den der König Nidhod gefangen nahm, lähmte und zu kunstreicher Schmiedearbeit zwang. W. macht sich durch einen Rauschtrank Nidhods Tochter gefügig und tötet dessen Söhne. Darauf erhebt er sich mittels selbst geschmiedeter Flügel in die Luft und entflieht.
II Wieland,
1) Christoph Martin, Dichter, * Oberholzheim (heute zu Achstetten, Kr. Biberach) 5. 9. 1733, ✝ Weimar 20. 1. 1813; bedeutendster Prosadichter und Verserzähler der dt. Aufklärung, Übersetzer, Hg. und Essayist; neben F. G. Klopstock und G. E. Lessing Wegbereiter der Weimarer Klassik. W. stammte aus pietist. Pfarrhaus; er studierte 1750-52 in Tübingen, wo seine frühen Werke, erfüllt von religiösem Enthusiasmus, entstanden. 1752 ging er nach Zürich. Das Trauerspiel »Lady Johanna Gray« (1758; nach dem Engländer N. Rowe) ist das früheste dt. Drama in Blankversen. Nach Hauslehrertätigkeit in Bern wurde W. 1760 Ratsherr und Kanzleileiter in Biberach an der Riß. Die literar. Arbeiten waren nun von den Idealen des frz. Rokoko bestimmt (»Der Sieg der Natur über die Schwärmerey oder, Die Abentheuer des Don Sylvio von Rosalva«, R., 1764; »Com. Erzählungen«, 1765; Verserzählung »Musarion, oder Die Philosophie der Grazien«, 1768). Das Hauptwerk dieser Jahre, die »Geschichte des Agathon« (2 Bde., 1766/67; Neuausg. 1773), ist der erste große dt. Bildungsroman. 1769 wurde W. Prof. der Philosophie und kurmainz. Reg.-Rat an der Univ. in Erfurt. Hier schrieb er u. a. den politisch-satir. Roman »Der goldene Spiegel oder die Geschichte der Könige von Scheschian« (4 Tle., 1772). Dieser »Fürstenspiegel« veranlasste die Herzogin Anna Amalia, W. 1772 als Erzieher ihrer beiden Söhne nach Weimar zu rufen. 1775 pensioniert, lebte er als freier Schriftsteller in Weimar, 1797-1803 auf seinem Gut Oßmannstedt. In enger geistiger Verbindung zu Goethe und J. G. Herder trug W., v. a. durch seine Zeitschrift »Der Teutsche Merkur« (1773-1810), zur kulturellen Blüte Weimars bei. Die Spätwerke (u. a. »Die Abderiten«, 1794, eine antike Schildbürgergeschichte; die sehr erfolgreiche Verserzählung »Oberon«, 1780; der Roman »Geheime Geschichte des Philosophen Peregrinus Protheus«, 2 Bde., 1791) sind von einem heiter-iron. Ton gekennzeichnet und getragen von der aufklärer. Hoffnung auf natürl. Vernunft des Menschen. W. war auch als Übersetzer von Werken Horaz', Lukians und Shakespeares (erste dt. Prosaübersetzung von 22 Stücken, 8 Bde., 1762-66) bekannt.
Literatur:
Brender, I.: C. M. W. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek 1990.
C. M. W. Epoche - Werk - Wirkung, Beiträge v. S.-A. Jörgensen u. a. München 1994.
Schaefer, K.: C. M. W. Stuttgart 1996.
Hofmann, M.: Reine Seelen u. komische Ritter. Aspekte literarischer Aufklärung in C. M. W.s Versepik. Stuttgart 1998.
2) Heinrich Otto, Biochemiker, * Pforzheim 4. 6. 1877, ✝ München 5. 8. 1957; untersuchte zahlreiche Naturstoffe, u. a. biologisch wichtige Sterine sowie Alkaloide, Glykoside und Pterine. Für seine Forschungen über den Aufbau der Gallensäuren erhielt er 1927 den Nobelpreis für Chemie.
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