Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Weltliteratur
Weltliteratur, ein Begriff, der in verschiedenen, einander überlagernden Bedeutungen Literatur als ein Kulturgut definiert, das nicht ausschließl. Besitztum der jeweiligen Nation sein kann, sondern zugleich auch das anderer Völker bzw. der ganzen Menschheit ist. In seiner allgemeinsten Bedeutung bezeichnet W. die Summe der Literaturen aller Völker und Zeiten; der zweite, geläufigste Wortsinn erfasst die Weltbedeutung: einen nach den jeweiligen ästhet. Normen etablierten, also auch geschichtlich variablen Kanon herausragender Werke, denen Überzeitlichkeit und Allgemeingültigkeit zugesprochen wird, wobei die so genannten Klassiker eine tragende Rolle erhalten (z. B. Sophokles, Dante, Cervantes, Shakespeare, Goethe, Puschkin). Darüber hinaus benennt W. die in der histor. Realität komplizierte und darum theoretisch schwer zu beschreibende kommunikative Natur allen Schrifttums, seine Funktionsweisen und universalen Zusammenhänge. Diese Bedeutungsebene, Gegenstand der vergleichenden Literaturwissenschaft, bildete den Kern der Überlegungen Goethes, aus denen zw. 1827 und 1830/31 der Begriff W. in seiner heutigen Gestalt hervorging und zum internat. (auch sprachlich genau übersetzten) Gemeingut wurde. Goethe knüpfte an die Diskussionen von C. M. Wieland und J. G. Herder um den Begriff der Nationalliteratur an und hob ihn auf durch den der W.: für ihn diejenige Literatur, die das allgemein Menschliche zum Gegenstand hat und die zum gegenseitigen Verstehen beiträgt. Diese goethesche Konzeption wurde mit der Herausbildung der Industriegesellschaft und dem Entstehen der Massenkultur als Bewertungsmaßstab v. a. zeitgenöss. Literatur allerdings immer schwerer fassbar.
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