Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wechsel
Wechsel,eine in bestimmter Form schriftlich übernommene, unbedingte Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme an den legitimierten Inhaber der Urkunde. Die Zahlungsverpflichtung ist von dem Grund, aus dem die Schuld entstanden ist, unabhängig; der W.-Schuldner kann einem späteren Erwerber des W. Einreden aus dem Grundgeschäft (etwa eine Mängelrüge) nicht entgegenhalten. Das W.-Recht ist in Dtl. durch das W.-Gesetz vom 21. 6. 1933 geregelt und wurde wie die meisten europ. W.-Gesetze auf der Grundlage der Genfer W.-Konferenz von 1930 erlassen. Wesentlich für den W. ist die Bez. als »W.« (W.-Klausel) im Text der Urkunde. Der W. ist ein Orderpapier. Der Aussteller des W. kann sich entweder selbst zur Zahlung der W.-Summe verpflichten oder einen anderen mit der Zahlung beauftragen. Danach unterscheidet man den im Wirtschaftsleben seltenen eigenen W. (trockener W., Sola-W.), der ein Schuldversprechen ist, und den gezogenen W. (Tratte), der die Form einer Anweisung hat. Letzterer muss enthalten: 1) die W.-Klausel; 2) die unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen; 3) die namentl. Angabe dessen, der zahlen soll (Bezogener, Trassat); 4) die Angabe des Fälligkeitstages (Verfall); 5) die Angabe des Zahlungsortes; 6) den Namen dessen, an den oder an dessen Order gezahlt werden soll (W.-Nehmer, Remittent); 7) die Angabe des Tages und des Ortes der Ausstellung; 8) die Unterschrift des Ausstellers (Trassant). Eine Urkunde, der einer dieser Bestandteile fehlt, gilt i. d. R. nicht als W., ausgenommen der Blanko-W., der unvollständig (z. B. ohne W.-Summe), aber mit der Absicht späterer Vervollständigung ausgegeben wird. - Erst durch die Annahme (das Akzept), die üblicherweise durch »Querschreiben« seines Namens auf der linken Vorderseite des W. erfolgt, wird der Bezogene, der nunmehr Annehmer (Akzeptant) heißt, W.-Schuldner; er wird damit - als Hauptschuldner des W. - allen W.-Berechtigten gegenüber wechselmäßig zur Zahlung am Verfalltag verpflichtet. Der W. kann durch Indossament (Giro) übertragen werden. Dies kann entweder durch ein den Namen des Indossatars angebendes Namens- oder Vollindossament geschehen oder durch ein dessen Namen nicht angebendes Blankoindossament, für das die Unterschrift des Indossanten auf der Rückseite des W. genügt. Durch das Indossament erhält der Indossatar alle Rechte aus dem W., unabhängig von der Berechtigung seines Indossanten und der übrigen Vormänner. Der W. ist dem Annehmer spätestens am 2. Werktag nach Fälligkeit zur Zahlung vorzulegen (zu präsentieren).Zahlt der Annehmer nicht, so kann der Inhaber des W. gegen jeden seiner auf dem W. genannten Vormänner Rückgriff (Regress) nehmen (W.-Rückgriff), es sei denn, diese hätten sich durch entsprechende Klauseln (à forfait, ohne Obligo) davor geschützt. Die Zahlungsverweigerung muss durch einen rechtzeitig erhobenen W.-Protest (Protest) festgestellt werden. Alle, die einen W. ausgestellt, angenommen, indossiert oder mit einer Bürgschaftserklärung (Aval) versehen haben, haften dem Inhaber als Gesamtschuldner. Der Inhaber kann sie der Reihe nach (Staffelrückgriff) oder außer der Reihe (Sprungregress) oder alle zusammen im Wege des Rückgriffs beanspruchen (Wechselprozess). Er ist verpflichtet, seinen unmittelbaren Vormann und den Aussteller von der Protesterhebung zu benachrichtigen (Notanzeige, Notifikation). Der Empfänger der Nachricht muss sie an seinen eigenen Vormann weitergeben. Der zahlende Rückgriffsschuldner kann Aushändigung des W. mit einer Rechnung über die gezahlte Summe (Rückrechnung) verlangen. Hat ein Rückgriffsschuldner seiner Verbindlichkeit genügt, so kann er seinerseits Rückgriff (Remboursregress) nehmen. Dem letzten Rückgriffsverpflichteten bleibt der Anspruch gegen den Hauptschuldner. Jeder Rückgriffsschuldner kann im W. eine Notadresse nennen, die für den nicht zahlenden Annehmer eintritt (Ehreneintritt).Besondere Arten des gezogenen W. sind: der Rekta-W., der durch einfache Abtretung übertragen wird, der Domizilwechsel, der Tag-W., der an einem genau bezeichneten Tag, der Sicht-W., der am Tag der Präsentation, und der Nachsicht-W., der nach der Präsentation fällig ist, der Dato-W., dessen Verfalltag auf eine bestimmte Zeit nach dem Ausstellungstag festgesetzt ist, und der Platzwechsel.
Man unterscheidet nach dem Anlass der W.-Ziehung: Handels- oder Waren-W. (es liegt eine Schuld aus einem Umsatzgeschäft zugrunde), Finanz-W. (Geldbeschaffung) und Kautions-W. (Sicherungszweck). Der W. ist als Kreditpapier eine der Grundlagen der Kreditschöpfung der Banken. Zum Verkauf von W. an Banken Diskont.In Österreich gilt das W.-Gesetz vom 16. 2. 1955. In der Schweiz hat das einheitl. W.-Gesetz Aufnahme in das Obligationenrecht gefunden (Art. 990 ff.). Wesentlich abweichend ist das W.-Recht der USA.
Literatur:
Hefermehl, W.: Wechselgesetz u. Scheckgesetz, begründet v. A. Baumbach. München 201997.
Jung, K.-H.: Der W. Stuttgart 31998.
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