Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wasserstoffenergietechnik
Wasserstoff|energietechnik, neueres Gebiet der Energietechnik mit dem Ziel, Wasserstoff für die Energiegewinnung vielfältig nutzbar zu machen. Wasserstoff gilt als idealer Sekundärenergieträger. Bei der Verbrennung des Wasserstoffs in Sauerstoff (Brennwert 141 800 kJ/kg) entsteht Wasser als einziger Rückstand; Wasserstoff ist deshalb ein sehr umweltfreundl. Energieträger und als Bestandteil des Wassers fast überall verfügbar. Das zukunftsträchtigste Verfahren für die Produktion von Wasserstoff ist die Elektrolyse unter Einsatz von Elektroenergie. Zusätzlich werden in zahlr. Forschungsprojekten photolyt. Verfahren untersucht.
Die W. ist in einigen Anwendungsbereichen bereits eingeführt. In der Raumfahrt ist Wasserstoff als Treibmittel für Strahltriebwerke unersetzlich. Für die Verwendung als chem. Rohstoff verfügt die dt. chemische Industrie über ein 200 km langes Wasserstoff-Pipeline-Netz. Wasserstoff kann zum Transport auch dem Erdgas beigemischt werden. In der Antriebstechnik wird der Einsatz von Wasserstoff in Straßenfahrzeugen erprobt. 1997 gab es weltweit etwa eine Million mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge, davon 3 500 in Dtl. Bei Verkehrsflugzeugen wird die Entwicklung durch Umrüstung des Antriebssystems vorangetrieben. Die Rückwandlung von Wasserstoff in elektr. und Wärmeenergie ist durch Brennstoffzellen möglich. Während der Durchbruch bei Fahrzeugen etwa 2003/04 erwartet wird, soll die Brennstoffzellentechnik für kommerzielle Strom- und Wärmegewinnung bis 2010 ausgereift sein.
Mit der Pilotanlage »Solar-Wasserstoff Bayern« in Neunburg vorm Wald werden alle derzeit verfügbaren Anwendungstechniken der W. untersucht. »Hysolar« ist ein deutsch-saudiarab. Gemeinschaftsvorhaben mit dem Bau einer 10-kW-Photovoltaikanlage in Dtl. (Stuttgart) und einer 350-kW-Anlage in Saudi-Arabien (Riad). Weiterhin arbeiten Forscher an dem »Euro-Quebec-Hydrogen-Pilot-Projekt«, das von der EU und der Prov. Quebec (Kanada) finanziell gefördert wird. Dieses Projekt sieht vor, Wasserstoff mithilfe kostengünstigen Stroms aus Wasserkraft in Kanada zu erzeugen, ihn zu verflüssigen und mit Spezialschiffen nach Europa zu transportieren (Verarbeitungsschwerpunkt Hamburg). Eine Realisierung des Transports steht v. a. wegen fehlenden Bedarfs an Wasserstoff in Dtl. noch aus. Im größten »europ. Pilotprojekt« von fünf Energieversorgungsunternehmen in Berlin sollen eine Anlage mit 2 500 kW elektr. Leistung und eine Anlage mit 2 300 kW therm. Leistung für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Technik mit PEM-Brennstoffzellen (PEM, Abk. für engl. proton-exchange-membran) auf Erdgasbasis, ergänzt durch eine Photovoltaikanlage mit Elektrolyseur, entwickelt werden.
Literatur:
Weber, R.: Der sauberste Brennstoff. Der Weg zur Wasserstoffwirtschaft. Oberbözberg 21991.
Hoffmann, V. U.: Wasserstoff - Energie mit Zukunft. Stuttgart u. a. 1994.
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