Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wasser
Wasser,chem. Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff, H2O. Im W.-Molekül sind die beiden Wasserstoffatome kovalent so an den Sauerstoff gebunden, dass das Molekül ein gleichschenkliges Dreieck bildet, wobei der Winkel H—O—H 104,5º beträgt. Die Ladungsdichte des gemeinsamen Elektronenpaares jeder O—H-Bindung verteilt sich wegen der unterschiedl. Elektronenaffinität nicht symmetrisch auf der Bindungsachse, sondern befindet sich näher am Sauerstoffatom. Das W.-Molekül hat deshalb ein beträchtl. Dipolmoment. - W. siedet unter Normaldruck (1,01325 bar) bei 100 ºC, geht aber auch bei tieferen Temperaturen langsam in W.-Dampf über (Verdunstung) und erstarrt bei 0 ºC zu Eis. Schmelzpunkt und Siedepunkt dienen zur Festlegung der Celsius-Temperaturskala. Die Dichte von flüssigem W. beträgt bei 0 ºC 0,999818 g/cm3, von Eis bei 0 ºC nur 0,9168 g/cm3; bei 4 ºC ist das Dichtemaximum von 1,000000 g/cm3 erreicht, bei weiterem Erwärmen nimmt die Dichte wieder ab (bei 20 ºC 0,998231 g/cm3). Deshalb schwimmt Eis auf flüssigem W. und gefrieren Gewässer stets von der Oberfläche her. Die Volumenvergrößerung von etwa 9 % beim Gefrieren von W. bewirkt das Platzen von mit W. gefüllten Gefäßen bei Frost sowie die Frostsprengung von Gesteinen. - W. ist die häufigste chem. Verbindung auf der Erdoberfläche; es bedeckt die Erdoberfläche zu 71 % und ist in Form von W.-Dampf bis zu 4 % in der Atmosphäre enthalten. - W. fließender oder stehender Binnengewässer mit einem Salzgehalt kleiner als 0,02 % wird als Süß-W. bezeichnet; der Gehalt an Calcium- und Magnesiumionen bestimmt dabei die Härte des Wassers. Chemisch reines W. zur Verwendung in der analyt. Chemie und Medizin erhält man durch Destillation (sog. destilliertes W.) oder über Ionenaustauscher. Trink-W. enthält alle mineral. Bestandteile, ist aber weitgehend keimfrei. In chem. Verbindungen eingebautes W. heißt Hydrat-W. (Kristall-W.). Im gewöhnl. W. kommen neben gewöhnl. Wasserstoff auch die Isotope Deuterium und Tritium vor; schweres Wasser (Deuteriumoxid) ist in gewöhnl. W. zu etwa 0,02 % enthalten und kann durch Elektrolyse daraus gewonnen werden. W., das am meisten gebrauchte Lösungsmittel, ist selbst nur in sehr geringem Maße dissoziiert; infolgedessen leitet reines W. den elektr. Strom fast gar nicht. Wegen der großen Dielektrizitätskonstanten des W. dissoziieren (Dissoziation) Stoffe mit Ionenbindung (Salze, Säuren, Basen) in wässriger Lösung. Zw. dem flüssigen W. auf der Erdoberfläche, dem durch Erwärmung aus ihm entweichenden W.-Dampf und dem gasförmig in der Atmosphäre und in Form feiner Tröpfchen in den Wolken befindlichen W. besteht ein ständiger Wasserkreislauf. Der natürl. Wasserkreislauf wird technisch zur Energiegewinnung in Wasserkraftwerken genutzt.Für Existenz und Stoffwechsel bei allen Organismen ist W. überaus wichtig. Pflanzen bestehen z. T. zu über 90 %, höhere Tiere und der menschl. Körper zu mehr als 50 % aus W. Das W. vermittelt die chem. und physikal. Prozesse innerhalb und außerhalb der Zellen, das Strömen und die Diffusion der Gewebs- und Nahrungsflüssigkeiten und den Aufbau des kolloidalen Zustands der Körperbestandteile. Es regelt ferner die Körpertemperatur, indem es durch Verdunsten an der Oberfläche Wärme entzieht. - Techn. ist W. in erster Linie als Kühl-, Lösungs- und Reinigungsmittel sowie als Ausgangsstoff für die Gewinnung von Wasserstoff und viele Synthesen in der chem. Industrie von Bedeutung.
Literatur:
H. Böhme. Kulturgeschichte des W., hg. v. Frankfurt am Main 1988.
W., hg. v. K.-F. Busch. Leipzig 21988.
Croutier, A. L.: W., Elixier des Lebens. A. d. Amerikan. München 1992.
Landschaftswasserhaushalt, Beiträge v. B. Wohlrab u. a. Hamburg u. a. 1992.
Marcinek, J. u. Rosenkranz, E.: Das W. der Erde. Eine geographische Meeres- u. Gewässerkunde. Gotha 21996.
Water, culture, and power, hg. v.J. M. Donahue u. a. Washington, D. C., 1998.
W. u. Gewässer. Ein Handbuch, hg. v. F. H. Frimmel. Heidelberg 1999.
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