Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Warschau
Wạrschau(poln. Warszawa), Hauptstadt von Polen und Verw.sitz der Wwschaft Masowien, erstreckt sich über 495 km2 in 90-115 m ü. M. beiderseits der Weichsel, 1,629 Mio. Ew.; Sitz des Präs., der Reg., des Parlaments (Sejm), der oberen Gerichte, eines kath. Erzbischofs und Bischofs sowie zahlr. wiss. und kultureller Einrichtungen, bes. Poln. Akademie der Wiss., Univ. (1816 gegr.), theolog. Akademien, medizin., Sport-, Musik-, Kunst-, Landwirtschafts-, wirtschaftswiss. Akademie, TH, PH, Theaterhochschule, wiss. Institute (darunter das Dt. Histor. Institut), Oper (»Großes Theater«) und 25 weitere Theater, Philharmonie, zahlr. Museen, Bibliotheken und Archive, zoolog. und botan. Garten; internat. Buchmesse und Chopinfestspiele. W. ist das wichtigste poln. Wirtschafts- und Industriezentrum mit elektrotechn., elektron., Maschinenbau-, pharmazeut., feinwerktechn. Ind., Automobil-, Traktorenbau, Nahrungsmittel-, Konfektions-, graf., Kosmetik- u. a. Ind.; Edelstahlhütte. Wichtigster poln. Verkehrsknotenpunkt, 1995 Eröffnung der ersten Linie der seit 1983 im Bau befindl. Metro; im SW der Stadt internat. Flughafen Okęcie.
Stadtbild: Die im 2. Weltkrieg weitgehend zerstörte Stadt wurde nach 1945 unter modernen städtebaul. Gesichtspunkten wieder aufgebaut, histor. Bauten wurden vorbildlich rekonstruiert. Die Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Stadtzentrum und daran anschließende Stadtviertel liegen auf dem W-Ufer der Weichsel, die Industrievorstadt Praga (Praga-Południe, Praga-Połnoc) auf dem O-Ufer. Die Altstadt ist mit Stadtmauern aus dem 14./15. Jh. (Barbakane 16. Jh.) umgeben. Zu den bed. Baudenkmälern der Innenstadt gehören der Schlossplatz mit der Barocksäule König Sigismunds III. (1643/44, 1949 z. T. rekonstruiert) und dem Königsschloss (urspr. got. Burg, Umgestaltung seit dem späten 16. Jh., Wiederaufbau seit 1971), der rechteckige Alte Markt mit rekonstruierten Renaissance- und Barockhäusern sowie der Neue Markt mit ebenfalls erneuerten Häusern des 18. und 19. Jh. und der Kirche der Sakramentsschwestern (1688), zahlr. Kirchen (v. a. aus Gotik und Barock): Johannes-Kathedrale, Marienkirche, St.-Anna-Kirche (alle urspr. gotisch) sowie Kirchen und Klöster der Kapuziner, Karmeliter, Dominikaner, Hl.-Kreuz-Kirche aus dem 17. Jh.; Adelspaläste aus dem 17., 18. und 19. Jh.: v. a. Palais Krasiński, Palais Radziwiłł, Palais Łazienki (Ende des 18. Jh. angelegt, im Park weitere Schlösser) sowie die klassizist. Bauten des Staszic-Palais und des Großen Theaters; im S der Stadt das Barockschloss Wilanów.
Geschichte: W., dessen Anfänge wohl bis ins 10. Jh. zurückreichen, entwickelte sich im 12./13. Jh. zu einer Handwerker- und Kaufmannssiedlung, die im 14. Jh. (1339?) dt. Stadtrecht erhielt; 1413-1526 Sitz der Herzöge von Masowien; wurde 1526 poln. Kronbesitz, ab 1569/70 ständiger Versammlungsort des Sejm und ab 1596 Königsresidenz. Der rasche Aufschwung der Stadt unter den Wasa-Königen (1587-1668) wurde nur kurz durch die schwed. Invasion (1655/56) unterbrochen und setzte sich im 18. Jh. fort. Die Niederschlagung des Aufstandes unter T. Kościuszko durch russ. Truppen führte 1794 zu blutigen Gefechten im Stadtteil Praga. Mit der 3. Poln. Teilung (1795) fiel W. an Preußen; 1807-15 Hptst. des von Napoleon I. geschaffenen Großherzogtums W., dann des in Personalunion mit Russland vereinigten Königreichs Polen (sog. Kongresspolen); im Novemberaufstand 1830/31 und im Januaraufstand 1863/64 Zentrum der nat. Bewegung; während des 1. Weltkrieges 1915-18 von dt. Truppen besetzt (Sitz des Generalgouverneurs); ab 1918 Hptst. der Rep. Polen; war im 2. Weltkrieg von dt. Truppen besetzt (Kapitulation am 27./28. 9. 1939) und gehörte zum Generalgouvernement. - Die dt. Besatzungsmacht errichtete 1940 im nordöstl. Zentrum der Stadt das jüd. Getto (rd. 4 km2, ab 1941 durch eine Mauer abgeriegelt), in dem zeitweilig rd. 500 000 Menschen leben mussten (etwa 100 000 starben in den ersten 11/2 Jahren); 1942 wurden von dort etwa 310 000 Juden in Vernichtungslager (v. a. Treblinka) deportiert und ermordet. Gegen die endgültige Liquidierung des Gettos richtete sich 1943 ein Aufstand der Juden (19. 4.-16. 5., Aufstand im Warschauer Getto), den SS-Truppen erst nach zähem Widerstand der schlecht bewaffneten jüd. Kampforganisation blutig unterdrückten. Fast alle der noch im Getto verbliebenen Juden (rd. 50 000) wurden während der Kämpfe bzw. danach in den Vernichtungslagern getötet, das Getto völlig vernichtet. - Nach dem Warschauer Aufstand von 1944 weitgehende Zerstörung, im Jan. 1945 von poln. und sowjet. Truppen eingenommen.
▣ Literatur:
Szarota, T.: W. unter dem Hakenkreuz. Paderborn 1985.
⃟ W., Text v. R. Schneider, Fotos v. C. Jörss. Rostock 1993.
Stadtbild: Die im 2. Weltkrieg weitgehend zerstörte Stadt wurde nach 1945 unter modernen städtebaul. Gesichtspunkten wieder aufgebaut, histor. Bauten wurden vorbildlich rekonstruiert. Die Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Stadtzentrum und daran anschließende Stadtviertel liegen auf dem W-Ufer der Weichsel, die Industrievorstadt Praga (Praga-Południe, Praga-Połnoc) auf dem O-Ufer. Die Altstadt ist mit Stadtmauern aus dem 14./15. Jh. (Barbakane 16. Jh.) umgeben. Zu den bed. Baudenkmälern der Innenstadt gehören der Schlossplatz mit der Barocksäule König Sigismunds III. (1643/44, 1949 z. T. rekonstruiert) und dem Königsschloss (urspr. got. Burg, Umgestaltung seit dem späten 16. Jh., Wiederaufbau seit 1971), der rechteckige Alte Markt mit rekonstruierten Renaissance- und Barockhäusern sowie der Neue Markt mit ebenfalls erneuerten Häusern des 18. und 19. Jh. und der Kirche der Sakramentsschwestern (1688), zahlr. Kirchen (v. a. aus Gotik und Barock): Johannes-Kathedrale, Marienkirche, St.-Anna-Kirche (alle urspr. gotisch) sowie Kirchen und Klöster der Kapuziner, Karmeliter, Dominikaner, Hl.-Kreuz-Kirche aus dem 17. Jh.; Adelspaläste aus dem 17., 18. und 19. Jh.: v. a. Palais Krasiński, Palais Radziwiłł, Palais Łazienki (Ende des 18. Jh. angelegt, im Park weitere Schlösser) sowie die klassizist. Bauten des Staszic-Palais und des Großen Theaters; im S der Stadt das Barockschloss Wilanów.
Geschichte: W., dessen Anfänge wohl bis ins 10. Jh. zurückreichen, entwickelte sich im 12./13. Jh. zu einer Handwerker- und Kaufmannssiedlung, die im 14. Jh. (1339?) dt. Stadtrecht erhielt; 1413-1526 Sitz der Herzöge von Masowien; wurde 1526 poln. Kronbesitz, ab 1569/70 ständiger Versammlungsort des Sejm und ab 1596 Königsresidenz. Der rasche Aufschwung der Stadt unter den Wasa-Königen (1587-1668) wurde nur kurz durch die schwed. Invasion (1655/56) unterbrochen und setzte sich im 18. Jh. fort. Die Niederschlagung des Aufstandes unter T. Kościuszko durch russ. Truppen führte 1794 zu blutigen Gefechten im Stadtteil Praga. Mit der 3. Poln. Teilung (1795) fiel W. an Preußen; 1807-15 Hptst. des von Napoleon I. geschaffenen Großherzogtums W., dann des in Personalunion mit Russland vereinigten Königreichs Polen (sog. Kongresspolen); im Novemberaufstand 1830/31 und im Januaraufstand 1863/64 Zentrum der nat. Bewegung; während des 1. Weltkrieges 1915-18 von dt. Truppen besetzt (Sitz des Generalgouverneurs); ab 1918 Hptst. der Rep. Polen; war im 2. Weltkrieg von dt. Truppen besetzt (Kapitulation am 27./28. 9. 1939) und gehörte zum Generalgouvernement. - Die dt. Besatzungsmacht errichtete 1940 im nordöstl. Zentrum der Stadt das jüd. Getto (rd. 4 km2, ab 1941 durch eine Mauer abgeriegelt), in dem zeitweilig rd. 500 000 Menschen leben mussten (etwa 100 000 starben in den ersten 11/2 Jahren); 1942 wurden von dort etwa 310 000 Juden in Vernichtungslager (v. a. Treblinka) deportiert und ermordet. Gegen die endgültige Liquidierung des Gettos richtete sich 1943 ein Aufstand der Juden (19. 4.-16. 5., Aufstand im Warschauer Getto), den SS-Truppen erst nach zähem Widerstand der schlecht bewaffneten jüd. Kampforganisation blutig unterdrückten. Fast alle der noch im Getto verbliebenen Juden (rd. 50 000) wurden während der Kämpfe bzw. danach in den Vernichtungslagern getötet, das Getto völlig vernichtet. - Nach dem Warschauer Aufstand von 1944 weitgehende Zerstörung, im Jan. 1945 von poln. und sowjet. Truppen eingenommen.
▣ Literatur:
Szarota, T.: W. unter dem Hakenkreuz. Paderborn 1985.
⃟ W., Text v. R. Schneider, Fotos v. C. Jörss. Rostock 1993.