Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Walser
I Wạlser,aus dem oberen Wallis (Goms) stammende, Höchstalemannisch sprechende Volksgruppe, die sich im 12. u. 13. Jh. südlich des Monte-Rosa-Massivs (Aostatal, Piemont), später in Graubünden und ab Mitte des 14. Jh. in Vorarlberg (Großes und Kleines Walsertal) in den obersten Talregionen ansiedelte. Nach ihrem Kolonistenrecht nannten sie sich »Freie Walser«. Teile ihrer Kultur haben sich bis heute erhalten.
Literatur:
E. Rizzi. Geschichte der W., bearb. v. A. d. Italien. Anzola d'Ossola 1993.
II Wạlser,
1) Johanna, Schriftstellerin, * Ulm 3. 4. 1957, Tochter von 3); Thema ihrer Prosa (»Vor dem Leben stehend«, 1982; »Die Unterwerfung«, 1986; »Wetterleuchten«, 1991) ist der in poet. Bildern beschriebene Versuch der Weltbewältigung und Identitätsfindung.
2) Karl, schweizer. Maler und Grafiker, * Biel 8. 4. 1877, ✝ Bern 28. 9. 1943, Bruder von 4); war seit 1902 in Berlin bes. als Bühnenbildner und Illustrator tätig, lebte seit 1914 in der Schweiz, wo er großzügige Wandmalereien schuf.
3) Martin (Johannes), Schriftsteller, * Wasserburg (Bodensee) 24. 3. 1927, Vater von 1); war 1949-57 Rundfunk- und Fernsehregisseur, seitdem freier Schriftsteller. W.s umfangreiches Werk, das in vielfältiger Weise die süddt. Heimat des Autors spiegelt, thematisiert zunächst die durch charakterschwache, tragikom. Figuren repräsentierte Mittelschicht der bundesdt. Wohlstandsgesellschaft (Romane »Ehen in Philippsburg«, 1957; Trilogie um den Ich-Erzähler Anselm Kristlein: »Halbzeit«, 1960, »Das Einhorn«, 1966, »Der Sturz«, 1973). In den späteren Romanen richtet W. sein Interesse v. a. auf individuelle Schicksale und Beziehungkonflikte (Novelle »Ein fliehendes Pferd«, 1978), dabei verarbeitet er reflexionsreich dt. Nachkriegsgeschichte (»Die Verteidigung der Kindheit«, 1991), dokumentar. Material (»Finks Krieg«, 1996) und die eigene Biographie (»Ein springender Brunnen«, 1998); schrieb auch Hörspiele und zahlr. Theaterstücke, u. a. »Eiche und Angora« (1962; revidiert 1963), »Die Zimmerschlacht« (1967), »Aus dem Wortschatz unserer Kämpfe« (1971) und »Das Sauspiel« (1975). W., einer der wichtigsten Repräsentanten der dt. Gegenwartslit. und vielfach ausgezeichnet (u. a. Georg-Büchner-Preis 1981), regt die Öffentlichkeit durch nonkonformist. Äußerungen immer wieder zu heftigen Debatten an, so durch die Essays »Über Dtl. reden« (1988, erweitert 1990), v. a. aber durch seine Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Dt. Buchhandels 1998, in der er die dt. Versuche der Vergangenheitsbewältigung kritisierte.
Weitere Werke: Romane: Die Gallistl'sche Krankheit (1972); Das Schwanenhaus (1980); Brandung (1985); Ohne einander (1993). Novelle: Dorle und Wolf (1987). Dramen: Der schwarze Schwan (1964); Überlebensgroß Herr Krott (1964); In Goethes Hand. Szenen aus dem 19. Jh. (1982); Kaschmir in Parching. Szenen aus der Gegenwart (1995).
Literatur:
Reich-Ranicki, M.: M. W. Neuausg. Frankfurt am Main 1996.
Fetz, G. A.: M. W. Stuttgart 1997.
4) Robert, schweizer. Schriftsteller, * Biel 15. 4. 1878, ✝ Herisau 25. 12. 1956, Bruder von 2); lebte 1905-13 in Berlin, danach wieder in Biel, ab 1921 als Archivar in Bern; 1929 Einlieferung in eine Nervenheilanstalt, ab 1933 in der Nervenklinik Herisau. W. hinterließ ein von seinen Zeitgenossen mit Ausnahme von F. Kafka, R. Musil und W. Benjamin wenig beachtetes, erst nach 1945 wieder entdecktes Erzählwerk. Charakteristisch für seine Romane, Erzählungen und Kurzprosa (davon über 1 000 Texte erhalten, 300 gelten als verschollen) ist die detaillierte analyt. Beobachtungsgabe. Autobiographisch geprägt, schildert W.s Werk Leben und Schicksale von Außenseitern, denen die Eingliederung in die bürgerl. Gesellschaft nicht gelingt (»Geschwister Tanner«, R., 1907; »Der Gehülfe«, R., 1908; »Jakob von Gunten«, R., 1909; »Der Spaziergang«, Erz., 1917; »Aus dem Bleistiftgebiet. Mikrogramme ...«, auf 6 Bde. berechnet, hg. seit 1985).
Literatur:
Mächler, R.: Das Leben R. W.s. Neuausg. Frankfurt am Main 1992.
Amann, J.: R. W. Zürich u. a. 1995.
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