Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Waldsterben
Waldsterben,schlagwortartiger Begriff für das großflächige Absterben von Bäumen (Baumsterben), das zuerst bei Weißtannen beobachtet wurde (Tannensterben). Schon seit dem 19. Jh. sind Waldschäden durch Abgase von Ind.anlagen, allerdings ausschl. in deren Nahbereich, bekannt. Seit etwa 1975 treten jedoch in emittentenfernen Gebieten neuartige unterschiedl. Schadbilder (neuartige Waldschäden) auf. Diese Entwicklung wurde zunächst an Nadelbäumen beobachtet, hat aber in den letzten Jahren nahezu alle Waldbaumarten erfasst. Charakterist. Symptome sind: 1) Verfärbung und Abwurf von Nadeln oder Blättern (Verlichtung der Krone); 2) große Schäden im Feinwurzelsystem, wodurch die Wasser- und Nährstoffaufnahme des Baumes vermindert wird; 3) Wachstumsstörungen. Die Ursachen des W. sind noch nicht eindeutig geklärt, auch sind es z. B. im Flachland andere als im Gebirge (komplexe Hochlagenerkrankung u. a. durch stärkere Ozoneinwirkung), ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren ist jedoch gesichert. Als Schadfaktoren gelten der saure Regen, die durch Kfz, Haushalte, Industrie und Landwirtschaft erzeugten Stickstoffoxide, Schwermetalle, Photooxidantien und Ammoniak. Auch andere Faktoren, z. B. extreme Witterungs- und Klimaereignisse, waldbaul. Fehler, Pilze, Bakterien, Schadinsekten, können Sekundärschäden verursachen oder die Wirkung der Schadstoffe verstärken.
Derzeit kommt in der Waldschadensforschung den Stickstoffoxiden (bes. dem starken Anstieg der Emissionen durch den Straßenverkehr) und dem Ammoniak, das in Gebieten mit intensiver Tierhaltung verstärkt freigesetzt wird, besondere Bedeutung zu. Der erhöhte Stickstoffeintrag stört das labile Gleichgewicht der Mykorrhiza (Symbiose zw. Waldbäumen und Pilzen) so, dass die normalerweise weitgehend von Mykorrhizapilzen übernommene Wasser- und Nährstoffversorgung des Baumes durch das Absterben des Pilzgeflechtes eingeschränkt wird und der Baum an Wasser- und Nährstoffmangel leidet. - Aufgrund der bereits aufgetretenen Waldschäden (nach dem Waldschadensbericht 1998 für Dtl. liegt der Anteil der Bäume mit deutl. Schäden im Durchschnitt bei 21 % und der Anteil der Bäume mit schwachen Schäden bei 41 %) ist es dringend geboten, bes. durch Luftreinhaltung, die weitere Ausbreitung des W. zu verhindern.
Literatur:
H. Franz. Die Bedrohung der Wälder. Schäden, Folgeerscheinungen u. Gegenmaßnahmen, hg. v. Wien 1989.
Thomas, J.: Die »neuartigen Waldschäden« u. die »Klimakatastrophe«. Frankfurt am Main 1992.
Farbatlas Waldschäden. Diagnose von Baumkrankheiten, Beiträge v. G. Hartmann u. a. Stuttgart 21995.
Waldschäden. Stand der Forschung u. Ausblick. München 1995.
Forest decline and ozone, hg. v. H. Sandermann u. a. Berlin 1997.
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