Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Wald
I Wald,natürl. Lebensgemeinschaft und Ökosystem von dicht stehenden Bäumen mit spezieller Tier- und Pflanzenwelt sowie mit besonderen Klima- und Bodenbedingungen. Hinsichtlich der Entstehung des W. unterscheidet man zw. dem Natur-W. (Urwald), dem nach menschl. Eingriffen (z. B. Rodung) natürlich nachwachsenden Sekundär-W. und dem vom Menschen angelegten Wirtschafts-W.; hinsichtlich des Baumbestandes zw. Reinbestand (eine einzige Baumart) und Mischbestand (mehrere Baumarten; Misch-W.). Nach der Höhe des Bewuchses unterscheidet man pflanzensoziologisch Moos-, Kraut-, Strauch- und Baumschicht. Die Pflanzen stehen miteinander in ständiger Wechselbeziehung, indem sie sich gegenseitig fördern oder miteinander um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren. Als Tief- und Flachwurzler schließen sie den Boden auf, verändern und entwickeln das Bodenprofil und schaffen einen Oberboden, in dem eine spezielle Mikroflora und Mikrofauna gedeihen und ihre Wirkung entfalten kann. Das W.-Klima zeichnet sich im Verhältnis zum Klima offener Landschaften durch gleichmäßigere Temperaturen, höhere relative Luftfeuchtigkeit, geringere Lichtintensität und schwächere Luftbewegung aus. Der W. hat einerseits eine sehr hohe Transpirationsrate, andererseits vermag er in seinem Boden große Wassermengen schnell aufzunehmen und darin zu speichern. Unter entsprechenden Klimabedingungen gilt der W. als dominierende pflanzl. Formation. Er entwickelt sich ganz allmählich in größeren Zeiträumen. Im Natur-W. der Nordhalbkugel stellt sich diese Entwicklung wie folgt dar: Vor-W. (Pionierbaumarten sind z. B. Birke, Robinie, Espe, Erle, Pappelarten) besiedelt ein baumfreies Gelände. Der dadurch verbesserte Frost- und Strahlenschutz lässt zunehmend Schatten ertragende Baumarten (Zwischen-W.) gedeihen. Diese wachsen zum Gefüge des Haupt-W. heran, bis das oberste Kronendach keinen Jungwuchs mehr aufkommen lässt. Wird dieser Haupt-W. etwa durch Feuer, Sturm oder Schädlingskatastrophen zerstört, so wiederholt sich der Vorgang der W.-Bildung. - In der Randzone eines W. (W.-Saum, W.-Mantel, W.-Trauf), in der die Bäume gewöhnlich fast bis zum Boden beastet sind, wächst eine reichhaltige Strauch- und Krautvegetation. Die Randzone bietet somit Schutz gegen Wind, übermäßige Sonneneinstrahlung und Bodenerosion.Die Wälder der Erde unterscheiden sich wesentlich in ihrem Baumbestand, der durch die jeweils unterschiedl. ökolog. Faktoren bedingt ist. Der trop. W. in den niederschlagsreichen Gebieten ist durch üppiges Wachstum und Artenreichtum charakterisiert. In den Subtropen erscheinen mit zunehmender Trockenheit Hartlaubgehölze. Die gemäßigte Region ist durch sommergrüne Laubwälder (in Gebirgslagen bes. durch Nadelwälder) charakterisiert, die auf der Nordhalbkugel in einen breiten Nadelholzgürtel übergehen. Im Einzelnen lassen sich folgende W.-Formationsklassen unterscheiden: (trop. oder subtrop.) Regenwald (grundwasserbedingt sind die Unterklassen Mangrove und Galerie-W., luftfeuchtigkeitsbedingt der Nebel-W. im Wolkenbereich trop. und subtrop. Gebirge), regengrüner W. (auch Monsun-W.), regengrüner Trocken-W., Lorbeer-W., Hartlaub-W., sommergrüner Laub-W. und borealer Nadelwald. Der größte Teil der W.-Fläche entfällt auf die beiden breiten (heute nicht mehr ganz so geschlossenen) Gürtel des trop. Regen-W. und des borealen Nadel-W., die zus. rd. 80 % des Gesamtwaldbestandes der Erde ausmachen. - Dtl. liegt in der Zone des sommergrünen Laub-W., in den montane Nadelwaldareale eingestreut sind. Von gewissen Naturwaldreservaten abgesehen gibt es nur den nach waldbaul. Grundsätzen angelegten Wald. Dabei unterscheidet man (als Bewirtschaftungsformen) Nieder-W. (Laub-W., bei dem sich der Baumbestand aus Stöcken und Wurzeln der gefällten Bäume erneuert), Hoch-W. (der Baumbestand wird durch Anpflanzen oder Saat erneuert) und Mittel-W. (in ein dichtes, alle 10-15 Jahre geschlagenes und immer wieder neu austreibendes Unterholz sind besser geformte Stämme eingestreut). - Der W. gewinnt in den letzten Jahrzehnten immer stärkere Bedeutung als Faktor zur Sicherung der natürl. Lebensgrundlagen und der Erholung der Bevölkerung. Zu den Funktionen des W. gehören auch Speicherung, Reinigung und Abflussverteilung des Wassers, Filterung und Verbesserung der Luft, Dämpfung von Lärm. Der W. schützt ferner den Boden vor Erosion und dämmt im Hochgebirge die Lawinengefahr ein; daher werden dort schon seit langem Schutzwälder angelegt. Der W. mindert die Klimaextreme und die Windgeschwindigkeit; er trägt zur Bewahrung des biolog. Gleichgewichts bei und ist eines der wichtigsten Elemente der Landschaft. In den letzten Jahren wurden die W.-Funktionen durch das Waldsterben beeinträchtigt. - Oberstes Ziel im wirtschaftlich genutzten W. ist bei voller Erhaltung der Nachhaltigkeit meist höchstmögl. Produktivität und Rentabilität der Holzerzeugung. Zu den Nebennutzungen gehören u. a. Jagd, Gewinnung von Harzen, Flechtmaterial, Gerbstoffen sowie von Pilzen und Beeren. (Forstwirtschaft)Recht: Das Bundeswald-Ges. vom 2. 5. 1975 enthält Grundzüge eines bundeseinheitl. Forstrechts. Es bezweckt die Erhaltung des W. wegen seines wirtsch. und ökolog. Nutzens, seines Erholungswertes sowie die Sicherung seiner ordnungsgemäßen Bewirtschaftung. Es bemüht sich um einen Ausgleich der Interessen der Allgemeinheit und der Waldbesitzer.Geschichte: Schon seit vorgeschichtl. Zeiten hat der Mensch die Zusammensetzung des W. beeinflusst. Die W.-Verwüstung erreichte in Mitteleuropa im 18. Jh. ihren Höhepunkt, u. a. durch den hohen Holzverbrauch frühindustrieller Unternehmungen, z. B. Glashütten. Die Kahlflächen wurden dann mit Kiefern oder Fichten aufgeforstet. Seit dem 19. Jh. werden außerdem z. B. Douglasien, Sitkafichten, Japanlärchen und Roteichen verwendet, wobei heute bei Neuaufforstungen Mischbestände von Laub- und Nadelhölzern bevorzugt werden.
Literatur:
Schute, R.: Der W. Funktion - Pflege - Gefährdung. Heidelberg 1988.
Leibundgut, H.: Der W. als Erbe u. Verpflichtung. Bern u. a. 1991.
Röhrig, E.: Der W. als Vegetationstyp u. seine Bedeutung für den Menschen. Hamburg u. a. 61992.
Küster, H.: Geschichte des Waldes. Von der Urzeit bis zur Gegenwart. München 1998.
II Wald
[wɔ:ld], George, amerikan. Biochemiker, * New York 18. 11. 1906, ✝ Cambridge (Mass.) 12. 4. 1997; entdeckte die Vitamine A1 und A2 in der Netzhaut des Auges und arbeitete über den Mechanismus des Farbensehens; erhielt mit H. K. Hartline und R. A. Granit 1967 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
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