Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Volkskunde
Volkskunde,Wiss. von den Verhaltensnormen und Gestaltungsmustern unterschiedlicher gesellschaftl. Gruppen, die sie unter dem Aspekt ihrer Geschichte, Erscheinung und Funktion untersucht; befasst sich mit Kultur- und Lebensformen der »Alltagswelt« in Geschichte und Gegenwart. Sie analysiert sowohl Verhalten (Bräuche, Feste, Volksglauben usw.) als auch Volkskultur (Arbeit und Gerät, Hausrat, Tracht, Volkskunst, -recht, -dichtung usw.). Als interdisziplinärer Zweig bewegt sie sich gegenwärtig vornehmlich zw. Geschichte, Soziologie (empir. Sozialforschung) und Ethnologie (Kulturanthropologie; die auf den europ. Kulturkreis beschränkte V. wird heute auch als europäische Ethnologie bezeichnet).
Geschichte: In Dtl. ist die V.-Forschung eng mit der Herausbildung der wiss. Germanistik verbunden, v. a. durch die historisch-philolog. Forschungen der Brüder Grimm zu Märchen, Sage und Mythologie (dt. V.). Den gesellschaftsbezogen-empir. (sozialwiss.) Ansatz betonte W. H. Riehl. Mit zunehmender Industrialisierung wuchs das Interesse an vor- und nichtindustriellen Lebensformen; so wurde seit der Gründung kulturhistor. Museen mit volkskundl. Abteilungen sowie V.-Museen (u. a. Berlin 1889, Dresden 1896) zunehmend auch materielle Volkskultur dokumentiert; später entstanden Freilichtmuseen. Im ersten Drittel des 20. Jh. etablierte sich die V. als selbstständiges Fach an den Univ. und Hochschulen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine verstärkte theoret. Hinwendung zu den anthropolog. und empir. Sozialwissenschaften. Gleichzeitig wurde die Ergologie, in Ansätzen schon in den 1920er-Jahren betrieben, zum wiss. gleichberechtigten Teilgebiet der V. Die prakt. Forschungsarbeit im letzten Drittel des 20. Jh. führte insbesondere zur Erweiterung des Untersuchungsfeldes der V. unter kulturgeschichtl. Aspekt (histor. Volkskulturforschung, »neue Kulturgeschichte«; Historische Anthropologie).
▣ Literatur:
Bausinger, H.: V. Von der Altertumsforschung zur Kulturanalyse. Berlin u. a. 1971, Nachdr. Darmstadt 1987.
⃟ Wb. der dt. V., begr. v. O. A. Erich, bearb. v. R. Beitl u. a. Stuttgart 31974, Nachdr. Stuttgart 1981.
⃟ Greverus, I.-M. : Kultur u. Alltagswelt. Eine Einf. in Fragen der Kulturanthropologie. Sonderausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ Grundriß der V., hg. v. R. W. Brednich. Berlin 21994.
⃟ Geertz, C.: Spurenlesen. Der Ethnologe u. das Entgleiten der Fakten. A. d. Engl. München 1997.
⃟ Gerndt, H.: Studienskript V. Münster u. a. 31997.
⃟ V. im Spannungsfeld zw. Univ. u. Museum, hg. v. R.-E. Mohrmann u. a. Münster u. a. 1997.
⃟ Ethnohistorie. Rekonstruktion u. Kulturkritik. Eine Einf., hg. v. K. R. Wernhart u. W. Zips. Wien 1998.
⃟ Ethnologie. Einf. u. Überblick, hg. v. H. Fischer. Berlin u. a. 41998.
⃟ Grundzüge der V., Beiträge v. H. Bausinger u. a. Darmstadt 41999.
Volkskunde,Wiss. von den Verhaltensnormen und Gestaltungsmustern unterschiedlicher gesellschaftl. Gruppen, die sie unter dem Aspekt ihrer Geschichte, Erscheinung und Funktion untersucht; befasst sich mit Kultur- und Lebensformen der »Alltagswelt« in Geschichte und Gegenwart. Sie analysiert sowohl Verhalten (Bräuche, Feste, Volksglauben usw.) als auch Volkskultur (Arbeit und Gerät, Hausrat, Tracht, Volkskunst, -recht, -dichtung usw.). Als interdisziplinärer Zweig bewegt sie sich gegenwärtig vornehmlich zw. Geschichte, Soziologie (empir. Sozialforschung) und Ethnologie (Kulturanthropologie; die auf den europ. Kulturkreis beschränkte V. wird heute auch als europäische Ethnologie bezeichnet).
Geschichte: In Dtl. ist die V.-Forschung eng mit der Herausbildung der wiss. Germanistik verbunden, v. a. durch die historisch-philolog. Forschungen der Brüder Grimm zu Märchen, Sage und Mythologie (dt. V.). Den gesellschaftsbezogen-empir. (sozialwiss.) Ansatz betonte W. H. Riehl. Mit zunehmender Industrialisierung wuchs das Interesse an vor- und nichtindustriellen Lebensformen; so wurde seit der Gründung kulturhistor. Museen mit volkskundl. Abteilungen sowie V.-Museen (u. a. Berlin 1889, Dresden 1896) zunehmend auch materielle Volkskultur dokumentiert; später entstanden Freilichtmuseen. Im ersten Drittel des 20. Jh. etablierte sich die V. als selbstständiges Fach an den Univ. und Hochschulen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine verstärkte theoret. Hinwendung zu den anthropolog. und empir. Sozialwissenschaften. Gleichzeitig wurde die Ergologie, in Ansätzen schon in den 1920er-Jahren betrieben, zum wiss. gleichberechtigten Teilgebiet der V. Die prakt. Forschungsarbeit im letzten Drittel des 20. Jh. führte insbesondere zur Erweiterung des Untersuchungsfeldes der V. unter kulturgeschichtl. Aspekt (histor. Volkskulturforschung, »neue Kulturgeschichte«; Historische Anthropologie).
▣ Literatur:
Bausinger, H.: V. Von der Altertumsforschung zur Kulturanalyse. Berlin u. a. 1971, Nachdr. Darmstadt 1987.
⃟ Wb. der dt. V., begr. v. O. A. Erich, bearb. v. R. Beitl u. a. Stuttgart 31974, Nachdr. Stuttgart 1981.
⃟ Greverus, I.-M. : Kultur u. Alltagswelt. Eine Einf. in Fragen der Kulturanthropologie. Sonderausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ Grundriß der V., hg. v. R. W. Brednich. Berlin 21994.
⃟ Geertz, C.: Spurenlesen. Der Ethnologe u. das Entgleiten der Fakten. A. d. Engl. München 1997.
⃟ Gerndt, H.: Studienskript V. Münster u. a. 31997.
⃟ V. im Spannungsfeld zw. Univ. u. Museum, hg. v. R.-E. Mohrmann u. a. Münster u. a. 1997.
⃟ Ethnohistorie. Rekonstruktion u. Kulturkritik. Eine Einf., hg. v. K. R. Wernhart u. W. Zips. Wien 1998.
⃟ Ethnologie. Einf. u. Überblick, hg. v. H. Fischer. Berlin u. a. 41998.
⃟ Grundzüge der V., Beiträge v. H. Bausinger u. a. Darmstadt 41999.