Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Volkskultur
Volkskultur,Begriff der histor. und kultursoziolog. Forschung, der zunächst die kulturellen Muster im alltägl. Zusammenleben der Menschen in ihren histor., regionalen und sozialen Bezügen in den Mittelpunkt stellt. Dabei richtet sich der Blick - z. T. in Absetzung zu Hoch-, National- oder Elitenkultur - bes. auf kulturelle Erscheinungsformen, Ordnungs- und Verhaltensmuster von Gruppen, die - wie z. B. ländl. oder städt. Unterschichten, Dorfbevölkerungen, Arbeiter, sozial Benachteiligte oder versch. Minderheiten - bis dahin nicht im Zentrum der kulturwiss. und -histor. Forschung standen, die stärker am gesellschaftl. Fortschritt und seinen Trägergruppen ausgerichtet war.
Der Begriff wurde zu Beginn der 1960er-Jahre von H. Bausinger eingeführt und diente zunächst der soziologisch fundierten Neubegründung der Volkskunde. Die heutige Verbreitung des Begriffs reflektiert v. a. den interdisziplinär ausgerichteten Zugang zu den vormals vernachlässigten kulturellen Lebenspraktiken und -mustern der »kleinen Leute« (Histor. Anthropologie, Mentalitätsgesch., Ethnologie, Kultursoziologie; auch Literatur- und Kulturwiss.); es ergeben sich Überschneidungen des Begriffs zu Alltagskultur und populärer Kultur. - Neben der histor. Darstellung der Entwicklungen und z. T. auch der Transformationen und des Untergangs bestimmter alltagskultureller Verhaltensmuster und entsprechender Objektbereiche (Lieder, Literaturformen, ländl. Riten, Geschlechterordnung) stehen in der heutigen V.-Forschung v. a. Fragen der Rückerfindung von Traditionen, der Wechselbezug von traditionellen Formen zu modernen und postmodernen Entwicklungen (kulturelle Muster in der heutigen Alltags- und Konsumkultur; Warenästhetik, Moden, Massenkultur) u. Ä. im Zentrum.
▣ Literatur:
Thompson, E. P.: Plebeische Kultur u. moral. Ökonomie. Aufsätze zur engl. Sozialgeschichte des 18. u. 19. Jh. Frankfurt am Main u. a. 1980.
⃟ Burke, P.: Helden, Schurken u. Narren. Europ. V. in der frühen Neuzeit. A. d. Engl. Tb.-Ausg. München 1985.
⃟ Bausinger, H.: V. in der techn. Welt. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1986.
⃟ V. in der Moderne. Probleme u. Perspektiven empir. Kulturforschung, hg. v. U. Jeggle u. a. Reinbek 1986.
⃟ Greverus, I.-M.: Kultur u. Alltagswelt. Sonderausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ V. Zur Wiederentdeckung des vergessenen Alltags (16.-20. Jh. hg. v. R. van Dülmen u. N. Schindler. Frankfurt am Main 9.-10. Tsd. 1987.
⃟ Cohen, L. H.: Glas, Bohnen, Papier. Dinge des Alltags und was sie uns lehren. A. d. Amerikan. München u. a. 1998.
⃟ Volkskundl. Fallstudien. Profile empir. Kulturforschung heute, hg. v. B. Lauterbach u. C. Köck. Münster u. a. 1998.
Volkskultur,Begriff der histor. und kultursoziolog. Forschung, der zunächst die kulturellen Muster im alltägl. Zusammenleben der Menschen in ihren histor., regionalen und sozialen Bezügen in den Mittelpunkt stellt. Dabei richtet sich der Blick - z. T. in Absetzung zu Hoch-, National- oder Elitenkultur - bes. auf kulturelle Erscheinungsformen, Ordnungs- und Verhaltensmuster von Gruppen, die - wie z. B. ländl. oder städt. Unterschichten, Dorfbevölkerungen, Arbeiter, sozial Benachteiligte oder versch. Minderheiten - bis dahin nicht im Zentrum der kulturwiss. und -histor. Forschung standen, die stärker am gesellschaftl. Fortschritt und seinen Trägergruppen ausgerichtet war.
Der Begriff wurde zu Beginn der 1960er-Jahre von H. Bausinger eingeführt und diente zunächst der soziologisch fundierten Neubegründung der Volkskunde. Die heutige Verbreitung des Begriffs reflektiert v. a. den interdisziplinär ausgerichteten Zugang zu den vormals vernachlässigten kulturellen Lebenspraktiken und -mustern der »kleinen Leute« (Histor. Anthropologie, Mentalitätsgesch., Ethnologie, Kultursoziologie; auch Literatur- und Kulturwiss.); es ergeben sich Überschneidungen des Begriffs zu Alltagskultur und populärer Kultur. - Neben der histor. Darstellung der Entwicklungen und z. T. auch der Transformationen und des Untergangs bestimmter alltagskultureller Verhaltensmuster und entsprechender Objektbereiche (Lieder, Literaturformen, ländl. Riten, Geschlechterordnung) stehen in der heutigen V.-Forschung v. a. Fragen der Rückerfindung von Traditionen, der Wechselbezug von traditionellen Formen zu modernen und postmodernen Entwicklungen (kulturelle Muster in der heutigen Alltags- und Konsumkultur; Warenästhetik, Moden, Massenkultur) u. Ä. im Zentrum.
▣ Literatur:
Thompson, E. P.: Plebeische Kultur u. moral. Ökonomie. Aufsätze zur engl. Sozialgeschichte des 18. u. 19. Jh. Frankfurt am Main u. a. 1980.
⃟ Burke, P.: Helden, Schurken u. Narren. Europ. V. in der frühen Neuzeit. A. d. Engl. Tb.-Ausg. München 1985.
⃟ Bausinger, H.: V. in der techn. Welt. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1986.
⃟ V. in der Moderne. Probleme u. Perspektiven empir. Kulturforschung, hg. v. U. Jeggle u. a. Reinbek 1986.
⃟ Greverus, I.-M.: Kultur u. Alltagswelt. Sonderausg. Frankfurt am Main 1987.
⃟ V. Zur Wiederentdeckung des vergessenen Alltags (16.-20. Jh. hg. v. R. van Dülmen u. N. Schindler. Frankfurt am Main 9.-10. Tsd. 1987.
⃟ Cohen, L. H.: Glas, Bohnen, Papier. Dinge des Alltags und was sie uns lehren. A. d. Amerikan. München u. a. 1998.
⃟ Volkskundl. Fallstudien. Profile empir. Kulturforschung heute, hg. v. B. Lauterbach u. C. Köck. Münster u. a. 1998.