Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Volksislam
Volks|islam,in den traditionellen Verbreitungsgebieten des Islam praktizierte Form der Volksfrömmigkeit, die stark von der islam. Hochreligion durchdrungen ist, dabei auch an Überlieferungen anknüpft, die im Koran (z. B. Geisterglaube; Dschinn) und im Hadith (z. B. Heilzauberpraktiken) zwar tradiert sind, ihre Wurzeln aber in vorislam. Zeit haben. Eine große Rolle im V. spielen die Heiligen der islam. Mystik (Sufismus) sowie die sie verehrenden Bruderschaften, die regional (z. B. in Nordafrika) auch heute großen Einfluss besitzen. Der Gläubige selbst hofft darauf, durch die räuml. Nähe zu einem solchen Heiligen (z. B. einem Sufimeister) oder dessen Grab (z. B. dem eines Marabut) von den übersinnl. Gaben zu profitieren, die dem Heiligen zugesprochen werden (z. B. Krankenheilung oder Zukunftsschau). Die im V. gebräuchl. Amulette, Talismane, Tätowierungen, Zauberformeln (auch Koranverse) u. a. mag. Gegenstände werden als Mittel zur Abwehr von Gefahren wie dem bösen Blick, Krankheit oder Diebstahl betrachtet. - Muslime, die einem streng an den islam. Kerntraditionen orientierten Islam folgen, bes. die Wahhabiten, lehnen die Frömmigkeitspraxis des V. ab.
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