Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Vertriebene
Vertriebene,i. w. S. Personen, die ihre Wohn- und Heimatgebiete zwangsweise verlassen mussten (Vertreibung); i. e. S. dt. Staatsangehörige oder dt. Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz in den ehem. deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Dt. Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. 12. 1937 (sog. Volksdeutsche) hatten und diesen durch und nach dem Zweiten Weltkrieg infolge Umsiedlung und Vertreibung verloren haben (1950 in der Bundesrep. Dtl. und der DDR etwa 12,3 Mio.; Deutsche). - Gesetzl. Grundlage für die Kriegsfolgenrechte der V. ist das Bundesvertriebenen-Ges. von 1953 (jetzt gültig i. d. F. v. 2. 6. 1993). Danach sind V. auch diejenigen dt. Staatsangehörigen oder dt. Volkszugehörigen, die nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. 7. 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. 1. 1993 die früheren Ostgebiete des Dt. Reichs verlassen haben (Aussiedler). Unterschieden werden V., Heimat-V. (aus den früheren dt. Ostgebieten kommende V., die am 31. 12. 1937 oder vorher ihren Wohnsitz im Gebiet des Staates hatten, aus dem sie vertrieben wurden, und dieses Gebiet vor dem 1. 1. 1993 verlassen haben), Sowjetzonenflüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler. Ihre Eingliederung wurde u. a. durch Zulassung zur Berufs- und Gewerbeausübung, Kredite, steuerl. Vergünstigungen und Wohnraumversorgung gefördert. Durch Lastenausgleich sollte u. a. die wirtsch. und gesellschaftl. Eingliederung beschleunigt werden. Anträge auf Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichs-Ges. i. d. F. v. 2. 6. 1993 konnten vom berechtigten Personenkreis nur bis zum 31. 12. 1995 gestellt werden. V., die nach der Vertreibung ihren Wohnsitz in der DDR genommen und ihn dort bis zum 3. 10. 1990 beibehalten haben, erhalten anstelle einer Entschädigung nach dem Lastenausgleichs-Ges. eine einmalige Zahlung von 4 000 DM nach dem Vertriebenenzuwendungs-Ges. vom 27. 9. 1994. - Die V. wurden 1945/46 vorwiegend in landwirtsch. Gebiete gelenkt; in der Bundesrep. Dtl. erfolgte Ende Nov. 1949 bis Ende 1962 noch einmal eine Umlenkung der V. von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern in die übrigen Bundesländer. Die in der DDR verbliebenen V. (1945-49 4,4 Mio., dann bis auf 1,7 Mio. zurückgegangen; 1993 noch etwa 0,6 Mio.), dort Umsiedler gen., erhielten keinen Lastenausgleich; etwa 91 000 Familien wurden durch die Enteignungen im Zusammenhang mit der sog. Bodenreform (1945-49) auf dem Land angesiedelt. - Ein kleiner Teil der V. ist (seit 1948) in V.-Verbänden (Bund der V., gebildet 1957; Landsmannschaft) organisiert. In der »Charta der dt. Heimatvertriebenen« (5. 8. 1950) verpflichteten sich die Landsmannschaften der V. zum bedingungslosen Verzicht auf Rache oder Anwendung von Gewalt zur Wiedergewinnung der Heimat. Als polit. Interessenvertretung war in den 1950er-Jahren der »Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten« als Partei von einiger Bedeutung.
▣ Literatur:
Häusser, O.u. a.:Statusfeststellung nach dem Bundesvertriebenengesetz. Stuttgart u. a. 1990.
⃟ Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, hg. v. T. Schieder. 5 Bde. in 8 Tlen. Bonn 1954-61, Nachdr. 1984 u. 1993.
Vertriebene,i. w. S. Personen, die ihre Wohn- und Heimatgebiete zwangsweise verlassen mussten (Vertreibung); i. e. S. dt. Staatsangehörige oder dt. Volkszugehörige, die ihren Wohnsitz in den ehem. deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Dt. Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. 12. 1937 (sog. Volksdeutsche) hatten und diesen durch und nach dem Zweiten Weltkrieg infolge Umsiedlung und Vertreibung verloren haben (1950 in der Bundesrep. Dtl. und der DDR etwa 12,3 Mio.; Deutsche). - Gesetzl. Grundlage für die Kriegsfolgenrechte der V. ist das Bundesvertriebenen-Ges. von 1953 (jetzt gültig i. d. F. v. 2. 6. 1993). Danach sind V. auch diejenigen dt. Staatsangehörigen oder dt. Volkszugehörigen, die nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. 7. 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. 1. 1993 die früheren Ostgebiete des Dt. Reichs verlassen haben (Aussiedler). Unterschieden werden V., Heimat-V. (aus den früheren dt. Ostgebieten kommende V., die am 31. 12. 1937 oder vorher ihren Wohnsitz im Gebiet des Staates hatten, aus dem sie vertrieben wurden, und dieses Gebiet vor dem 1. 1. 1993 verlassen haben), Sowjetzonenflüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler. Ihre Eingliederung wurde u. a. durch Zulassung zur Berufs- und Gewerbeausübung, Kredite, steuerl. Vergünstigungen und Wohnraumversorgung gefördert. Durch Lastenausgleich sollte u. a. die wirtsch. und gesellschaftl. Eingliederung beschleunigt werden. Anträge auf Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichs-Ges. i. d. F. v. 2. 6. 1993 konnten vom berechtigten Personenkreis nur bis zum 31. 12. 1995 gestellt werden. V., die nach der Vertreibung ihren Wohnsitz in der DDR genommen und ihn dort bis zum 3. 10. 1990 beibehalten haben, erhalten anstelle einer Entschädigung nach dem Lastenausgleichs-Ges. eine einmalige Zahlung von 4 000 DM nach dem Vertriebenenzuwendungs-Ges. vom 27. 9. 1994. - Die V. wurden 1945/46 vorwiegend in landwirtsch. Gebiete gelenkt; in der Bundesrep. Dtl. erfolgte Ende Nov. 1949 bis Ende 1962 noch einmal eine Umlenkung der V. von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern in die übrigen Bundesländer. Die in der DDR verbliebenen V. (1945-49 4,4 Mio., dann bis auf 1,7 Mio. zurückgegangen; 1993 noch etwa 0,6 Mio.), dort Umsiedler gen., erhielten keinen Lastenausgleich; etwa 91 000 Familien wurden durch die Enteignungen im Zusammenhang mit der sog. Bodenreform (1945-49) auf dem Land angesiedelt. - Ein kleiner Teil der V. ist (seit 1948) in V.-Verbänden (Bund der V., gebildet 1957; Landsmannschaft) organisiert. In der »Charta der dt. Heimatvertriebenen« (5. 8. 1950) verpflichteten sich die Landsmannschaften der V. zum bedingungslosen Verzicht auf Rache oder Anwendung von Gewalt zur Wiedergewinnung der Heimat. Als polit. Interessenvertretung war in den 1950er-Jahren der »Gesamtdeutsche Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten« als Partei von einiger Bedeutung.
▣ Literatur:
Häusser, O.u. a.:Statusfeststellung nach dem Bundesvertriebenengesetz. Stuttgart u. a. 1990.
⃟ Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, hg. v. T. Schieder. 5 Bde. in 8 Tlen. Bonn 1954-61, Nachdr. 1984 u. 1993.