Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Verstädterung
Verstädterung,im dt. Sprachraum häufig Bez. für die Vermehrung, Vergrößerung oder Ausdehnung der Städte (nach Anzahl, Bev. oder Fläche) im Ggs. zur Urbanisierung, die die Ausbreitung städt. Lebens-, Wohn-, Sozial- oder Wirtschaftsformen bezeichnet. In internat. Vergleichen wird häufig von 20 000 Ew. ausgegangen, ab der eine Gemeinde als Stadt definiert wird (erhebl. Unterschiede in nat. Statistiken). V. meint einerseits einen Zustand (V.-Grad oder V.-Quote), d. h. den prozentualen Anteil der Stadt-Bev. an der Gesamt-Bev. eines bestimmten Raumes (z. B. eines Staates), zum anderen aber auch den Zuwachs des Anteils der Stadt-Bev. an der Gesamt-Bev. in einem bestimmten Zeitraum (V.-Rate). Während der Anteil der Stadt-Bev. an der Gesamt-Bev. der Erde um 1800 lediglich 3 % betrug, ist er zum Ausgang dieses Jh. auf rd. 50 % gestiegen. Die demograph. V. konzentriert sich dabei immer mehr auf die großen städt. Agglomerationen mit mehr als 1 Mio. Ew. (Metropolen). Der V.-Grad der Industrieländer ist mit 76 % höher als in den Entwicklungsländern mit 37 %, allerdings leben mittlerweile bereits mehr als zwei von drei Stadtbewohnern in der Dritten Welt.
Ursachen der V. sind neben statist. Umklassifizierung von bislang als »ländlich« aufgeführten Gemeinden insbesondere das hohe natürl. Bev.-Wachstum (v. a. in den Entwicklungsländern, wo die Geburtenüberschüsse heute wesentlich höher sind als in den Industriestaaten zur Zeit ihres raschesten Städtewachstums) und Wanderungsgewinne in der Migration (Land-Stadt-Wanderungen, Landflucht). Letztere sind durch »Push«-Faktoren (z. B. agrare Überbevölkerung und ländl. Besitzstrukturen in den Entwicklungsländern) und »Pull«-Faktoren (u. a. potenziell bessere Arbeitsmöglichkeiten in den Großstädten der Dritten Welt, Bedarf an städt. Konsumgütern) beeinflusst. Die negativen Folgen der V. wie Gesundheits- und Umweltbelastung, Ausbreitung von Elendsvierteln (Slum) machen sich insbesondere in Entwicklungsländern bemerkbar und bedürfen zu ihrer Reduzierung des Einsatzes stadt- und regionalplaner. Mittel (v. a. Bekämpfung der Landflucht, z. B. durch Investitionen in die Landwirtschaft).
Literatur:
H. Matzerath Städtewachstum u. innerstädt. Strukturveränderungen. Probleme des Urbanisierungsprozesses im 19. u. 20. Jh., hg. v. (1984).
W. Gaebe: Verdichtungsräume. Strukturen u. Prozesse in weltweiten Vergleichen (1987).
H. Häussermann u. W. Siebel: Neue Urbanität (1987).
Grundr. allg. Geographie, Bd. 10: Stadtgeographie, bearb. v. H. Heineberg (21989).
J. Bähr u. G. Mertins: Die lateinamerikan. Groß-Stadt. Verstädterungsprozesse u. Stadtstrukturen (1995).
Gentrification. Theorie u. Forschungsergebnisse, hg. v. J. Friedrichs u. R. Kecskes (1996).
L. Holzner: Stadtland USA (1996).
Die Stadt in Dtl. Aktuelle Entwicklung u. Probleme hg. v. B. Schäfers u. G. Wewer (1996).
J. Bähr: Bev.-Geographie. Verteilung u. Dynamik der Bev. in globaler, nat. u. regionaler Sicht (31997).
Mega-Cities. Die Metropolen des Südens zw. Globalisierung u. Fragmentierung, hg. v. P. Feldbauer u. a. (Wien 1997).
Die Städte in den 90er Jahren, hg. v. J. Friedrichs (1997).
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Verstädterung