Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Versicherung
Versicherung,Deckung eines durch zufällige Ereignisse hervorgerufenen schätzbaren Bedarfs unter (organisierter) Verteilung auf zahlr., gleichartig bedrohte Wirtschaftseinheiten oder Personen (Atomisierung des Risikos). Der Eintritt und die Höhe der Bedarfsfälle (z. B. der Schäden) lassen sich umso sicherer berechnen, je größer die Zahl der zu einer Gefahrengemeinschaft vereinigten Einheiten ist (Gesetz der großen Zahlen).Arten und Unternehmensformen: Die V. gliedert sich in die Sozialversicherung und die meist freiwillige Individual-V. (Assekuranz). Weitere Einteilungen sind: Personen-V., Sach-V. u. a. Vermögens-V., ferner Schaden- und Summen-V. (der Versicherer hat nach dem V.-Fall den vereinbarten Betrag an Kapital oder Rente zu zahlen). Die Mischformen zw. diesen V.-Arten sind vielgestaltig. Die V.-Arten liegt in den Händen von AGs, V.-Vereinen auf Gegenseitigkeit (VVaG) sowie öffentlich-rechtl. V.-Anstalten. Für die Lebens-, Unfall-, Haftpflicht-, Feuer- und Hagel-V. sind in Dtl. nur diese Unternehmensformen zugelassen. Die öffentlich-rechtl. Unternehmen, den VVaG sehr ähnlich, sind Organisationen (Anstalten oder Körperschaften) des öffentl. Rechts. Sie sind entweder Zwangs- (z. B. für die Gebäudefeuer-V.) oder Monopolversicherungsanstalten in einem bestimmten Gebiet oder stehen meist, wie z. B. die öffentlich-rechtlichen Lebensversicherungsanstalten, im freien Wettbewerb mit der Privat-V.; Pflicht-V. gibt es nur ausnahmsweise (z. B. Kraftfahrzeughaftpflicht-V.). Zu den Personen-V. gehören die Lebens-, Renten-, Kranken- und Unfall-V., zu den Sach- u. a. Vermögens-V. die Feuer-, Betriebsunterbrechungs-, Einbruchdiebstahl-, Hagel-, Tier-, Transport-, Kraftfahrt-, Haftpflicht-V. u. a. (Rückversicherung)Recht: Im öffentl. Interesse und zum Schutz des V.-Nehmers wurden die V.-Unternehmen (nicht die Sozial-V.) unter V.-Aufsicht gestellt. Für Privatunternehmen gelten das Versicherungsaufsichts-Ges. (VAG) und das Versicherungsvertrags-Ges. (VVG). Daneben sind für die in §§ 778 ff. HGB geregelte See-V. weitgehend die Allg. Seeversicherungsbedingungen gültig, während die See-V. nur vertraglich geregelt ist. Der Vertrag zw. der V.-Gesellschaft und dem V.-Nehmer (V.-Vertrag) kann nach dem VVG formlos geschlossen werden, der Versicherer muss dem V.-Nehmer eine Urkunde über den V.-Vertrag (V.-Schein, Police), seine allg. V.-Bedingungen (AVB) oder eine Verbraucherinformation aushändigen. Der V.-Nehmer hat die vertraglich bestimmte einmalige oder laufende Prämie zu zahlen. Er muss Gefahrenerhöhungen anzeigen und unverzüglich den Eintritt des V.-Falles melden.
In Österreich ist die Privat-V. im Versicherungsvertrags-Ges. geregelt. Vereinzelt (z. B. Kraftfahrt-V.) besteht V.-Zwang. Einzelne V.-Sparten werden staatlich gefördert. Die öffentl. (z. B. für Brandschaden) und privaten V.-Anstalten unterliegen der V.-Aufsicht. In der Schweiz regelt das Versicherungsvertrags-Ges. (VVG) den Abschluss privatrechtl. V.-Verträge (Vorschriften zum Schutze der V.-Nehmer). Der Abschluss von V.-Geschäften durch private Unternehmen unterliegt der Aufsicht des Bundes und ist bewilligungspflichtig.Geschichte: Erste Ansätze der V. finden sich im Altertum (Griechenland, Kleinasien, Rom); die Entwicklung der Erwerbs-V. beginnt mit dem Entstehen des Seeversicherungsvertrags (Italien, Ende 14. Jh.), während die V. auf Gegenseitigkeit im Raum german. Völker entstanden ist (z. B. Island, 1128). Durch Anwendung von Mathematik, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik wurde im 18. und 19. Jh. die Bildung größerer V.-Unternehmen ermöglicht.
Literatur:
W. Große Versicherungsenzyklopädie, hg. v. u. a., auf 5 Bde. ber. Wiesbaden 1991 ff.
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