Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Verjährung
Verjährung,1) Privatrecht: der Verlust der Durchsetzbarkeit eines Anspruchs, der innerhalb einer gesetzl. Frist (V.-Frist) nicht geltend gemacht worden ist (§§ 194 ff. BGB). Ansprüche verjähren regelmäßig in 30 Jahren. In vielen Fällen gelten kürzere V.-Fristen, wobei die zwei- und vierjährige V.-Frist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Anspruch entstand. Kürzere V.-Fristen gelten u. a. in folgenden Fällen: für Ansprüche des tägl. Lebens (z. B. Forderungen von Kaufleuten, Lohn) zwei Jahre; für Zinsen, Renten, Besoldung, Unterhalt u. a. vier Jahre; für Ansprüche aus unerlaubter Handlung drei Jahre (§ 852 BGB), für Minderungs- und Schadensersatzansprüche bei Kauf bewegl. Sachen sechs Monate (§ 477 BGB). Unterbrechung der V. tritt ein im Fall des Anerkenntnisses und der gerichtl. Geltendmachung (bereits durch Beantragung eines Mahnbescheids). Die Frist beginnt danach erneut zu laufen. Die Hemmung (Ruhen der V., d.h. der Ablauf der V.-Frist ist gehemmt) ist bei Stundung der Leistung gegeben. Die V.-Frist kann durch Rechtsgeschäft i. d. R. nicht verlängert, aber abgekürzt werden. - In Österreich verjähren Rechte i. Allg. nach 30 Jahren. Kürzere V.-Fristen bestehen weitgehend für Geschäftsforderungen u. Ä. In der Schweiz beträgt die ordentl. V.-Frist zehn Jahre. In fünf Jahren verjähren Forderungen für Miet-, Pacht- und Kapitalzinsen u. a. wiederkehrende Leistungen.
2) Steuerrecht: Steuerverjährung.
3) Strafrecht: Man unterscheidet Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungs-V. Die Strafverfolgung verjährt bei Vergehen und Verbrechen je nach Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe in 3, 5, 10, 20 oder 30 Jahren (§ 78 StGB). Die V. beginnt mit Beendigung der Straftat oder Eintritt eines strafbaren Erfolgs. Die Strafvollstreckung verjährt, je nach Höhe der verhängten Strafe, in 3, 5, 10, 20 oder 25 Jahren (§ 79 StGB). Die V. von Ordnungswidrigkeiten ist nach Höhe der angedrohten oder verhängten Geldbuße gestaffelt (§§ 31-34 Ordnungswidrigkeitengesetz). Jede richterl. Untersuchungshandlung unterbricht die Verfolgungs-V., die V.-Frist beginnt dann von neuem (§ 78 c StGB). Die V. ruht, solange die Vollstreckung nicht begonnen werden kann. Völkermord (§ 220 a StGB) sowie Mord (§ 211 StGB) verjähren nicht. In den neuen Bundesländern verjähren nach dem fortgeltenden § 84 StGB-DDR Verbrechen gegen den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte sowie Kriegsverbrechen nicht. Bei der Berechnung der V.-Frist für SED-Unrechtstaten, die aus polit. oder anderen Gründen nicht geahndet wurden, wird die Zeit vom 11. 10. 1949 bis 2. 10. 1990 nicht berücksichtigt (Ges. vom 26. 3. 1993). Die Verfolgung von Taten, die vor Ablauf des 31. 12. 1992 im Gebiet der DDR begangen worden sind und die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren bedroht sind, verjähren mit dem 2. 10. 2000; die Verfolgung von Taten, die vor Ablauf des 2. 10. 1990 begangen wurden und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedroht sind, verjährte am 31. 12. 1995. Mord, für den die Strafe nach dem Recht der DDR bestimmt werden muss, verjährt nicht (Art. 315 a Abs. 2, 3 Einführungs-Ges. zum StGB).
Nach dem österr. StGB verjährt die Strafbarkeit je nach angedrohter Strafe in 1, 3, 5, 10, 20 Jahren (§ 57); Straftaten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe belegt sind, unterliegen nicht der V. Die Frist für die Vollstreckungs-V. beträgt 5, 10, 15 Jahre; die Vollstreckung von Freiheitsstrafen über 10 Jahre und von lebenslangen Strafen verjährt nicht. Im schweizer. Strafrecht verjährt die Strafverfolgung, je nach der Schwere der Strafe, nach 5, 10 oder 20 Jahren, die Strafvollstreckung, je nach der Schwere der Strafe, in 5 bis 30 Jahren (Art. 70 ff. StGB).
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