Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Urteil
Urteil,1) Logik: in der traditionellen Logik ein Satz, der das Bestehen (oder Nichtbestehen) eines Sachverhaltes behauptet. U. werden nach der Qualität ihrer Aussage in affirmative (bejahende), negative (verneinende) U., nach der Verbindung (Relation) zw. Subjekt und Prädikat in kategorische (unbedingte), hypothetische (bedingt richtige), disjunktive (ausschließende) U., nach ihrem Gewissheitsgrad (Modalität) in problematische (mögliche), apodiktische (notwendige), assertorische (tatsächliche) U. und nach ihrer Leistung in synthetische (erkenntniserweiternde) und analytische U. (Erläuterungs-U., Tautologie) eingeteilt. Die moderne Logik betrachtet anstelle der U. Aussagen; das Urteilen wird zu den Sprechakten gerechnet.
2) Recht: schriftl. Entscheidung eines Gerichts, für die bestimmte Formvorschriften gelten. Das U. besteht i. d. R. aus dem U.-Eingang (Rubrum), der U.-Formel (Tenor), dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen, in einigen Verfahren auch aus der Rechtsmittelbelehrung. Gegen ein U. sind meist Rechtsmittel zulässig. Mit Ablauf der Rechtsmittelfristen wird es rechtskräftig. Im Zivilprozess (§§ 300 ff. ZPO) unterscheidet man Sach- und Prozess-U., je nachdem, ob sie über den Anspruch selbst oder über prozessuale Fragen, Zulässigkeit der Klage entscheiden, End- und Zwischen-U., je nachdem, ob sie über die Sache endgültig oder nur über einen Zwischenstreit (z. B. über den Grund des Anspruchs, während die Höhe weiter im Streit bleibt) entscheiden; Teil-U. ergehen nur über einen entscheidungsreifen Teil des Streitgegenstandes, Vorbehalts-U. werden nur unter Vorbehalt der Entscheidung über bestimmte Einwendungen des Beklagten (z. B. Aufrechnung) erlassen. Bei Ausbleiben einer Partei kann gegen sie ein Versäumnis-U. ergehen; erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch an, wird auf Antrag des Gegners ein Anerkenntnis-U. gegen sie erlassen. Verzichtet der Kläger auf den geltend gemachten Anspruch, kann ein Verzichts-U. ergehen. - Im Strafprozess (§§ 260 ff. StPO) wird das Hauptverfahren (Strafprozess) durch das U. abgeschlossen. Es besteht aus der U.-Formel, die verlesen werden muss, und den Gründen, deren wesentl. Inhalt zu verlesen oder mündlich mitzuteilen ist.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Urteil