Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Türkei
Türkei⃟ Fläche: 779 452 km2
Einwohner: (1995) 61,945 Mio.
Hauptstadt: Ankara
Verwaltungsgliederung: 75 Provinzen
Amtssprache: Türkisch
Nationalfeiertag: 29. 10.
Währung: 1 Türkisches Pfund/Türkische Lira (TL.) = 100 Kuruş (krş.)
Zeitzone: MEZ +1 Std.
(türk. Türkiye, amtl. Türkiye Cumhuriyeti), Staat in Vorderasien und SO-Europa. Die T. grenzt im N an das Schwarze Meer, im zentralen S und im W an das Mittelmeer. Die das Schwarze Meer und das Mittelmeer verbindende Wasserstraße Bosporus-Marmarameer-Dardanellen trennt die europ. T. (O-Thrakien) im W von der asiat. T. (Anatolien). O-Thrakien grenzt im W an Griechenland, im N an Bulgarien; Anatolien grenzt im NO an Georgien und Armenien, im O an Iran, im S an Irak und Syrien.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1982 (letzte Revision 1995) ist die T. eine parlamentar. Rep. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament auf sieben Jahre (keine Wiederwahl möglich) gewählte und mit weit reichenden Vollmachten ausgestattete Präs.; er ernennt den MinPräs. und auf dessen Vorschlag die Min., kann den Vorsitz im Min.rat übernehmen und hat das Recht, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Die Legislative liegt bei der Großen Nationalversammlung (550 Abg., für fünf Jahre gewählt). Einflussreichste Parteien: Demokrat. Linkspartei (DSP), Partei der Nat. Bewegung (MHP), Tugendpartei (FP), Mutterlandspartei (ANAP), Partei des Rechten Weges (DYP), Republikan. Volkspartei (CHP) und Demokrat. Partei des Volkes (Hadep, prokurdisch). Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist verboten.
Landesnatur: Außer einem kleinen Anteil an Europa umfasst die T. die Halbinsel Kleinasien und reicht im O bis zum Ararathochland mit dem höchsten Berg des Landes, dem Ararat (5 137 m ü. M.). Inneranatolien, ein 900-1 200 m ü. M. hohes steppenhaftes Hochland, ist von Bergzügen durchsetzt und von Gebirgen (im N Pont. Gebirge, im S Taurus, im W westanatol. Bergland) nach außen abgeschlossen. Hauptflüsse sind Kɪzɪlɪrmak im W sowie Euphrat und Tigris im O; zahlr. Seen, darunter Tuz Gölü und Vansee. - Thrakien und Inneranatolien haben kontinentales Klima mit heißen, trockenen Sommern und kalten, in Ostanatolien schneereichen Wintern. Ausreichende Niederschläge zu allen Jahreszeiten und gemäßigte Temperaturen hat die Schwarzmeerküste. Zum mittelmeer. Klimabereich (milde, feuchte Winter, trockene Sommer) gehören die westl. Küstenregion Anatoliens und der S-Fuß des Taurus.
Bevölkerung: Rd. 80 % sind Türken; v. a. im SO Anatoliens leben Kurden (12 Mio.); an der syr. Grenze Araber (1 %); ferner Griechen, Armenier (beide vorwiegend in Istanbul), Araber, Tscherkessen, Georgier, Lasen, Pomaken u. a. Am dichtesten besiedelt sind die Küstenzonen; 38 Städte haben mehr als 100 000 Ew.; durch ausgedehnte Binnenwanderungen starkes Wachstum der Stadtrandzonen (Gecekondu-Siedlungen). - Im Aug. 1997 wurde die allg. Schulpflicht von 5 auf 8 Jahre verlängert, um den Einfluss der islamist. Koranschulen zu verringern; es gibt 29 Univ., älteste Gründung in Kayseri (1206). - 98 % der Bev. sind Muslime (überwiegend Sunniten); in den Großstädten leben zahlr. zu den Schiiten gezählte Aleviten (meist kurd. Abstammung), die dem aufkommenden fundamentalist. Islam kritisch gegenüberstehen; kleine christl. Minderheiten (Griechen, Armenier, Syrer; insgesamt weniger als 100 000); etwa 25 000 Ladino sprechende Juden.
Wirtschaft, Verkehr: Charakteristisch ist ein starkes W-O-Gefälle zw. dem industriell entwickelten W und dem strukturschwachen, v. a. agrarisch ausgerichteten O. Die T. strebt die EU-Vollmitgliedschaft an. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft; im Bergland überwiegend Getreideanbau. Die wichtigsten landwirtsch. Ausfuhrprodukte sind Baumwolle (W- und S-Anatolien), frische und getrocknete Früchte, Haselnüsse (östl. Schwarzmeerküste, Raum Trabzon; weltgrößter Erzeuger und Exporteur) und Tabak (Hinterland von İzmir, am Marmarameer und am Schwarzen Meer). Die berühmten Smyrna-Feigen kommen aus dem Raum İzmir (heutiger Name von Smyrna); Weinbau (geringe Weinbereitung, v. a. Sultaninen und Tafeltrauben). Die Bewässerungsflächen sollen im Rahmen des Südostanatolien-Projekts erheblich ausgedehnt werden. Waldgebiete sind vorwiegend in Staatsbesitz. Als Nutzholz werden Nussbäume, Zedern, Kiefern, Pappeln und Weiden geschlagen. Die T. gehört zu den bed. Chromerzlieferanten (Abbau bei Güleman, Fethiye). Darüber hinaus werden Steinkohle (bei Zonguldak), Braunkohle und Eisenerz (bei Divriǧi) abgebaut, die beide den Aufbau einer eigenen Eisen- und Stahlind. (in Karabük, Ereǧli und İskenderun) ermöglichen. Zum Export gelangen auch Borax, Antimon, Quecksilber und Blisterkupfer. Bei Batman, im SO des Landes, wird Erdöl gefördert. Die Industrialisierung hat bed. Fortschritte gemacht. Der hohe Anteil von Staatsbetrieben wird seit 1986 durch Reprivatisierung zurückgedrängt. Die bedeutendsten Ind.standorte sind Istanbul, Ankara, İzmir, Adana und Bursa. Führender Zweig ist die Textilind. (Teppichknüpferei [Zentrum Kayseri]), es folgen Fahrzeug-, Landmaschinen- und Schiffbau, die Zement- und die chem. Ind.; Erdölraffinerien in Batman, Mersin, Derince bei İzmit und Aliaga bei İzmir. Hauptenergieträger ist das größtenteils importierte Erdöl (40 %). Mit den großen hydrotechn. Projekten am Euphrat (1992 Einweihung des Atatürk-Staudammes) ist der Bau mehrerer Wasserkraftwerke sowie ein großflächiges Bewässerungsprogramm in der Urfaebene verbunden. Wesentl. Deviseneinnahmen erbringt der Tourismus, der sich v. a. auf die W- und S-Küste sowie Istanbul konzentriert. Der größte Teil der Deviseneinkünfte stammt jedoch von den im Ausland arbeitenden Türken. - Das Verkehrsnetz umfasst 8 430 km (davon 567 km elektrifiziert) Bahnlinien und 59 000 km Straßen (über 75 % asphaltiert); Haupthäfen: Istanbul, İzmir. Größte internat. Flughäfen sind Istanbul und Ankara.
Geschichte:
Zur Vorgeschichte und vorosmanischen Geschichte des Gebiets der asiat. T. Kleinasien, Mittelmeerraum.Ausgangspunkt der Türkisierung und Islamisierung des heutigen Staatsgebiets der T. wurde das Sultanant der anatol. Seldschuken (Rumseldschuken) um Konya und Kayseri, das hier nach dem Sieg des Seldschukensultans Alp Arslan über Byzanz 1071 bei Mantzikert entstanden war. In der Folge drängten türk. Nomaden in großer Zahl nach Kleinasien, das unter den Rumseldschuken im 12. Jh. die erste islamisch geprägte Blüte erlebte. Der Auflösungsprozess, eingeleitet durch den Mongoleneinfall von 1243, ließ neue türk. Kleinstaaten entstehen, u. a. in NW-Anatolien ein Grenzfürstentum unter dem ogusischen Hordenführer Ertogul, dessen Sohn Osman I. Ghasi namengebend für das spätere Reich und seine Dynastie wurde. Das 1361 eroberte Adrianopel (Edirne) wurde Hptst. dieses Osman. Reiches, dem das Byzantin. Reich tributpflichtig wurde. Thrakien und Makedonien kamen 1371 nach dem Sieg über die Heere Serbiens, Ungarns, Bulgariens und Bosniens an der Maritza in osman. Besitz. Nach dem Sieg Murads I. (1359-89) auf dem Amselfeld 1389 wurde Serbien tributpflichtig, 1395 die Walachei; Bulgarien und Thessalien wurden 1393/94 erobert. Trotz der Niederlage gegen Timur-Leng 1402 bei Ankara blieb das Osman. Reich in seinem Grundbestand erhalten und konnte den letzten Kreuzzug zur Rettung des Byzantin. Reiches 1444 bei Warna abwehren. Der von J. Hunyadi organisierte Widerstand brach nach 1448 (Niederlage auf dem Amselfeld) zusammen; Muhammad II., der Eroberer (1451-81), annektierte das restl. Byzantin. Reich, eroberte Konstantinopel am 29. 5. 1453 und machte es zur Hptst. des Osman. Reiches. Durch seine größte Macht und Ausdehnung (15./16. Jh.) war es auch in Europa als polit. Faktor und Weltmacht ernst zu nehmen: 1454-63 wurden Serbien, Trapezunt und Bosnien türk. Provinzen (Paschaliks); der 2. Türkisch-Venezian. Krieg 1463-79 brachte die Peloponnes und Athen ein und sicherte die Herrschaft über Albanien; das Osman. Reich wurde zur beherrschenden Seemacht im östl. Mittelmeer (Sieg über Venedig im Seekrieg 1499-1503). Selim I., der Strenge (1512-20), unterwarf 1514 Armenien, 1516/17 Syrien und Ägypten. Der Sultan trug seit 1517 auch den Kalifentitel und übernahm den Schutz der hl. Stätten des Islam in Mekka und Medina. Süleiman II., der Prächtige (1520-66), besetzte Belgrad und nach der Schlacht von Mohács (29. 8. 1526) große Teile Ungarns; 1529 drang er bis Wien vor. Mesopotamien kam 1534, Tripolitanien 1551, Zypern 1570/71, Tunesien 1574 unter osman. Herrschaft. Süleimans Seemacht beherrschte durch seinen Admiral Cheireddin den S des Mittelmeeres. Auch im Innern schuf Süleiman eine zentrale Verw., die Jahrhunderte hindurch in Kraft blieb. Niedergang des Osmanischen Reiches (1566-1920/23): Bald nach der in Europa gefeierten vernichtenden Niederlage der türk. Flotte gegen die Hl. Liga (1571 bei Lepanto) begann der äußere und innere Verfall; neben den Janitscharen erlangten Zivilbeamte die Macht. Die örtl. Machthaber in den Provinzen wurden immer selbstständiger, Aufstände schwächten die Reg. der Hohen Pforte. Seit 1711 erlebten die Griechen eine Stärkung ihrer Stellung (Phanarioten). Die Reformen Selims III. (1789-1807) und seiner Nachfolger konnten das Auseinanderfallen des Reichs nicht aufhalten. Zwar wurde im 6. Türkisch-Venezian. Krieg (1645-69) Kreta erobert, doch mit der vergebl. Belagerung Wiens 1683 war die Kraft der osman. Armee erschöpft. Der nun folgende Große Türkenkrieg (1683-99) mit der Hl. Liga von 1684 endete mit großen Verlusten. Nach Österreich, Ungarn, Venedig, Polen und dem Hl. Röm. Reich wurde ab um 1750 Russland zum Hauptgegner der Osmanen (Türkenkriege). In den Friedensschlüssen von Küçük Kaynarci (1774) und Jassy (1792) zwang Russland die Osmanen, alle Gebiete im N des Schwarzen Meeres bis zum Dnjestr aufzugeben (weitere Gebietsverluste im Russisch-Türk. Krieg 1806-12). Frankreich, Großbritannien und Russland setzten nach dem Sieg über die türkisch-ägypt. Flotte bei Navarino (20. 10. 1827) die Unabhängigkeit der Griechen durch. Nach dem Russisch-Türk. Krieg von 1828/29 musste der Sultan die Autonomie Serbiens, der Moldau und der Walachei anerkennen (Frieden von Adrianopel 1829, Londoner Protokoll 1830). In der Folge des verlorenen Krimkrieges 1853/54-56 musste das Osman. Reich 1875 die Zahlungsunfähigkeit erklären. Trotz aller Reformbemühungen nahm die Schwäche des Reiches weiter zu (»Kranker Mann am Bosporus«). Nach dem Russisch-Türk. Krieg 1877/78 erhielten Serbien, Montenegro und Rumänien auf dem Berliner Kongress 1878 die volle Unabhängigkeit, Bulgarien nur z. T.; Bosnien und Herzegowina kamen unter österr. Verw., Zypern zu Großbritannien. Frankreich, das 1830-70 Algerien annektiert hatte, besetzte 1881 Tunesien, Großbritannien 1882 Ägypten. Die liberal-reformerisch und panislamisch ausgerichteten »Jungtürken« unter Enver Pascha und Talat Pascha setzten 1909 Sultan Abd Al Hamid II. (seit 1876) ab und entmachteten seinen Nachfolger Muhammad V. (1908-18). Doch die Schwächung des Reichs setzte sich fort: Unabhängigkeit Bulgariens (mit Rumelien) 1908; Verlust von Tripolis, der Cyrenaika und des Dodekanes im Italien.-Türk. Krieg 1911/12; fast völliger Verlust der verbliebenen europ. Besitzungen in den Balkankriegen 1912/13. Ansätze einer inneren Erneuerung verhinderte der Kriegseintritt auf der Seite der Mittelmächte am 1. 11. 1914. Im Ersten Weltkrieg gingen Irak, Palästina und Syrien verloren. Im Sykes-Picot-Geheimabkommen (1916) teilten Großbritannien und Frankreich das Osman. Reich in Einflusssphären auf. Zw. 1894 und 1921 mehrmalige blutige Armenierverfolgungen (Höhepunkt: 1915/16).
Im Vertrag von Sèvres 1920 musste sich die T. auf Kleinasien und einen Zipfel des europ. Festlandes beschränken und kam unter alliierte Kontrolle. Die Griechen besetzten 1919-22 İzmir; Istanbul und die Meerengen kamen 1918-23 unter alliierte Verw. Die vollständige Demobilisierung wurde von Mustafa Kemal Pascha (Kemal Atatürk) verhindert, der sich 1919 in Anatolien an die Spitze der nat. Widerstandsbewegung stellte und die Griechen aus den von ihnen besetzten westanatol. Gebieten vertrieb (Grch.-Türk. Krieg 1919-22). Im Frieden von Lausanne 1923 gewann die T. Teile O-Thrakiens sowie die volle Kontrolle über Anatolien mit Türkisch-Armenien zurück. Die Republik (seit 1923): Nach der Absetzung Muhammads VI. wurde am 29. 10. 1923 die Republik ausgerufen (Aufhebung des Kalifats am 3. 3. 1924). Kemal Atatürk (seitdem Präs.) bemühte sich, die T. zu einem europäisch orientierten, säkularen Nationalstaat zu formen (u. a. Einführung der lat. Schrift) und außenpolitisch durch Ausgleich mit den Siegermächten des Ersten Weltkrieges und den Nachbarstaaten abzusichern. - Im Zweiten Weltkrieg blieb die T. neutral. - 1952 wurde die T. Mitgl. der NATO, 1955 des Bagdadpakts (1959 CENTO). Gegen die regierende Republikan. Volkspartei gewann 1950 die konservative Demokrat. Partei die Wahlen: M. C. Bayar wurde Staatspräs.; als MinPräs. A. Menderes (ab 1950) infolge wirtsch. Schwierigkeiten die Unterstützung des Parlaments verlor, hielt er sich durch Unterdrückung der Opposition an der Macht (1960 durch Militärputsch gestürzt; 1961 hingerichtet). Unter MinPräs. S. Demirel (1965-71) kam es zur engen Anlehnung an den Westen. Die ungelöste Zypernfrage, blutige Studentenunruhen und zahlr. Terrorakte führten 1971 erneut zum Eingreifen des Militärs. MinPräs. B. Ecevit (ab 1974) löste durch sein Vorgehen im Konflikt mit Griechenland, v. a. durch die Besetzung des N-Teils von Zypern durch türk. Truppen 1974, nat. Begeisterung aus. Die instabile innenpolit. Situation ab 1975 beendete das Militär am 12. 9. 1980 durch einen unblutigen Militärputsch unter Generalstabschef K. Evren (1982-89 Staatspräs.). Alle polit. Aktivitäten wurden verboten. Es kam zu zahlr. willkürl. Verhaftungen, Hinrichtungen und anderen Menschenrechtsverletzungen (v. a. Verfolgung der in der T. lebenden Kurden seit Ausbruch der Kämpfe um ihre Autonomie im mehrheitlich von ihnen bewohnten SO-Anatolien, 1984). Bei den Parlamentswahlen 1983 und 1987 siegte jeweils die ANAP unter T. Özal (ab 1983 MinPräs., 1989 zum Staatspräs. gewählt). Im 1. und v. a. im 2. Golfkrieg gewährte die T. Hunderttausenden aus dem Irak flüchtenden Kurden beschränkte Aufnahme. Nach den Wahlen 1991 wurde S. Demirel MinPräs. einer DYP-SHP-Koalitionsreg.; nach seiner Wahl zum Staatspräs. (1993) folgte ihm mit T. Çiller (DYP) erstmals eine Frau im Amt des MinPräs. Bei den Parlamentswahlen vom Dez. 1995 wurde die von N. Erbakan geführte fundamentalistisch-islam. RP stärkste polit. Kraft. Das nach langwierigen Verhandlungen März 1996 erreichte Reg.bündnis von AVNAP und DYP zerbrach bereits im Juni 1996. Die folgende Koalitionsreg. von RP und DYP unter MinPräs. Erbakan verfolgte einen zunehmend islamist. Kurs. Sie trat im Juni 1997 unter dem Druck des Militärs, das nach wie vor eine außerparlamentar. Kraft darstellt, zurück. MinPräs. wurde erneut M. Yɪlmaz. Im Jan. 1998 wurde die RP, die im Parlament die größte Fraktion stellte, verboten. Im Nov. 1998 wurde die Reg. Yɪlmaz gestürzt; nach Neuwahlen (April 1999) wurde B. Ecevit MinPräs. einer Koalition aus DSP und MHP.
Der mit großer Härte geführte Kampf gegen die militant-separatist. PKK in SO-Anatolien sowie deren Guerillaaktionen (seit 1992/93 wieder verschärft) und die bisher unerfüllten Autonomieforderungen der dort lebenden Kurden sowie die Bekämpfung islamist.Tendenzen im öffentl. Leben blieben die größten innenpolit. Probleme; am 30. 5. 1999 begann der Hochverratsprozess gegen PKK-GenSekr. A. Öcalan (Todesstrafe beantragt).
▣ Literatur:
Louis, H.: Landeskunde der T. Stuttgart 1985.
⃟ Kirakossian, J. S.: The Armenian genocide. The young Turks before the judgement of history A. d. Armen., Madison, Conn., 1992.
⃟ Neumann-Adrian, M.: Die T. Ein Land u. seine 9000 Jahre Geschichte. Neuausg. München 1993.
⃟ Adanir, F.: Geschichte der Republik T. Mannheim u. a. 1995.
⃟ Höhfeld, V.: T. Schwellenland der Gegensätze. Gotha 1995.
⃟ Buhbe, M.: T. Politik u. Zeitgeschichte. Opladen 1996.
⃟ Sen, F.: T. München 41996.
⃟ Schubert, A.: Politische Ökonomie der Handelsliberalisierung in der T. 1980 - 1990. Gotha 1996.
⃟ Seufert, G.: Café Istanbul. Alltag, Religion u. Politik in der modernen T. München 1997.
⃟ Akkaya, Ç. u. a.: Länderbericht T. Darmstadt 1998.
⃟ Aslan, Y.: Die T. Von der West-Integration zur Ost-Wendung? Frankfurt am Main 1998.
⃟ Tibi, B.: Aufbruch am Bosporus. Die T. zwischen Europa u. Islamismus. München 1998.
Einwohner: (1995) 61,945 Mio.
Hauptstadt: Ankara
Verwaltungsgliederung: 75 Provinzen
Amtssprache: Türkisch
Nationalfeiertag: 29. 10.
Währung: 1 Türkisches Pfund/Türkische Lira (TL.) = 100 Kuruş (krş.)
Zeitzone: MEZ +1 Std.
(türk. Türkiye, amtl. Türkiye Cumhuriyeti), Staat in Vorderasien und SO-Europa. Die T. grenzt im N an das Schwarze Meer, im zentralen S und im W an das Mittelmeer. Die das Schwarze Meer und das Mittelmeer verbindende Wasserstraße Bosporus-Marmarameer-Dardanellen trennt die europ. T. (O-Thrakien) im W von der asiat. T. (Anatolien). O-Thrakien grenzt im W an Griechenland, im N an Bulgarien; Anatolien grenzt im NO an Georgien und Armenien, im O an Iran, im S an Irak und Syrien.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1982 (letzte Revision 1995) ist die T. eine parlamentar. Rep. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament auf sieben Jahre (keine Wiederwahl möglich) gewählte und mit weit reichenden Vollmachten ausgestattete Präs.; er ernennt den MinPräs. und auf dessen Vorschlag die Min., kann den Vorsitz im Min.rat übernehmen und hat das Recht, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Die Legislative liegt bei der Großen Nationalversammlung (550 Abg., für fünf Jahre gewählt). Einflussreichste Parteien: Demokrat. Linkspartei (DSP), Partei der Nat. Bewegung (MHP), Tugendpartei (FP), Mutterlandspartei (ANAP), Partei des Rechten Weges (DYP), Republikan. Volkspartei (CHP) und Demokrat. Partei des Volkes (Hadep, prokurdisch). Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ist verboten.
Landesnatur: Außer einem kleinen Anteil an Europa umfasst die T. die Halbinsel Kleinasien und reicht im O bis zum Ararathochland mit dem höchsten Berg des Landes, dem Ararat (5 137 m ü. M.). Inneranatolien, ein 900-1 200 m ü. M. hohes steppenhaftes Hochland, ist von Bergzügen durchsetzt und von Gebirgen (im N Pont. Gebirge, im S Taurus, im W westanatol. Bergland) nach außen abgeschlossen. Hauptflüsse sind Kɪzɪlɪrmak im W sowie Euphrat und Tigris im O; zahlr. Seen, darunter Tuz Gölü und Vansee. - Thrakien und Inneranatolien haben kontinentales Klima mit heißen, trockenen Sommern und kalten, in Ostanatolien schneereichen Wintern. Ausreichende Niederschläge zu allen Jahreszeiten und gemäßigte Temperaturen hat die Schwarzmeerküste. Zum mittelmeer. Klimabereich (milde, feuchte Winter, trockene Sommer) gehören die westl. Küstenregion Anatoliens und der S-Fuß des Taurus.
Bevölkerung: Rd. 80 % sind Türken; v. a. im SO Anatoliens leben Kurden (12 Mio.); an der syr. Grenze Araber (1 %); ferner Griechen, Armenier (beide vorwiegend in Istanbul), Araber, Tscherkessen, Georgier, Lasen, Pomaken u. a. Am dichtesten besiedelt sind die Küstenzonen; 38 Städte haben mehr als 100 000 Ew.; durch ausgedehnte Binnenwanderungen starkes Wachstum der Stadtrandzonen (Gecekondu-Siedlungen). - Im Aug. 1997 wurde die allg. Schulpflicht von 5 auf 8 Jahre verlängert, um den Einfluss der islamist. Koranschulen zu verringern; es gibt 29 Univ., älteste Gründung in Kayseri (1206). - 98 % der Bev. sind Muslime (überwiegend Sunniten); in den Großstädten leben zahlr. zu den Schiiten gezählte Aleviten (meist kurd. Abstammung), die dem aufkommenden fundamentalist. Islam kritisch gegenüberstehen; kleine christl. Minderheiten (Griechen, Armenier, Syrer; insgesamt weniger als 100 000); etwa 25 000 Ladino sprechende Juden.
Wirtschaft, Verkehr: Charakteristisch ist ein starkes W-O-Gefälle zw. dem industriell entwickelten W und dem strukturschwachen, v. a. agrarisch ausgerichteten O. Die T. strebt die EU-Vollmitgliedschaft an. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft; im Bergland überwiegend Getreideanbau. Die wichtigsten landwirtsch. Ausfuhrprodukte sind Baumwolle (W- und S-Anatolien), frische und getrocknete Früchte, Haselnüsse (östl. Schwarzmeerküste, Raum Trabzon; weltgrößter Erzeuger und Exporteur) und Tabak (Hinterland von İzmir, am Marmarameer und am Schwarzen Meer). Die berühmten Smyrna-Feigen kommen aus dem Raum İzmir (heutiger Name von Smyrna); Weinbau (geringe Weinbereitung, v. a. Sultaninen und Tafeltrauben). Die Bewässerungsflächen sollen im Rahmen des Südostanatolien-Projekts erheblich ausgedehnt werden. Waldgebiete sind vorwiegend in Staatsbesitz. Als Nutzholz werden Nussbäume, Zedern, Kiefern, Pappeln und Weiden geschlagen. Die T. gehört zu den bed. Chromerzlieferanten (Abbau bei Güleman, Fethiye). Darüber hinaus werden Steinkohle (bei Zonguldak), Braunkohle und Eisenerz (bei Divriǧi) abgebaut, die beide den Aufbau einer eigenen Eisen- und Stahlind. (in Karabük, Ereǧli und İskenderun) ermöglichen. Zum Export gelangen auch Borax, Antimon, Quecksilber und Blisterkupfer. Bei Batman, im SO des Landes, wird Erdöl gefördert. Die Industrialisierung hat bed. Fortschritte gemacht. Der hohe Anteil von Staatsbetrieben wird seit 1986 durch Reprivatisierung zurückgedrängt. Die bedeutendsten Ind.standorte sind Istanbul, Ankara, İzmir, Adana und Bursa. Führender Zweig ist die Textilind. (Teppichknüpferei [Zentrum Kayseri]), es folgen Fahrzeug-, Landmaschinen- und Schiffbau, die Zement- und die chem. Ind.; Erdölraffinerien in Batman, Mersin, Derince bei İzmit und Aliaga bei İzmir. Hauptenergieträger ist das größtenteils importierte Erdöl (40 %). Mit den großen hydrotechn. Projekten am Euphrat (1992 Einweihung des Atatürk-Staudammes) ist der Bau mehrerer Wasserkraftwerke sowie ein großflächiges Bewässerungsprogramm in der Urfaebene verbunden. Wesentl. Deviseneinnahmen erbringt der Tourismus, der sich v. a. auf die W- und S-Küste sowie Istanbul konzentriert. Der größte Teil der Deviseneinkünfte stammt jedoch von den im Ausland arbeitenden Türken. - Das Verkehrsnetz umfasst 8 430 km (davon 567 km elektrifiziert) Bahnlinien und 59 000 km Straßen (über 75 % asphaltiert); Haupthäfen: Istanbul, İzmir. Größte internat. Flughäfen sind Istanbul und Ankara.
Geschichte:
Zur Vorgeschichte und vorosmanischen Geschichte des Gebiets der asiat. T. Kleinasien, Mittelmeerraum.Ausgangspunkt der Türkisierung und Islamisierung des heutigen Staatsgebiets der T. wurde das Sultanant der anatol. Seldschuken (Rumseldschuken) um Konya und Kayseri, das hier nach dem Sieg des Seldschukensultans Alp Arslan über Byzanz 1071 bei Mantzikert entstanden war. In der Folge drängten türk. Nomaden in großer Zahl nach Kleinasien, das unter den Rumseldschuken im 12. Jh. die erste islamisch geprägte Blüte erlebte. Der Auflösungsprozess, eingeleitet durch den Mongoleneinfall von 1243, ließ neue türk. Kleinstaaten entstehen, u. a. in NW-Anatolien ein Grenzfürstentum unter dem ogusischen Hordenführer Ertogul, dessen Sohn Osman I. Ghasi namengebend für das spätere Reich und seine Dynastie wurde. Das 1361 eroberte Adrianopel (Edirne) wurde Hptst. dieses Osman. Reiches, dem das Byzantin. Reich tributpflichtig wurde. Thrakien und Makedonien kamen 1371 nach dem Sieg über die Heere Serbiens, Ungarns, Bulgariens und Bosniens an der Maritza in osman. Besitz. Nach dem Sieg Murads I. (1359-89) auf dem Amselfeld 1389 wurde Serbien tributpflichtig, 1395 die Walachei; Bulgarien und Thessalien wurden 1393/94 erobert. Trotz der Niederlage gegen Timur-Leng 1402 bei Ankara blieb das Osman. Reich in seinem Grundbestand erhalten und konnte den letzten Kreuzzug zur Rettung des Byzantin. Reiches 1444 bei Warna abwehren. Der von J. Hunyadi organisierte Widerstand brach nach 1448 (Niederlage auf dem Amselfeld) zusammen; Muhammad II., der Eroberer (1451-81), annektierte das restl. Byzantin. Reich, eroberte Konstantinopel am 29. 5. 1453 und machte es zur Hptst. des Osman. Reiches. Durch seine größte Macht und Ausdehnung (15./16. Jh.) war es auch in Europa als polit. Faktor und Weltmacht ernst zu nehmen: 1454-63 wurden Serbien, Trapezunt und Bosnien türk. Provinzen (Paschaliks); der 2. Türkisch-Venezian. Krieg 1463-79 brachte die Peloponnes und Athen ein und sicherte die Herrschaft über Albanien; das Osman. Reich wurde zur beherrschenden Seemacht im östl. Mittelmeer (Sieg über Venedig im Seekrieg 1499-1503). Selim I., der Strenge (1512-20), unterwarf 1514 Armenien, 1516/17 Syrien und Ägypten. Der Sultan trug seit 1517 auch den Kalifentitel und übernahm den Schutz der hl. Stätten des Islam in Mekka und Medina. Süleiman II., der Prächtige (1520-66), besetzte Belgrad und nach der Schlacht von Mohács (29. 8. 1526) große Teile Ungarns; 1529 drang er bis Wien vor. Mesopotamien kam 1534, Tripolitanien 1551, Zypern 1570/71, Tunesien 1574 unter osman. Herrschaft. Süleimans Seemacht beherrschte durch seinen Admiral Cheireddin den S des Mittelmeeres. Auch im Innern schuf Süleiman eine zentrale Verw., die Jahrhunderte hindurch in Kraft blieb. Niedergang des Osmanischen Reiches (1566-1920/23): Bald nach der in Europa gefeierten vernichtenden Niederlage der türk. Flotte gegen die Hl. Liga (1571 bei Lepanto) begann der äußere und innere Verfall; neben den Janitscharen erlangten Zivilbeamte die Macht. Die örtl. Machthaber in den Provinzen wurden immer selbstständiger, Aufstände schwächten die Reg. der Hohen Pforte. Seit 1711 erlebten die Griechen eine Stärkung ihrer Stellung (Phanarioten). Die Reformen Selims III. (1789-1807) und seiner Nachfolger konnten das Auseinanderfallen des Reichs nicht aufhalten. Zwar wurde im 6. Türkisch-Venezian. Krieg (1645-69) Kreta erobert, doch mit der vergebl. Belagerung Wiens 1683 war die Kraft der osman. Armee erschöpft. Der nun folgende Große Türkenkrieg (1683-99) mit der Hl. Liga von 1684 endete mit großen Verlusten. Nach Österreich, Ungarn, Venedig, Polen und dem Hl. Röm. Reich wurde ab um 1750 Russland zum Hauptgegner der Osmanen (Türkenkriege). In den Friedensschlüssen von Küçük Kaynarci (1774) und Jassy (1792) zwang Russland die Osmanen, alle Gebiete im N des Schwarzen Meeres bis zum Dnjestr aufzugeben (weitere Gebietsverluste im Russisch-Türk. Krieg 1806-12). Frankreich, Großbritannien und Russland setzten nach dem Sieg über die türkisch-ägypt. Flotte bei Navarino (20. 10. 1827) die Unabhängigkeit der Griechen durch. Nach dem Russisch-Türk. Krieg von 1828/29 musste der Sultan die Autonomie Serbiens, der Moldau und der Walachei anerkennen (Frieden von Adrianopel 1829, Londoner Protokoll 1830). In der Folge des verlorenen Krimkrieges 1853/54-56 musste das Osman. Reich 1875 die Zahlungsunfähigkeit erklären. Trotz aller Reformbemühungen nahm die Schwäche des Reiches weiter zu (»Kranker Mann am Bosporus«). Nach dem Russisch-Türk. Krieg 1877/78 erhielten Serbien, Montenegro und Rumänien auf dem Berliner Kongress 1878 die volle Unabhängigkeit, Bulgarien nur z. T.; Bosnien und Herzegowina kamen unter österr. Verw., Zypern zu Großbritannien. Frankreich, das 1830-70 Algerien annektiert hatte, besetzte 1881 Tunesien, Großbritannien 1882 Ägypten. Die liberal-reformerisch und panislamisch ausgerichteten »Jungtürken« unter Enver Pascha und Talat Pascha setzten 1909 Sultan Abd Al Hamid II. (seit 1876) ab und entmachteten seinen Nachfolger Muhammad V. (1908-18). Doch die Schwächung des Reichs setzte sich fort: Unabhängigkeit Bulgariens (mit Rumelien) 1908; Verlust von Tripolis, der Cyrenaika und des Dodekanes im Italien.-Türk. Krieg 1911/12; fast völliger Verlust der verbliebenen europ. Besitzungen in den Balkankriegen 1912/13. Ansätze einer inneren Erneuerung verhinderte der Kriegseintritt auf der Seite der Mittelmächte am 1. 11. 1914. Im Ersten Weltkrieg gingen Irak, Palästina und Syrien verloren. Im Sykes-Picot-Geheimabkommen (1916) teilten Großbritannien und Frankreich das Osman. Reich in Einflusssphären auf. Zw. 1894 und 1921 mehrmalige blutige Armenierverfolgungen (Höhepunkt: 1915/16).
Im Vertrag von Sèvres 1920 musste sich die T. auf Kleinasien und einen Zipfel des europ. Festlandes beschränken und kam unter alliierte Kontrolle. Die Griechen besetzten 1919-22 İzmir; Istanbul und die Meerengen kamen 1918-23 unter alliierte Verw. Die vollständige Demobilisierung wurde von Mustafa Kemal Pascha (Kemal Atatürk) verhindert, der sich 1919 in Anatolien an die Spitze der nat. Widerstandsbewegung stellte und die Griechen aus den von ihnen besetzten westanatol. Gebieten vertrieb (Grch.-Türk. Krieg 1919-22). Im Frieden von Lausanne 1923 gewann die T. Teile O-Thrakiens sowie die volle Kontrolle über Anatolien mit Türkisch-Armenien zurück. Die Republik (seit 1923): Nach der Absetzung Muhammads VI. wurde am 29. 10. 1923 die Republik ausgerufen (Aufhebung des Kalifats am 3. 3. 1924). Kemal Atatürk (seitdem Präs.) bemühte sich, die T. zu einem europäisch orientierten, säkularen Nationalstaat zu formen (u. a. Einführung der lat. Schrift) und außenpolitisch durch Ausgleich mit den Siegermächten des Ersten Weltkrieges und den Nachbarstaaten abzusichern. - Im Zweiten Weltkrieg blieb die T. neutral. - 1952 wurde die T. Mitgl. der NATO, 1955 des Bagdadpakts (1959 CENTO). Gegen die regierende Republikan. Volkspartei gewann 1950 die konservative Demokrat. Partei die Wahlen: M. C. Bayar wurde Staatspräs.; als MinPräs. A. Menderes (ab 1950) infolge wirtsch. Schwierigkeiten die Unterstützung des Parlaments verlor, hielt er sich durch Unterdrückung der Opposition an der Macht (1960 durch Militärputsch gestürzt; 1961 hingerichtet). Unter MinPräs. S. Demirel (1965-71) kam es zur engen Anlehnung an den Westen. Die ungelöste Zypernfrage, blutige Studentenunruhen und zahlr. Terrorakte führten 1971 erneut zum Eingreifen des Militärs. MinPräs. B. Ecevit (ab 1974) löste durch sein Vorgehen im Konflikt mit Griechenland, v. a. durch die Besetzung des N-Teils von Zypern durch türk. Truppen 1974, nat. Begeisterung aus. Die instabile innenpolit. Situation ab 1975 beendete das Militär am 12. 9. 1980 durch einen unblutigen Militärputsch unter Generalstabschef K. Evren (1982-89 Staatspräs.). Alle polit. Aktivitäten wurden verboten. Es kam zu zahlr. willkürl. Verhaftungen, Hinrichtungen und anderen Menschenrechtsverletzungen (v. a. Verfolgung der in der T. lebenden Kurden seit Ausbruch der Kämpfe um ihre Autonomie im mehrheitlich von ihnen bewohnten SO-Anatolien, 1984). Bei den Parlamentswahlen 1983 und 1987 siegte jeweils die ANAP unter T. Özal (ab 1983 MinPräs., 1989 zum Staatspräs. gewählt). Im 1. und v. a. im 2. Golfkrieg gewährte die T. Hunderttausenden aus dem Irak flüchtenden Kurden beschränkte Aufnahme. Nach den Wahlen 1991 wurde S. Demirel MinPräs. einer DYP-SHP-Koalitionsreg.; nach seiner Wahl zum Staatspräs. (1993) folgte ihm mit T. Çiller (DYP) erstmals eine Frau im Amt des MinPräs. Bei den Parlamentswahlen vom Dez. 1995 wurde die von N. Erbakan geführte fundamentalistisch-islam. RP stärkste polit. Kraft. Das nach langwierigen Verhandlungen März 1996 erreichte Reg.bündnis von AVNAP und DYP zerbrach bereits im Juni 1996. Die folgende Koalitionsreg. von RP und DYP unter MinPräs. Erbakan verfolgte einen zunehmend islamist. Kurs. Sie trat im Juni 1997 unter dem Druck des Militärs, das nach wie vor eine außerparlamentar. Kraft darstellt, zurück. MinPräs. wurde erneut M. Yɪlmaz. Im Jan. 1998 wurde die RP, die im Parlament die größte Fraktion stellte, verboten. Im Nov. 1998 wurde die Reg. Yɪlmaz gestürzt; nach Neuwahlen (April 1999) wurde B. Ecevit MinPräs. einer Koalition aus DSP und MHP.
Der mit großer Härte geführte Kampf gegen die militant-separatist. PKK in SO-Anatolien sowie deren Guerillaaktionen (seit 1992/93 wieder verschärft) und die bisher unerfüllten Autonomieforderungen der dort lebenden Kurden sowie die Bekämpfung islamist.Tendenzen im öffentl. Leben blieben die größten innenpolit. Probleme; am 30. 5. 1999 begann der Hochverratsprozess gegen PKK-GenSekr. A. Öcalan (Todesstrafe beantragt).
▣ Literatur:
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