Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Täufer
Täufer,von der Kirchengeschichtsschreibung geprägte zusammenfassende Bez. für in der Reformationszeit entstandene christl. Gemeinschaften, die die Kindertaufe als unbiblisch ablehnen und an ihrer Stelle die Erwachsenentaufe üben; deshalb nach ihrem Entstehen polemisch Wiedertäufer (Anabaptisten) genannt. Kirchengeschichtlich werden die T. weitgehend dem spiritualist. Flügel der Reformation zugerechnet (Spiritualismus). Die Grundlagen des Täufertums bilden das Verständnis der Taufe als Erwachsenentaufe, d. h. bewusst vollzogenen individuellen Bekenntnisakt (»Glaubenstaufe«), und der christl. Gemeinde als freiwilligen Zusammenschluss mündiger Christen, die das Christentum authentisch leben wollen. Die von den Täufergemeinschaften angestrebte Wiederherstellung des wahren Christentums in der Welt ist nach täufer. Verständnis wesentlich auch mit der Herstellung sozial gerechter Verhältnisse verbunden, für die die Gemeinden Beispiele sein wollen. Die erste T.-Gemeinde entstand 1525 in Zürich. Radikale Auffassungen innerhalb des an sich »friedfertigen« Täufertums (wohl v. a. unter dem Druck einsetzender Verfolgungen entstanden) führten 1534 zur Errichtung des T.-Reichs von Münster, das 16 Monate bestand und unter seinen Führern Johann Bockelson (* 1509, hingerichtet 1536) und B. Knipperdolling die Form einer Schreckensherrschaft annahm, durch die das Täufertum insgesamt für lange Zeit diskreditiert wurde. Die sich seit dem 16. Jh. bildenden T.-Gemeinschaften (z. B. Mennoniten und Hutterer [Hutter]) wurden von Anfang an oft grausam verfolgt. Zur Auswanderung gezwungen, ließen sie sich zunächst v. a. in Polen und Mähren, später bes. in Russland und Nordamerika nieder, wo das Täufertum heute in versch. Gemeinschaften (z. B. den Amische) fortlebt.
Literatur:
Goertz, H. J.: Die T. Geschichte u. Deutung. München 21988.
Staeck, F. u. Welsch, C.: Ketzer, T., Utopisten. Pfaffenweiler 1991.
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