Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tschechische Republik
Tschẹchische Republik ⃟ Fläche: 78 866 km2
Einwohner: (1997)10,307 Mio.
Hauptstadt: Prag
Verwaltungsgliederung: Hauptstadt Prag und 13 Bezirke
Amtssprache: Tschechisch
Nationalfeiertage: 8. 5., 5. 7., 6. 7., 28. 10.
Währung: 1 Tschech. Krone (Kč) = 100 Heller (h)
Zeitzone: MEZ
(amtlich tschech. Česká Republika, Abk. ČR, dt. Tschech. Rep., Tschechien), Staat in Mitteleuropa; grenzt im W und NW an Dtl., im N und NO an Polen, im SO an die Slowak. Rep. und im S an Österreich.
Staat und Recht: Nach der am 1. 1. 1993 in Kraft getretenen Verf. (mehrfach, zuletzt 1998, revidiert) ist die T. R. eine souveräne, demokrat. Rep. mit parlamentar. Reg.system. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament auf fünf Jahre gewählte Präs. (maximal zwei Legislaturperioden zulässig). Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, vertritt das Land nach außen und verfügt über ein Vetorecht im Gesetzgebungsverfahren. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Abg.haus (200 Abg., auf vier Jahre gewählt) und dem Senat (81 Mitgl., auf sechs Jahre gewählt). Träger der Exekutivgewalt ist die Reg. unter Vorsitz des vom Präs. ernannten MinPräs., die dem Abg.haus verantwortlich ist. Einflussreichste Parteien: Tschech. Sozialdemokrat. Partei (ČSSD), Demokrat. Bürgerpartei (ODS), Kommunist. Partei Böhmens und Mährens (KSČM), Christlich-Demokrat. Union - Tschech. Volkspartei (KDU-ČSL) und Freiheitsunion (US).
Landesnatur: Das von Moldau und Elbe entwässerte, von kleinen Mittelgebirgen durchsetzte Böhm. Becken bildet den zentralen Landesteil. Es wird an den Rändern von waldreichen Mittelgebirgen (im SW Böhmerwald, im NW Erzgebirge, im NO Sudeten mit dem höchsten Punkt der T. R., der Schneekoppe mit 1 602 m ü. M. im Riesengebirge u. a.) eingerahmt. Die flachwelligen Höhenzüge der Böhmisch-Mähr. Höhe im SO trennen es von der fruchtbaren Marchsenke, die im O von den W-Karpaten begrenzt wird und nach SO zu in das Donautiefland übergeht. Das Klima ist im W durch ozean. Einfluss mild, im O gemäßigt kontinental. Die Gebirgsumrahmung schützt die sommerwarmen, wintermilden Beckenlandschaften vor Kaltlufteinbrüchen. Kälteste und auch niederschlagsreichste Gebiete sind die Kämme der böhm. Randgebirge (bis über 1 000 mm); klimatisch begünstigt sind das Elbegebiet und die Marchniederung.
Bevölkerung: 94,9 % der Bev. sind Tschechen, 3 % Slowaken, 0,6 % Polen, 0,5 % Deutsche (1930: 29,2 %) und 1,0 % Angehörige anderer Nationalitäten, u. a. etwa 300 000 Roma. Am dichtesten sind Mittelböhmen mit dem Zentrum Prag sowie die Ind.regionen in N-Böhmen und N-Mähren, am schwächsten SW-Böhmen (Böhmerwald) besiedelt. - Neunjährige Schulpflicht vom 7. bis 15. Lebensjahr; drei Univ. (Karls-Univ. in Prag, 1348 gegr.; Olmütz, Brünn) sowie die Neugründungen in Troppau, Pilsen und Aussig, zwei TH, Hochschulen. - Zur kath. Kirche gehören rd. 40 % der Bev., rd. 40 % sind nicht religiös gebunden; Minderheiten bilden die Tschechoslowak. Hussit. Kirche, die Evang. Kirche der Böhm. Brüder und die orth. Kirche.
Wirtschaft, Verkehr: Ab 1990 eingeleitete Reformen zielen auf eine Umstrukturierung der ehem. Planwirtschaft in ein marktwirtsch. System ab. Seit 1991 wurden die meisten Kleinbetriebe sowie einige wirtsch. rentable Mittel- und Großbetriebe privatisiert (»Kleine Privatisierung«); die unrentableren Mittel- und Großbetriebe (etwa die Hälfte des Nationaleigentums der T. R.), werden durch Direktverkauf, Versteigerungen, Umwandlung in Aktiengesellschaften und Verkauf mittels Coupon (Voucherprivatisierung) in Privateigentum überführt (»Große Privatisierung«). Führender Zweig ist eine energieintensive Industrie, basierend auf Stein- (im Gebiet von Ostrau-Karviná, bei Kladno und Pilsen) und Braunkohlenbergbau (Nordböhm. Becken: Sokolov, Komotau, Most). Bei Vernachlässigung der Konsumgüterind. entwickelten sich bes. die Schwerind. (Gebiet von Ostrau-Karviná mit Roheisen-, Stahl- und Walzstahlerzeugung) und der Maschinenbau (Prag, Pilsen, Brünn, Ostrau) mit Schwer- und Präzisionsmaschinenbau sowie spezialisiertem Fahrzeugbau, gefolgt von der chem. Ind.; ferner Baustoff-, elektrotechn., Leicht- (bes. Glas-, Keramik-), Nahrungs- und Genussmittelind.; weltbekannt sind die Bierbrauereien in Pilsen, Budweis und Prag. In der Landwirtschaft werden Weizen, Gerste (bes. Braugerste), Roggen, Zuckerrüben und Kartoffeln, ferner Flachs, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Wein und Hopfen erzeugt; in der Viehwirtschaft Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung; im Gebirge auch Schafhaltung. Teichwirtschaft (v. a. Karpfen) in S-Böhmen; Forstwirtschaft in den Gebirgen (stark geschädigte Wälder). Zahlr. Erholungsgebiete mit Kurorten (u. a. Špindlerův Mlýn [Spindlermühle]) und Bädern (u. a. das Bäderdreieck Karlsbad - Marienbad - Franzensbad). - Wichtigster Verkehrsträger ist die Eisenbahn: 9 454 km (2 597 km elektrifiziert); Straßennetz: 55 800 km. Autobahnen sind im Ausbau, eine der wichtigsten Strecken verläuft von N über Prag nach Brünn und weiter nach Preßburg (Slowak. Rep.). Der Binnenstaat verfügt über eine eigene Handelsflotte (Freihafenrechte in Hamburg und Stettin). Prag hat einen internat. Flughafen.
Geschichte: Die ehemaligen tschech. Kronländer Böhmen, Mähren und (ehem. Österreichisch-)Schlesien gehörten 1620-1918 zu Österreich-Ungarn (das Hultschiner Ländchen 1742-1918 zu Preußen); 1918-39 bildeten sie den dominierenden Teil der ČSR (1927 Zusammenlegung von Mähren und Schlesien zu Mährisch-Schlesien [tschech. Morava a Slezsko]). Nach der Zerschlagung der ČSR im Münchener Abkommen entstand aus ihnen das dt. »Protektorat Böhmen und Mähren« (1939-45), während das Sudetenland dt. Reichsgau wurde (1938-45). Nach 1945 wieder dominierender Teil der (seit 1948) kommunistisch regierten ČSSR (Tschechoslowakei [Geschichte]), wurden die Tschech. Länder (tschech. České země) nach Niederschlagung des Prager Frühlings (Aug. 1968) und der Umwandlung der ČSSR in einen Föderativstaat (ab 1. 1. 1969) als Tschech. Sozialist. Rep. zu einem der beiden offiziell gleichberechtigten Nationalstaaten der ČSSR (mit eigener Reg., Verf. und Parlament; jedoch ohne prakt. Bedeutung). Erst nach Zusammenbruch der kommunist. Herrschaft im Zuge der »sanften« (»samtenen«) Revolution (Zentrum: Prag) 1989/90 erfolgte im Frühjahr 1990 die wirkl. Umwandlung in eine föderative Rep. (T. R.) innerhalb der ČSFR. Die ersten freien Parlamentswahlen am 8./9. 6. 1990 gewann das Bürgerforum (OF); P. Pithart (OF; seit Mai 1991 Bürgerbewegung, OH) wurde MinPräs. einer Koalitionsreg. aus OF und (tschech.) Volkspartei (SL) aus dem Wahlbündnis Christdemokrat. Union (KDU). Autonomiebestrebungen in Schlesien und Mähren (politisch getragen von der Gesellschaft für Mähren und Schlesien) blieben bedeutungslos. Febr.-Mai 1991 spaltete sich das Bürgerforum in die starke ODS, die ODA und die (seit Juni 1992 bedeutungslose) OH. Bei den Wahlen am 5./6. 6. 1992 wurde die ODS stärkste Partei und V. Klaus am 2. 7. 1992 neuer MinPräs. Da er in den Verhandlungen mit dem slowak. MinPräs. V. Mecìar den Erhalt des Bundesstaates in seiner bisherigen Form nicht durchsetzen konnte, kam es am 20. 7. 1992 zur Vereinbarung über die Trennung der beiden Teilrep.; am 1. 1. 1993 trat sie mit der Auflösung der ČSFR in Kraft. Am 26. 1. 1993 wurde V. Havel zum Staatspräs. der T. R. gewählt (1998 wieder gewählt). Außenpolitisch bemühte sich die T. R. um einen schnellen Anschluss an die EU und die NATO (seit 1993 Mitgl. des Europarats, 1993 Assoziierungsabkommen mit der EU und Unterzeichnung des NATO-Programms »Partnerschaft für den Frieden«, 1996 Antrag auf EU-Vollmitgliedschaft). Mit der Unterzeichnung einer dt.-tschech. Versöhnungserklärung (Dez. 1996/Jan. 1997) wurde die Grundlage zu einer Normalisierung zw. beiden Staaten geschaffen. Bei den Parlamentswahlen von 1996 verlor die bürgerl. Koalition unten MinPräs. V. Klaus die absolute Mehrheit und war seitdem als Minderheitsreg. auf die Unterstützung der Sozialdemokratie angewiesen. Nach dem Rücktritt von Reg.chef Klaus (Nov. 1997) wurde J. Tošovský (parteilos) im Dez. 1997 zum MinPräs. berufen. Aus der Parlamentswahl vom Juni 1998 gingen die Sozialdemokraten als stärkste Kraft hervor; deren Vors. M. Zeman wurde MinPräs. Im März 1999 trat die T. R. der NATO bei.
▣ Literatur:
Schwarz, K.-P.: Tschechen u. Slowaken. Der lange Weg zur friedl. Trennung. Wien u. a. 1993.
⃟ Juchler, J.: Osteuropa im Umbruch. Polit., wirtschaftl. u. gesellschaftl. Entwicklungen 1989-93. Zürich 1994.
⃟ Keilhofer, F. X.: Wirtschaftl. Transformation in der Tschech. Republik u. in der Slowak. Republik. Stuttgart 1995.
⃟ Tschechien, Slowakei, Text v. M. Frank u. a., Fotos v. A. M. Mosler. München 1996.
⃟ Vodicka, K.: Politisches System Tschechiens. Münster 1996.
⃟ Brogiato, H. P.: Tschechoslowakei - Tschechien - Slowakei. Literatur in westlichen Sprachen 1975 - 1995. Frankfurt am Main 1997.
⃟ Burgerstein, J.: Tschechien. München 1998.
⃟ Identität, Integrität, Integration. Beiträge zur politischen Ideengeschichte Tschechiens, hg. v. R. Kippke. Münster 1998.
⃟ Vodicka, K.: Politisches System Tschechiens. Münster 1996.
⃟ Pesendorfer, D.: Der Restaurationsprozeß des Kapitalismus in der ehemaligen Tschechoslowakei. Frankfurt am Main 1998.
Einwohner: (1997)10,307 Mio.
Hauptstadt: Prag
Verwaltungsgliederung: Hauptstadt Prag und 13 Bezirke
Amtssprache: Tschechisch
Nationalfeiertage: 8. 5., 5. 7., 6. 7., 28. 10.
Währung: 1 Tschech. Krone (Kč) = 100 Heller (h)
Zeitzone: MEZ
(amtlich tschech. Česká Republika, Abk. ČR, dt. Tschech. Rep., Tschechien), Staat in Mitteleuropa; grenzt im W und NW an Dtl., im N und NO an Polen, im SO an die Slowak. Rep. und im S an Österreich.
Staat und Recht: Nach der am 1. 1. 1993 in Kraft getretenen Verf. (mehrfach, zuletzt 1998, revidiert) ist die T. R. eine souveräne, demokrat. Rep. mit parlamentar. Reg.system. Staatsoberhaupt ist der vom Parlament auf fünf Jahre gewählte Präs. (maximal zwei Legislaturperioden zulässig). Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, vertritt das Land nach außen und verfügt über ein Vetorecht im Gesetzgebungsverfahren. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Abg.haus (200 Abg., auf vier Jahre gewählt) und dem Senat (81 Mitgl., auf sechs Jahre gewählt). Träger der Exekutivgewalt ist die Reg. unter Vorsitz des vom Präs. ernannten MinPräs., die dem Abg.haus verantwortlich ist. Einflussreichste Parteien: Tschech. Sozialdemokrat. Partei (ČSSD), Demokrat. Bürgerpartei (ODS), Kommunist. Partei Böhmens und Mährens (KSČM), Christlich-Demokrat. Union - Tschech. Volkspartei (KDU-ČSL) und Freiheitsunion (US).
Landesnatur: Das von Moldau und Elbe entwässerte, von kleinen Mittelgebirgen durchsetzte Böhm. Becken bildet den zentralen Landesteil. Es wird an den Rändern von waldreichen Mittelgebirgen (im SW Böhmerwald, im NW Erzgebirge, im NO Sudeten mit dem höchsten Punkt der T. R., der Schneekoppe mit 1 602 m ü. M. im Riesengebirge u. a.) eingerahmt. Die flachwelligen Höhenzüge der Böhmisch-Mähr. Höhe im SO trennen es von der fruchtbaren Marchsenke, die im O von den W-Karpaten begrenzt wird und nach SO zu in das Donautiefland übergeht. Das Klima ist im W durch ozean. Einfluss mild, im O gemäßigt kontinental. Die Gebirgsumrahmung schützt die sommerwarmen, wintermilden Beckenlandschaften vor Kaltlufteinbrüchen. Kälteste und auch niederschlagsreichste Gebiete sind die Kämme der böhm. Randgebirge (bis über 1 000 mm); klimatisch begünstigt sind das Elbegebiet und die Marchniederung.
Bevölkerung: 94,9 % der Bev. sind Tschechen, 3 % Slowaken, 0,6 % Polen, 0,5 % Deutsche (1930: 29,2 %) und 1,0 % Angehörige anderer Nationalitäten, u. a. etwa 300 000 Roma. Am dichtesten sind Mittelböhmen mit dem Zentrum Prag sowie die Ind.regionen in N-Böhmen und N-Mähren, am schwächsten SW-Böhmen (Böhmerwald) besiedelt. - Neunjährige Schulpflicht vom 7. bis 15. Lebensjahr; drei Univ. (Karls-Univ. in Prag, 1348 gegr.; Olmütz, Brünn) sowie die Neugründungen in Troppau, Pilsen und Aussig, zwei TH, Hochschulen. - Zur kath. Kirche gehören rd. 40 % der Bev., rd. 40 % sind nicht religiös gebunden; Minderheiten bilden die Tschechoslowak. Hussit. Kirche, die Evang. Kirche der Böhm. Brüder und die orth. Kirche.
Wirtschaft, Verkehr: Ab 1990 eingeleitete Reformen zielen auf eine Umstrukturierung der ehem. Planwirtschaft in ein marktwirtsch. System ab. Seit 1991 wurden die meisten Kleinbetriebe sowie einige wirtsch. rentable Mittel- und Großbetriebe privatisiert (»Kleine Privatisierung«); die unrentableren Mittel- und Großbetriebe (etwa die Hälfte des Nationaleigentums der T. R.), werden durch Direktverkauf, Versteigerungen, Umwandlung in Aktiengesellschaften und Verkauf mittels Coupon (Voucherprivatisierung) in Privateigentum überführt (»Große Privatisierung«). Führender Zweig ist eine energieintensive Industrie, basierend auf Stein- (im Gebiet von Ostrau-Karviná, bei Kladno und Pilsen) und Braunkohlenbergbau (Nordböhm. Becken: Sokolov, Komotau, Most). Bei Vernachlässigung der Konsumgüterind. entwickelten sich bes. die Schwerind. (Gebiet von Ostrau-Karviná mit Roheisen-, Stahl- und Walzstahlerzeugung) und der Maschinenbau (Prag, Pilsen, Brünn, Ostrau) mit Schwer- und Präzisionsmaschinenbau sowie spezialisiertem Fahrzeugbau, gefolgt von der chem. Ind.; ferner Baustoff-, elektrotechn., Leicht- (bes. Glas-, Keramik-), Nahrungs- und Genussmittelind.; weltbekannt sind die Bierbrauereien in Pilsen, Budweis und Prag. In der Landwirtschaft werden Weizen, Gerste (bes. Braugerste), Roggen, Zuckerrüben und Kartoffeln, ferner Flachs, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Wein und Hopfen erzeugt; in der Viehwirtschaft Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltung; im Gebirge auch Schafhaltung. Teichwirtschaft (v. a. Karpfen) in S-Böhmen; Forstwirtschaft in den Gebirgen (stark geschädigte Wälder). Zahlr. Erholungsgebiete mit Kurorten (u. a. Špindlerův Mlýn [Spindlermühle]) und Bädern (u. a. das Bäderdreieck Karlsbad - Marienbad - Franzensbad). - Wichtigster Verkehrsträger ist die Eisenbahn: 9 454 km (2 597 km elektrifiziert); Straßennetz: 55 800 km. Autobahnen sind im Ausbau, eine der wichtigsten Strecken verläuft von N über Prag nach Brünn und weiter nach Preßburg (Slowak. Rep.). Der Binnenstaat verfügt über eine eigene Handelsflotte (Freihafenrechte in Hamburg und Stettin). Prag hat einen internat. Flughafen.
Geschichte: Die ehemaligen tschech. Kronländer Böhmen, Mähren und (ehem. Österreichisch-)Schlesien gehörten 1620-1918 zu Österreich-Ungarn (das Hultschiner Ländchen 1742-1918 zu Preußen); 1918-39 bildeten sie den dominierenden Teil der ČSR (1927 Zusammenlegung von Mähren und Schlesien zu Mährisch-Schlesien [tschech. Morava a Slezsko]). Nach der Zerschlagung der ČSR im Münchener Abkommen entstand aus ihnen das dt. »Protektorat Böhmen und Mähren« (1939-45), während das Sudetenland dt. Reichsgau wurde (1938-45). Nach 1945 wieder dominierender Teil der (seit 1948) kommunistisch regierten ČSSR (Tschechoslowakei [Geschichte]), wurden die Tschech. Länder (tschech. České země) nach Niederschlagung des Prager Frühlings (Aug. 1968) und der Umwandlung der ČSSR in einen Föderativstaat (ab 1. 1. 1969) als Tschech. Sozialist. Rep. zu einem der beiden offiziell gleichberechtigten Nationalstaaten der ČSSR (mit eigener Reg., Verf. und Parlament; jedoch ohne prakt. Bedeutung). Erst nach Zusammenbruch der kommunist. Herrschaft im Zuge der »sanften« (»samtenen«) Revolution (Zentrum: Prag) 1989/90 erfolgte im Frühjahr 1990 die wirkl. Umwandlung in eine föderative Rep. (T. R.) innerhalb der ČSFR. Die ersten freien Parlamentswahlen am 8./9. 6. 1990 gewann das Bürgerforum (OF); P. Pithart (OF; seit Mai 1991 Bürgerbewegung, OH) wurde MinPräs. einer Koalitionsreg. aus OF und (tschech.) Volkspartei (SL) aus dem Wahlbündnis Christdemokrat. Union (KDU). Autonomiebestrebungen in Schlesien und Mähren (politisch getragen von der Gesellschaft für Mähren und Schlesien) blieben bedeutungslos. Febr.-Mai 1991 spaltete sich das Bürgerforum in die starke ODS, die ODA und die (seit Juni 1992 bedeutungslose) OH. Bei den Wahlen am 5./6. 6. 1992 wurde die ODS stärkste Partei und V. Klaus am 2. 7. 1992 neuer MinPräs. Da er in den Verhandlungen mit dem slowak. MinPräs. V. Mecìar den Erhalt des Bundesstaates in seiner bisherigen Form nicht durchsetzen konnte, kam es am 20. 7. 1992 zur Vereinbarung über die Trennung der beiden Teilrep.; am 1. 1. 1993 trat sie mit der Auflösung der ČSFR in Kraft. Am 26. 1. 1993 wurde V. Havel zum Staatspräs. der T. R. gewählt (1998 wieder gewählt). Außenpolitisch bemühte sich die T. R. um einen schnellen Anschluss an die EU und die NATO (seit 1993 Mitgl. des Europarats, 1993 Assoziierungsabkommen mit der EU und Unterzeichnung des NATO-Programms »Partnerschaft für den Frieden«, 1996 Antrag auf EU-Vollmitgliedschaft). Mit der Unterzeichnung einer dt.-tschech. Versöhnungserklärung (Dez. 1996/Jan. 1997) wurde die Grundlage zu einer Normalisierung zw. beiden Staaten geschaffen. Bei den Parlamentswahlen von 1996 verlor die bürgerl. Koalition unten MinPräs. V. Klaus die absolute Mehrheit und war seitdem als Minderheitsreg. auf die Unterstützung der Sozialdemokratie angewiesen. Nach dem Rücktritt von Reg.chef Klaus (Nov. 1997) wurde J. Tošovský (parteilos) im Dez. 1997 zum MinPräs. berufen. Aus der Parlamentswahl vom Juni 1998 gingen die Sozialdemokraten als stärkste Kraft hervor; deren Vors. M. Zeman wurde MinPräs. Im März 1999 trat die T. R. der NATO bei.
▣ Literatur:
Schwarz, K.-P.: Tschechen u. Slowaken. Der lange Weg zur friedl. Trennung. Wien u. a. 1993.
⃟ Juchler, J.: Osteuropa im Umbruch. Polit., wirtschaftl. u. gesellschaftl. Entwicklungen 1989-93. Zürich 1994.
⃟ Keilhofer, F. X.: Wirtschaftl. Transformation in der Tschech. Republik u. in der Slowak. Republik. Stuttgart 1995.
⃟ Tschechien, Slowakei, Text v. M. Frank u. a., Fotos v. A. M. Mosler. München 1996.
⃟ Vodicka, K.: Politisches System Tschechiens. Münster 1996.
⃟ Brogiato, H. P.: Tschechoslowakei - Tschechien - Slowakei. Literatur in westlichen Sprachen 1975 - 1995. Frankfurt am Main 1997.
⃟ Burgerstein, J.: Tschechien. München 1998.
⃟ Identität, Integrität, Integration. Beiträge zur politischen Ideengeschichte Tschechiens, hg. v. R. Kippke. Münster 1998.
⃟ Vodicka, K.: Politisches System Tschechiens. Münster 1996.
⃟ Pesendorfer, D.: Der Restaurationsprozeß des Kapitalismus in der ehemaligen Tschechoslowakei. Frankfurt am Main 1998.