Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tschad
Tschad⃟ Fläche: 1 284 000 km2
Einwohner: (1995) 6,361 Mio.
Hauptstadt: N'Djamena
Verwaltungsgliederung: 14 Präfekturen
Amtssprachen: Arabisch und Französisch
Nationalfeiertag: 11. 8.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ
[tʃat, tʃa:t] (amtlich arab. Djumhurijjat Taschat, frz. République du Tchad), Binnenstaat in Zentralafrika, grenzt im N an Libyen, im O an die Rep. Sudan, im S an die Zentralafrikan. Rep., im SW an Kamerun und Nigeria (Grenzverlauf im Tschadsee), im W an Niger.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1996 ist der T. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der mit weit reichenden exekutiven Vollmachten ausgestattete Präs.; er wird auf fünf Jahre direkt gewählt (einmalige Wiederwahl möglich). Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus der Nationalversammlung (125 auf vier Jahre gewählte Abg.) und dem Senat (auf sechs Jahre zu wählen; bisher noch nicht etabliert). Die Exekutive wird vom Ministerrat unter der Leitung des vom Präs. ernannten MinPräs. ausgeübt. Wichtigste Parteien: Patriot. Wohlfahrtsbewegung (MPS), Union für Erneuerung und Demokratie (URD), Nat. Union für Demokratie und Erneuerung (UNDR).
Landesnatur: T. erstreckt sich von der Sahara im N (Tibesti, 3 415 m ü. M.) über die Klima- und Vegetationszonen (Dornstrauch- und Trockensavannen, an den Flüssen auch Überschwemmungssavannen und Galeriewälder) des Sahel und des Sudan bis zum Bereich der Trockenwälder im äußersten S. Es umfasst den östl. Teil des Tschadbeckens mit dem größten Teil des Tschadsees. Hauptflüsse sind Schari und Logone. Im S des Landes randtrop. Klima (bis über 1 100 mm Niederschlag), im N Wüstenklima mit nur sporad. Niederschlägen (20-40 mm im Jahr, im Gebirge 1 000 mm) und großen tägl. Temperaturunterschieden.
Bevölkerung: Im nördl. und mittleren T. leben Sudanaraber (18 %) u. a. islam., z. T. arabisierte Gruppen (Maba, Kanembu, Tubu, Tama u. a.; zus. rd. 38 % der Gesamt-Bev.) v. a. als Händler und Viehzüchter (z. T. Nomaden), im S Sara, Mbum und Massa (34 %) als Ackerbauern, ferner zahlr. andere ethn. Gruppen (Fulbe, Hausa u. a.). - Allg. Schulpflicht vom 7. bis 12. Lebensjahr; Bildungswesen nach frz. Vorbild aufgebaut; Analphabetenquote rd. 75 % (regional versch.); Univ. in N'Djamena (gegr. 1971), drei weitere Hochschuleinrichtungen. - Die Mehrzahl der Bev. sind Muslime (im N), ferner Anhänger traditioneller Naturreligionen und Christen (im S).
Wirtschaft, Verkehr: Bürgerkrieg und Dürreperioden haben die Wirtschaft des T. stark geschädigt; er gehört zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf internat. Hilfe angewiesen. Rd. 90 % der Bev. leben von Ackerbau (v. a. Wanderhackbau) und Weidewirtschaft (Rinder, Schafe, Ziegen, Kamele). Zur Eigenversorgung werden Hirse, Jamswurzel, Maniok, Erdnüsse, Reis, Bataten und Bohnen angebaut, für den Export v. a. Baumwolle, ferner Zuckerrohr, Tabak. Fischerei bes. im Tschadsee. Kaum Bodenschätze: Gewinnung von Natron- und Steinsalz. Die wenig entwickelte Textil-, Nahrungsmittel- und Tabakind. verarbeitet einheim. Produkte. Export: Baumwolle (40 % des Exportanteils), Lebendvieh, Häute; Import: Erdölprodukte, Getreide, Arzneimittel, Maschinen, Fahrzeuge, Textilien u. a. Waren. Haupthandelspartner: Frankreich, Kamerun, Nigeria. - Der T. ist verkehrsmäßig wenig erschlossen; keine Eisenbahn; rd. 32 000 km Straßen und Pisten; Binnenschifffahrt auf Tschadsee, Schari und Logone; internat. Flughafen bei N'Djamena; nat. Fluggesellschaft Air Tschad.
Geschichte: Das Tschadbecken gehörte vor dem Eindringen der Europäer zu den alten Reichen Bagirmi (16.-19. Jh.), Kanem-Bornu und Wadai. 1900 setzte sich Frankreich im Tschadbecken fest. Das Gebiet gehörte 1910 zum Generalgouv. Frz.-Äquatorialafrika und wurde 1946 ein Überseeterritorium innerhalb der Frz. Union, 1958 eine autonome Rep. der Frz. Gemeinschaft, in der der T. auch nach der Unabhängigkeit (1960) verblieb. Staatspräs. N'Garta Tombalbaye konnte sich mithilfe frz. Truppen gegen die von Libyen unterstützten Aufständischen der »Front de Libération Nationale du Tchad« (FROLINAT) im N behaupten, wurde aber 1975 von der Armee gestürzt und getötet. General F. Malloum übernahm die Macht. Im Verlauf ihres Guerillakriegs gegen die Reg. Tombalbaye und die Reg. Malloum war die FROLINAT in versch. Gruppierungen unter eigenem Kommando zerfallen, die sich untereinander bekämpften und den Krieg gegen die Reg. je nach eigenen Vorstellungen führten. Nach dem Sturz Präs. Malloums 1979 konzentrierten sich die Kämpfe auf die Rivalität zw. zwei Truppenführern aus dem N, dem von Libyen gestützten G. Oueddei und H. Habré, der sich an konservative arab. Staaten und - zeitweise - an Frankreich anlehnte. Eine Friedenstruppe der OAU, an der sich bes. Nigeria und Zaire beteiligten, hatte 1981-82 keinen Erfolg, den Fortgang des Bürgerkriegs zu stoppen. 1982 eroberten Truppen Habrés die Hptst. N'Djamena. Dieser bildete als Staatspräs. eine Reg. 1983 flammte der Bürgerkrieg wieder auf und führte zur direkten Konfrontation zw. Frankreich und Libyen. Nachdem sich Oueddei von Libyen 1986 losgesagt hatte, wandte er sich mit Präs. Habré gegen Libyen, das den N-Teil des T. besetzt hielt. 1989 beendete ein Friedensvertrag die Kämpfe. Die Souveränität des T. über den von Libyen beanspruchten Teil (Aouzou-Streifen, 114 000 km2) bestätigte 1994 der Internat. Gerichtshof in Den Haag; Libyen erkannte den Schiedsspruch an und räumte daraufhin das Gebiet. 1990 stürzte der vom Sudan aus operierende ehem. tschad. Offizier I. Déby im Zuge eines Militärputsches den diktatorisch herrschenden Präs. Habré, in dessen Amtszeit schätzungsweise 40 000 Menschen hingerichtet wurden oder in Haft starben. Déby, 1991 offiziell als Staatspräs. vereidigt (1996 wieder gewählt), leitete einen allmähl. Demokratisierungsprozess ein. Dieser wird jedoch durch wirtschaftl. und v. a. ethnisch-religiös bedingte Unruhen erschwert, obwohl einzelne Widerstandsbewegungen den bewaffneten Kampf aufgaben und sich als Parteien registrieren ließen.
▣ Literatur:
Meier, Astrid: Hunger u. Herrschaft. Vorkoloniale u. frühe koloniale Hungerkrisen im Nordtschad. Stuttgart 1995.
⃟ L'identité tchadienne. Paris 1994.
⃟ Zeltner, J.-C.: Les pays du Tchad et la montée des périls: 1795 - 1850. Paris 1997.
Einwohner: (1995) 6,361 Mio.
Hauptstadt: N'Djamena
Verwaltungsgliederung: 14 Präfekturen
Amtssprachen: Arabisch und Französisch
Nationalfeiertag: 11. 8.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes (c)
Zeitzone: MEZ
[tʃat, tʃa:t] (amtlich arab. Djumhurijjat Taschat, frz. République du Tchad), Binnenstaat in Zentralafrika, grenzt im N an Libyen, im O an die Rep. Sudan, im S an die Zentralafrikan. Rep., im SW an Kamerun und Nigeria (Grenzverlauf im Tschadsee), im W an Niger.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1996 ist der T. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der mit weit reichenden exekutiven Vollmachten ausgestattete Präs.; er wird auf fünf Jahre direkt gewählt (einmalige Wiederwahl möglich). Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus der Nationalversammlung (125 auf vier Jahre gewählte Abg.) und dem Senat (auf sechs Jahre zu wählen; bisher noch nicht etabliert). Die Exekutive wird vom Ministerrat unter der Leitung des vom Präs. ernannten MinPräs. ausgeübt. Wichtigste Parteien: Patriot. Wohlfahrtsbewegung (MPS), Union für Erneuerung und Demokratie (URD), Nat. Union für Demokratie und Erneuerung (UNDR).
Landesnatur: T. erstreckt sich von der Sahara im N (Tibesti, 3 415 m ü. M.) über die Klima- und Vegetationszonen (Dornstrauch- und Trockensavannen, an den Flüssen auch Überschwemmungssavannen und Galeriewälder) des Sahel und des Sudan bis zum Bereich der Trockenwälder im äußersten S. Es umfasst den östl. Teil des Tschadbeckens mit dem größten Teil des Tschadsees. Hauptflüsse sind Schari und Logone. Im S des Landes randtrop. Klima (bis über 1 100 mm Niederschlag), im N Wüstenklima mit nur sporad. Niederschlägen (20-40 mm im Jahr, im Gebirge 1 000 mm) und großen tägl. Temperaturunterschieden.
Bevölkerung: Im nördl. und mittleren T. leben Sudanaraber (18 %) u. a. islam., z. T. arabisierte Gruppen (Maba, Kanembu, Tubu, Tama u. a.; zus. rd. 38 % der Gesamt-Bev.) v. a. als Händler und Viehzüchter (z. T. Nomaden), im S Sara, Mbum und Massa (34 %) als Ackerbauern, ferner zahlr. andere ethn. Gruppen (Fulbe, Hausa u. a.). - Allg. Schulpflicht vom 7. bis 12. Lebensjahr; Bildungswesen nach frz. Vorbild aufgebaut; Analphabetenquote rd. 75 % (regional versch.); Univ. in N'Djamena (gegr. 1971), drei weitere Hochschuleinrichtungen. - Die Mehrzahl der Bev. sind Muslime (im N), ferner Anhänger traditioneller Naturreligionen und Christen (im S).
Wirtschaft, Verkehr: Bürgerkrieg und Dürreperioden haben die Wirtschaft des T. stark geschädigt; er gehört zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf internat. Hilfe angewiesen. Rd. 90 % der Bev. leben von Ackerbau (v. a. Wanderhackbau) und Weidewirtschaft (Rinder, Schafe, Ziegen, Kamele). Zur Eigenversorgung werden Hirse, Jamswurzel, Maniok, Erdnüsse, Reis, Bataten und Bohnen angebaut, für den Export v. a. Baumwolle, ferner Zuckerrohr, Tabak. Fischerei bes. im Tschadsee. Kaum Bodenschätze: Gewinnung von Natron- und Steinsalz. Die wenig entwickelte Textil-, Nahrungsmittel- und Tabakind. verarbeitet einheim. Produkte. Export: Baumwolle (40 % des Exportanteils), Lebendvieh, Häute; Import: Erdölprodukte, Getreide, Arzneimittel, Maschinen, Fahrzeuge, Textilien u. a. Waren. Haupthandelspartner: Frankreich, Kamerun, Nigeria. - Der T. ist verkehrsmäßig wenig erschlossen; keine Eisenbahn; rd. 32 000 km Straßen und Pisten; Binnenschifffahrt auf Tschadsee, Schari und Logone; internat. Flughafen bei N'Djamena; nat. Fluggesellschaft Air Tschad.
Geschichte: Das Tschadbecken gehörte vor dem Eindringen der Europäer zu den alten Reichen Bagirmi (16.-19. Jh.), Kanem-Bornu und Wadai. 1900 setzte sich Frankreich im Tschadbecken fest. Das Gebiet gehörte 1910 zum Generalgouv. Frz.-Äquatorialafrika und wurde 1946 ein Überseeterritorium innerhalb der Frz. Union, 1958 eine autonome Rep. der Frz. Gemeinschaft, in der der T. auch nach der Unabhängigkeit (1960) verblieb. Staatspräs. N'Garta Tombalbaye konnte sich mithilfe frz. Truppen gegen die von Libyen unterstützten Aufständischen der »Front de Libération Nationale du Tchad« (FROLINAT) im N behaupten, wurde aber 1975 von der Armee gestürzt und getötet. General F. Malloum übernahm die Macht. Im Verlauf ihres Guerillakriegs gegen die Reg. Tombalbaye und die Reg. Malloum war die FROLINAT in versch. Gruppierungen unter eigenem Kommando zerfallen, die sich untereinander bekämpften und den Krieg gegen die Reg. je nach eigenen Vorstellungen führten. Nach dem Sturz Präs. Malloums 1979 konzentrierten sich die Kämpfe auf die Rivalität zw. zwei Truppenführern aus dem N, dem von Libyen gestützten G. Oueddei und H. Habré, der sich an konservative arab. Staaten und - zeitweise - an Frankreich anlehnte. Eine Friedenstruppe der OAU, an der sich bes. Nigeria und Zaire beteiligten, hatte 1981-82 keinen Erfolg, den Fortgang des Bürgerkriegs zu stoppen. 1982 eroberten Truppen Habrés die Hptst. N'Djamena. Dieser bildete als Staatspräs. eine Reg. 1983 flammte der Bürgerkrieg wieder auf und führte zur direkten Konfrontation zw. Frankreich und Libyen. Nachdem sich Oueddei von Libyen 1986 losgesagt hatte, wandte er sich mit Präs. Habré gegen Libyen, das den N-Teil des T. besetzt hielt. 1989 beendete ein Friedensvertrag die Kämpfe. Die Souveränität des T. über den von Libyen beanspruchten Teil (Aouzou-Streifen, 114 000 km2) bestätigte 1994 der Internat. Gerichtshof in Den Haag; Libyen erkannte den Schiedsspruch an und räumte daraufhin das Gebiet. 1990 stürzte der vom Sudan aus operierende ehem. tschad. Offizier I. Déby im Zuge eines Militärputsches den diktatorisch herrschenden Präs. Habré, in dessen Amtszeit schätzungsweise 40 000 Menschen hingerichtet wurden oder in Haft starben. Déby, 1991 offiziell als Staatspräs. vereidigt (1996 wieder gewählt), leitete einen allmähl. Demokratisierungsprozess ein. Dieser wird jedoch durch wirtschaftl. und v. a. ethnisch-religiös bedingte Unruhen erschwert, obwohl einzelne Widerstandsbewegungen den bewaffneten Kampf aufgaben und sich als Parteien registrieren ließen.
▣ Literatur:
Meier, Astrid: Hunger u. Herrschaft. Vorkoloniale u. frühe koloniale Hungerkrisen im Nordtschad. Stuttgart 1995.
⃟ L'identité tchadienne. Paris 1994.
⃟ Zeltner, J.-C.: Les pays du Tchad et la montée des périls: 1795 - 1850. Paris 1997.