Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tourismus
Tourịsmus[tu-; engl., zu tour »Ausflug«] der (Touristik, Fremdenverkehr), das mit der modernen Industriegesellschaft verbundene, bes. durch den techn. Fortschritt der Verkehrsmittel geförderte und durch die Ausdehnung von Freizeit, Lebensalter, Bildung und Konsum ebenso ermöglichte wie durch organisierte Reiseangebote erleichterte, primär auf die Freizeit bezogene Reiseverhalten zunehmend größerer Bevölkerungssgruppen. Unterschieden werden u. a. nach der Entfernung und dem Reiseziel Nah- oder Fern-T. bzw. Inlands- und Auslands-T., nach der Dauer Kurz-, Wochenend-, Urlaubs- und Langzeit-T., nach der Teilnehmerzahl Gruppen- und Einzel-T., nach der Organisationsform bzw. dem Leistungsangebot Pauschal- und Individual-T. Die Motive für den T. sind phys. (Erholung, Entspannung, Fitness), psychischer (Zerstreuung, Entlastung, Selbstfindung, Abenteuer), interpersoneller (Geselligkeit, Gruppenerfahrungen) und kultureller (Interesse an anderen Gesellschaften, Bildung) sowie sozialpsycholog. Natur (Status- oder Prestigemotivation).Wirtschaft: Die volkswirtsch. Bedeutung des T. liegt in folgenden Bereichen. 1) Der Fern-T. wirkt sich auf die Zahlungsbilanz eines Landes aus: Durch die Reisenden aus dem Ausland fließen Devisen zu, durch Auslandsreisen der Inländer fließen sie ab. 2) Der T. schafft Arbeitsplätze (v. a. der Gastronomie, Erholung und Unterhaltung). 3) Es werden Einkommen geschaffen, die über Steuereinnahmen und den Multiplikatoreffekt positive wirtsch. Effekte auslösen können. 4) Durch den T. wird eine nicht nur touristisch attraktive Infrastruktur hervorgebracht. 5) Struktur- und regionalpolitisch sorgt der T. dafür, dass in Branchen und Landesteilen, die vom Strukturwandel negativ betroffen sind, neue Betätigungsfelder entstehen. Der T. ist geprägt durch seinen Dienstleistungscharakter, die Kapitalintensität, hohe Fixkosten, die Konjunktur- und Saisonabhängigkeit sowie die Abhängigkeit von den natürl. (Klima, Landschaft, Umweltqualität) und den infrastrukturellen Gegebenheiten (Beherbergungs- und Verpflegungsangebot, Einrichtungen für Sport und Freizeitgestaltung, Verkehrswege usw.).
Obwohl der überwiegende Teil des T. zw. Industrieländern erfolgt, ist er für die Entwicklungsländer von wachsender Bedeutung. Der positiv bewertete Devisenzufluss wird allerdings dadurch verringert, dass ein Großteil der Direktinvestitionen für den T. über die Gewinne der in den Industrieländern ansässigen Touristikunternehmen wieder dorthin zurückfließt. Negativ wirkt T. auch, wenn die Länder der Dritten Welt die Kosten der Regionalerschließung und die Umweltschädigungen zahlen müssen.Gesellschaftl. Bedeutung: Den positiven Folgen (Deviseneinnahmen) stehen aber auch unerwünschte Erscheinungen gegenüber. Bes. in armen Gebieten kann der T. soziale Spannungen schüren und unerfüllbare Bedürfnisse wecken. Sex-T. bringt außer Prostitution auch Kriminalität mit sich. V. a. die durch den T. verursachte Umweltbelastung hat die Idee eines »sanften« oder »nachhaltigen T.« entstehen lassen. Dessen Merkmale sind u. a. zurückhaltende Nutzung von Ressourcen und Abfallvermeidung, Achtung vor der Menschenwürde und den kulturellen Besonderheiten der einheim. Bevölkerung.
Literatur:
Krippendorf, J.: Die Landschaftsfresser. T. u. Erholungslandschaft, Verderben oder Segen? Bern 41986.
Mäder, U.: Vom Kolonialismus zum T. - von der Freizeit zur Freiheit. Zürich 31991.
Becker, C.: T. u. nachhaltige Entwicklung. Darmstadt 1996.
Hennig, C.: Reiselust. Touristen, T. u. Urlaubskultur. Frankfurt am Main u. a. 1997.
Freyer, W.: T.-Marketing. München u. a. 1997.
Freyer, W.: T. Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie. München u. a. 61998.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Tourismus