Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tizian
Tizian,eigtl. Tiziano Vecellio, italien. Maler, * Pieve di Cadore (Prov. Belluno) um 1488, ✝ Venedig 27. 8. 1576. Als einen der bedeutendsten Meister der italien. Hochrenaissance zeichnet ihn gegenüber Michelangelo und Raffael sein sensualist. Umgang mit der Farbe aus, durch den er eine weite Skala an Ausdruckswerten für die Malerei erschloss. Er begründete damit eine Malkultur, zu der sich nachfolgende Künstler wie Tintoretto, P. P. Rubens und D. Velázquez bis zu P. Cézanne bekannten. Vor allem in Venedig tätig, arbeitete er auch für fürstl. Auftraggeber, u. a. Kaiser Karl V., Philipp II. von Spanien, Papst Paul III.
Einem Bericht zufolge soll T. 1508 als Mitarbeiter Giorgiones, der sein Frühwerk beeinflusste, in Venedig am Fondaco dei Tedeschi gearbeitet haben. Ein erster Höhepunkt seiner Tätigkeit ist das 1516-18 gemalte Hochaltarbild der Himmelfahrt Mariä (»Assunta«; Venedig, Santa Maria dei Frari), das mit der für dieses Thema bisher übl. statisch-feierl. Anordnung in Komposition, Figurenauffassung und Farbbetonung bricht. Das zweite für diese Kirche gemalte Werk, die »Pesaro-Madonna« von 1519-26, bringt durch die asymmetrisch diagonale Bildkonzeption eine Steigerung der dynam. Qualitäten, die auf Manierismus und Barock vorausweist. Die mytholog. Szenen dieser Zeit (»Venusfest«, 1518; Madrid, Prado; »Bacchanal«, um 1518; ebd.; »Bacchus und Ariadne«, 1523; London, National Gallery) sind durch Sinnenfreude und detaillierte humanist. Kenntnisse charakterisiert. Die Werke der 1530er-Jahre, beruhigter in der Komposition, zeichnen sich durch äußerst nuancierte Farbabstufungen und Hingabe an stilllebenhafte Details aus (»Tempelgang Mariä«, 1534-38; Venedig, Accademia; »Venus von Urbino«, 1538; Florenz, Uffizien). Durch die Ernennung zum Hofmaler Karls V. (1533) wurde T. zu einem der begehrtesten Porträtisten Europas (»Mann mit Handschuhen«, um 1523; Paris, Louvre; »Papst Paul III.«, 1543; Neapel, Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte; »Karl V.«, 1548; München, Alte Pinakothek). In den religiösen Bildern erfolgte erneut eine Bewegungs- und Ausdruckssteigerung, die Nähe zum Manierismus zeigt und fast trübe Farbtöne einsetzt (»Dornenkrönung«, um 1542-44; Paris, Louvre). In den für Philipp II. gemalten mytholog. Bildern mit ihrer eindeutig erot. Aussage setzte T. noch einmal den ganzen Reichtum seiner Farbkultur ein (»Danae«, 1553; Madrid, Prado; »Venus und Adonis«, 1554; ebd.). Die Summe seiner Erfahrungen führten in dem um 1555 beginnenden Altersstil zu einer zurückgenommenen subtilen und freien Handhabung der Farbe (»Schindung des Marsyas«, 1570; Kremsier, Okresní Muzeum; »Pietà«, 1570-76, von Palma il Giovane vollendet, Venedig, Accademia).
▣ Literatur:
Grundmann, S.: T. u. seine Vorbilder. Köln u. a. 1987.
⃟ Pedrocco, F.: T. Aus dem Italien. Florenz u. a. 1993.
⃟ T., bearb. v. A. Walther. Leipzig 31997.
Tizian,eigtl. Tiziano Vecellio, italien. Maler, * Pieve di Cadore (Prov. Belluno) um 1488, ✝ Venedig 27. 8. 1576. Als einen der bedeutendsten Meister der italien. Hochrenaissance zeichnet ihn gegenüber Michelangelo und Raffael sein sensualist. Umgang mit der Farbe aus, durch den er eine weite Skala an Ausdruckswerten für die Malerei erschloss. Er begründete damit eine Malkultur, zu der sich nachfolgende Künstler wie Tintoretto, P. P. Rubens und D. Velázquez bis zu P. Cézanne bekannten. Vor allem in Venedig tätig, arbeitete er auch für fürstl. Auftraggeber, u. a. Kaiser Karl V., Philipp II. von Spanien, Papst Paul III.
Einem Bericht zufolge soll T. 1508 als Mitarbeiter Giorgiones, der sein Frühwerk beeinflusste, in Venedig am Fondaco dei Tedeschi gearbeitet haben. Ein erster Höhepunkt seiner Tätigkeit ist das 1516-18 gemalte Hochaltarbild der Himmelfahrt Mariä (»Assunta«; Venedig, Santa Maria dei Frari), das mit der für dieses Thema bisher übl. statisch-feierl. Anordnung in Komposition, Figurenauffassung und Farbbetonung bricht. Das zweite für diese Kirche gemalte Werk, die »Pesaro-Madonna« von 1519-26, bringt durch die asymmetrisch diagonale Bildkonzeption eine Steigerung der dynam. Qualitäten, die auf Manierismus und Barock vorausweist. Die mytholog. Szenen dieser Zeit (»Venusfest«, 1518; Madrid, Prado; »Bacchanal«, um 1518; ebd.; »Bacchus und Ariadne«, 1523; London, National Gallery) sind durch Sinnenfreude und detaillierte humanist. Kenntnisse charakterisiert. Die Werke der 1530er-Jahre, beruhigter in der Komposition, zeichnen sich durch äußerst nuancierte Farbabstufungen und Hingabe an stilllebenhafte Details aus (»Tempelgang Mariä«, 1534-38; Venedig, Accademia; »Venus von Urbino«, 1538; Florenz, Uffizien). Durch die Ernennung zum Hofmaler Karls V. (1533) wurde T. zu einem der begehrtesten Porträtisten Europas (»Mann mit Handschuhen«, um 1523; Paris, Louvre; »Papst Paul III.«, 1543; Neapel, Museo e Gallerie Nazionali di Capodimonte; »Karl V.«, 1548; München, Alte Pinakothek). In den religiösen Bildern erfolgte erneut eine Bewegungs- und Ausdruckssteigerung, die Nähe zum Manierismus zeigt und fast trübe Farbtöne einsetzt (»Dornenkrönung«, um 1542-44; Paris, Louvre). In den für Philipp II. gemalten mytholog. Bildern mit ihrer eindeutig erot. Aussage setzte T. noch einmal den ganzen Reichtum seiner Farbkultur ein (»Danae«, 1553; Madrid, Prado; »Venus und Adonis«, 1554; ebd.). Die Summe seiner Erfahrungen führten in dem um 1555 beginnenden Altersstil zu einer zurückgenommenen subtilen und freien Handhabung der Farbe (»Schindung des Marsyas«, 1570; Kremsier, Okresní Muzeum; »Pietà«, 1570-76, von Palma il Giovane vollendet, Venedig, Accademia).
▣ Literatur:
Grundmann, S.: T. u. seine Vorbilder. Köln u. a. 1987.
⃟ Pedrocco, F.: T. Aus dem Italien. Florenz u. a. 1993.
⃟ T., bearb. v. A. Walther. Leipzig 31997.