Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Thailand
Thailand Fläche: 513 115 km2
Einwohner: (1995) 58,791 Mio.
Hauptstadt: Bangkok
Verwaltungsgliederung: 76 Provinzen und die Hauptstadt
Amtssprache: Thai
Nationalfeiertag: 5. 12.
Währung: 1 Baht (฿) = 100 Stangs (St., Stg.)
Zeitzone: MEZ + 6 Std.
(amtl. Thai: Prades Thai oder Muang Thai, bis 1939 und 1946-49 Siam, früher auch Sayam), Staat in SO-Asien, in Hinterindien, grenzt im O an Laos, im SO an Kambodscha, im S an den Golf von T. und an Malaysia, im SW an die Andamanensee, im W und N an Birma.
Staat und Recht: T. ist eine konstitutionelle Monarchie. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der König, dessen Person als sakrosankt gilt. Er kann Notverordnungen mit Gesetzeskraft erlassen, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Am 27. 9. 1997 wurde eine neue Verf. verabschiedet, die v. a. der weit verbreiteten Korruption Einhalt gebieten soll. Das Parlament, die Legislative, wird künftig aus Unterhaus (500 Abg.; 400 durch Direkt- und 100 durch Listenwahl bestimmt) und Oberhaus (200 direkt gewählte Mitgl.) bestehen. Die Parlamentarier müssen zu Beginn und am Ende ihrer Mandatstätigkeit ihre Vermögensverhältnisse offen legen. Derzeit liegt die Legislative noch bei der Nationalversammlung, bestehend aus Repräsentantenhaus (393 Abg., für vier Jahre gewählt) und Senat (260 vom Reg.chef auf sechs Jahre ernannte Mitgl.). Die Exekutive liegt bei der Reg. unter Vorsitz des MinPräs. (vom König ernannt). Einflussreichste Parteien: Partei der Neuen Hoffnung (NAP), Demokrat. Partei (DP), Partei der Nat. Entwicklung (CPP), Nationalpartei (CTP), Soziale Aktionspartei (SAP), Partei der Moral. Kraft (PDP), Solidaritätspartei (SP).
Landesnatur: Kerngebiet ist die fruchtbare Schwemmlandebene des Menam. Im O und NO schließt sich das Koratplateau an. Die N-S streichenden Gebirgsketten im NW umschließen langgezogene intramontane Becken (u. a. die von Chiang Mai und Lampang); sie setzen sich entlang der W-Grenze von T. nach S auf der Malaiischen Halbinsel fort, die im Isthmus von Kra ihre schmalste Stelle hat. Das südöstlich von Bangkok gelegene Bergland erreicht 1 633 m Höhe. T. hat trop. Monsunklima, überwiegend mit winterl. Trockenzeit und sommerl. Regenzeit. 60 % des Landes sind waldbedeckt (trop. Regen- und Bergwälder und Laub abwerfender Monsunwald); an den Küsten Mangrovensümpfe.
Bevölkerung: Sie besteht zu über 85 % aus Taivölkern (Thai in der Mitte und im S des Landes, Lao im N und NO, Schan im N). Ganz im S lebt eine geschlossene Minderheitengruppe von rd. 1,8 Mio. muslim. Malaien; im SO sind Khmer und Vietnamesen beheimatet. Im schwer kontrollierbaren Grenzgebiet zw. T., Birma und Laos (sog. Goldenes Dreieck) leben rd. 500 000 Angehörige von Bergvölkern (Karen, Lisu, Lahu, Akha, Mon, Lawa, Miao, Yao u. a.) z. T. vom Schlafmohnanbau. An und vor der Küste von Süd-T. leben Semang und Moken, ebenfalls im S die Yumbri (Phi Tong Luang). Etwa 6 Mio. Chinesen wohnen, meist als Geschäftsleute, Handwerker und Arbeiter, in den Städten. - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 13. Lebensjahr; es gibt 14 Univ., außerdem techn. Lehranstalten. - Rd. 93 % der Bev. bekennen sich zum Therawada-(Hinajana-)Buddhismus; der König muss Buddhist sein. Minderheiten bilden die Anhänger des Konfuzianismus und des Islam; wenige Christen.
Wirtschaft, Verkehr: Das ehem. Agrarland erlebte in den letzten zehn Jahren ein beachtl. Wirtschaftswachstum. Die exportorientierte Ind. ist traditionell auf die Verarbeitung von Agrarerzeugnissen (vorwiegend in Klein- und Mittelbetrieben) ausgerichtet und wird mithilfe von ausländ. Investoren intensiviert. Größter Devisenbringer ist die Textil- und Bekleidungsind. sowie die Elektronik (insgesamt rd. 16 % der Exporterlöse); Erdölraffinierung, Nahrungsmittel-, petrochem. Ind., Bauwirtschaft. Bed. Zinnerzabbau (rd. 10 % der Weltförderung), Abbau von Braunkohle, Wolfram-, Antimon-, Zink-, Eisenerz, Förderung von Erdgas (im Küstengebiet über Pipeline) und Erdöl; seit 1983 wieder verstärkt Edelsteingewinnung. 37 % der Landesfläche werden landwirtsch. genutzt. Es überwiegen Kleinst- und Kleinwirtschaften neben z. T. ausländ. Großplantagen. T. ist einer der führenden Reisexporteure Asiens. Weitere wichtige Produkte sind Ananas (weltführend), Kautschuk (15 % der Weltproduktion), Zuckerrohr, Maniok, Tapioka und Sojabohnen; bed. Seidenraupenzucht. Für die Forstwirtschaft sind Holzarten wie Teak und Yang (z. T. auch Raubbau) wichtig; Teak darf nicht mehr als Rohholz exportiert werden. In der Fischereiwirtschaft liegt das Schwergewicht auf der Meeresfischerei. Der Fremdenverkehr ist einer der wichtigsten Devisenbringer (jährlich über 5 Mio. Auslandsgäste); Anziehungspunkte sind außer Bangkok die histor. Stätten im N, die Bergvölker sowie Badeorte. - Wichtigster Verkehrsträger in der Menamebene ist die Binnenschifffahrt mit 10 000 km Wasserwegen. T. verfügt über rd. 3 730 km Eisenbahnstrecken und rd. 54 000 km Straßen. Größter Hafen und internat. Flughafen: Bangkok.
Geschichte: Im 1. Jt. n. Chr. existierte in Zentral-T. das von den Mon errichtete buddhist. Königreich Dvaravati; andere Gebiete unterstanden den hinduist. Khmer von Angkor. Mit den Mon vermischten sich im 11./12. Jh. die im N siedelnden Tai, sie beseitigten die Herrschaft der Könige von Angkor und gründeten um 1240 das Reich der Sukhotai, das seinen Machtbereich u. a. bis auf die Halbinsel Malakka im S ausdehnte. Im 14. Jh. trat an seine Stelle das um die südl. Thaifürstentümer und Kambodscha erweiterte Reich von Ayutthaya, das 1569 zum Vasallenstaat Birmas wurde. König Naresuan stellte 1584 das Reich wieder her und erweiterte es auf Kosten der Khmer und des Reiches von Pegu. Durch einen 1686 abgeschlossenen Vertrag wurde Frankreich zeitweilig die Errichtung von Handelsniederlassungen, die ungehinderte Missionstätigkeit frz. Priester und die Stationierung von Truppen in der Hptst. zugestanden. 1767 zerstörten die Birmanen Ayutthaya. General Chaophraya Chakri begründete als Rama I. (1782-1809) die seitdem herrschende Chakri-Dynastie und verlegte seine Residenz nach Bangkok. Durch kluge Handels- und Außenpolitik mit den europ. Großmächten und den USA (1855 Freundschaftsvertrag mit Großbritannien, 1856 Handelsabkommen mit den USA und Frankreich) konnte T. als einziges Land SO-Asiens seine staatl. Unabhängigkeit wahren, obwohl es auf frz. und brit. Druck weite Gebiete seines Territoriums abtreten musste. König Rama V. (Chulalongkorn, 1868-1910) modernisierte das staatl. und öffentl. Leben (u. a. Abschaffung der Sklaverei, Einführung eines westlich orientierten Schul-, Steuer- und Justizwesens). Nach einem Staatsstreich wurde T. 1932 eine konstitutionelle Monarchie. 1938 errichtete Marschall Pibul Songgram eine Militärdiktatur (bis 1944), die das Land an der Seite Japans in den 2. Weltkrieg führte. 1939 erhielt der bis dahin Siam gen. Staat den Namen T. Nach der Ermordung König Ramas VIII. 1946 (Nachfolger Bhumibol Aduljadeh, Rama IX.) riss Pibul Songgram 1947 erneut die Reg.gewalt an sich, wurde aber 1957 durch einen Staatsstreich der Militärs unter Sarit Thanarat gestürzt. 1963 wurde General Thanon Kittikachorn Reg.chef einer Militärdiktatur, die (1968-71 von einer Periode mit demokrat. Verf. unterbrochen) eine prowestl. antikommunist. Außenpolitik mit enger wirtsch. und militär. Bindung an die USA verfolgte (u. a. Bereitstellung von Flugbasen während des Vietnamkriegs). Kittikachorn musste 1973 wegen polit. Unruhen zurücktreten; bereits 1976 beendete ein erneuter Militärputsch die parlamentarisch orientierte Reg. Nachdem die von der Militärjunta eingesetzte Zivilreg. 1977 wieder gestürzt worden war, erreichte der neue Machthaber, General Kriangsak Chomanan, eine Entpolitisierung der Armee, die Inkraftsetzung einer neuen Verf. (1978) und 1979 seine Wahl zum MinPräs. (Rücktritt 1980). Unter MinPräs. General Prem Tinsulanonda (1980-88) erlebte T. trotz versch. Putschversuche eine Phase relativer innenpolit. Stabilität. Sein Nachfolger Chatichai Choonhavan wurde im Febr. 1991 wiederum durch einen Putsch gestürzt; die Macht übernahm eine Militärjunta, die im März 1991 eine Übergangsreg. unter Anand Panyarachun einsetzte. Nach den Parlamentswahlen vom März 1992 löste die Ernennung General Suchindas zum Reg.chef heftige Proteste der Bevölkerung aus, die vom Militär blutig unterdrückt wurden. Erneut wurde ein Übergangskabinett unter Anand Panyarachun eingesetzt (Juni-Sept. 1992). Aus den Wahlen vom Sept. 1992 ging eine Koalitionsreg. von fünf Parteien unter MinPräs. Chuan Leekpai (DP) hervor. Im Zusammenhang mit der UN-Friedensmission im benachbarten Kambodscha konnte 1993 das letzte der im Grenzgebiet liegenden Flüchtlingslager für Kambodschaner geschlossen werden. Der Reg. Chuan Leekpai gelang es, den Einfluss des Militärs zu mindern. Im Febr. 1995 trat eine neue Verf. in Kraft. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen (Juli 1995) konnte Banharn Silapaarcha (CTP) eine Koalitionsreg. bilden, die jedoch bald scheiterte. Nach Neuwahlen (Nov. 1996) wurde der NAP-Vors. Chavalit Yongchaiyudh MinPräs., bei einem durch eine Währungs- und Börsenkrise im Nov. 1997 bedingten Reg.wechsel folgte ihm Chuan Leekpai.
Literatur:
J. Hohnholz T. Geographie, Geschichte, Kultur, Religion, Staat, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, hg. v. u. a. Stuttgart 21984.
Fessen, H. u. Kubitscheck, H.-D.: Geschichte T.s. Münster u. a. 1994.
Donner, W.: T. Land zw. Tradition u. Moderne. München 1996.
T., Beiträge v. J. Modrow u. a. München 1996.
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