Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Teppich
Teppich[von lat. tapes »Teppich«, »Decke«], Fußbodenbelag, auch Wandbehang oder Möbelbedeckung aus Wolle u. a. Tierhaaren, Seide, Baumwolle, Hanf, Jute, Kokosfaser, Sisal, Bast, Schilf oder Chemiefasern sowie Mischungen davon; auch Fellstreifen, Textilreste, Papier, Gold-, Silber- u. a. Metallfäden werden verwendet. Nach den Herstellungstechniken in Hand- oder Maschinenarbeit unterscheidet man Knüpf-, Web-, Wirk-, Nadelflor-(Tufting-), Nadelfilz-, Klebe-, Press-, Kaschier-, Stick- und Flockteppiche.Maschinen-T. werden v. a. als schwere Web-T. und Tufting- oder Nadelfilz-T. hergestellt. Geknüpfte Maschinen-T. kamen um 1890 auf, sind aber heute selten. Gewebte Maschinen-T. (Web-T.) sind Pol-T. Neben der Grundbindung aus Kette und Schuss weisen sie eine oberflächenbildende Polkette für Fülle und Elastizität des Produkts auf. Bei Ruten-T. (z. B. Tapestry-T.) wird die Polkette zur Schlingenbildung über Ruten geführt. Sind die Ruten messerartig und schneiden die Schlingen auf, erhält man einen Velours-(Tournai-)T. Schlingen-T. werden Bouclé-T. genannt. T. mit vorgewebtem Polmaterial bezeichnet man als Chenille-T. (Axminster-T.). Bei Doppel-T. werden immer zwei gleichmustrige, gleichfarbige T. gleichzeitig hergestellt, die anschließend durchgeschnitten werden und deshalb immer geschnittene Schlingen haben. Langpol-T. werden nach versch. Verfahren als Wandbehänge gefertigt. - Bes. für Auslegeware werden die unterschiedlichsten Fertigungsverfahren angewendet, um eine Fläche zu erzeugen: Nähwirken, Wirken, Nadeln, Beflocken, Pressen, Tufting.Handgefertigte T. sind Knüpf-T., der Kelim oder Karamani und der Allgäuer T. (gewebt), der Gobelin und Sumak (gewirkt) sowie Stick- und Applikations-T. Zu den Knüpf-T. zählen Orient-, Berber-T., und die nord. Rya-T. Handgeknüpfte T. haben langen Pol und auf der Rückseite sichtbares Muster. Die Kettfäden werden in einem Knüpfstuhl senkrecht aufgespannt, die Knoten durch Umschlingen der Kettfäden mit kurzen Fadenstücken, deren Enden auf der Vorderseite als plüschartiger Pol herausstehen, gebildet. Man unterscheidet zwei Knotenarten: den Türkischen (Ghordes- oder Smyrna-)Knoten, bei dem jeweils zwei Kettfäden gleichartig umschlungen werden, und den Persischen (Senneh-)Knoten, bei dem jeweils zwei Kettfäden ungleichförmig umschlungen werden. Die mittlere Knotenzahl beträgt bei Orient-T. 100 000-200 000 je m2, die höchste um eine Mio. je m2, bei anderen Knüpf-T. meist weniger.
Die Bez. Orient-T. ist Handelsbegriff für handgearbeitete, sich in Motiv, Musterung und Farbe unterscheidende T. aus der Türkei, Iran, Afghanistan, dem Kaukasus, W-Turkestan, Pakistan, Indien, Zentralchina, O-Turkestan und Tibet. Provenienzen sind bei Orient-T. Gattungsbegriffe und bezeichnen Herkunft und Art näher. Sie werden abgeleitet von Orten (Kaschan, Kerman, Buchara), Prov. (Fareghan, Chorasan, Schirwan) und Volksstämmen (Bachtiaren, Turkmenen).Geschichte: Der älteste erhaltene Orient-T. (5. Jh. v. Chr.) wurde in einem skyth. Grab in Pasyryk gefunden; seine hoch entwickelte Knüpfkunst lässt vermuten, dass die Knüpftechnik wenigstens 3 000 Jahre alt ist. Polit. und wirtsch. Kontakte zw. Asien und Europa hatten zur Folge, dass Orient-T. vereinzelt schon früh nach Europa kamen (Knüpf-T. aus China zur Römerzeit). Spätestens mit dem Vordringen des Islam gelangte der Knüpf-T. nach Spanien (8. Jh.), das selbst zu einem wichtigen Produzenten für Knüpf-T. wurde. Kreuzfahrer brachten vom Ende des 11. Jh. an Orient-T. nach Europa. Im 14. Jh. boten türk. Händler ihre T. in Brügge zum Verkauf. Die Beliebtheit der Orient-T. führte bereits im 16. Jh., zuerst in England und Frankreich, zu europ. Nachbildungen. Orient-T. wurden häufig auf Gemälden des 14.-16. Jh. dargestellt als Hoheitsembleme der Heiligen, Könige und Fürsten, auch als Veranschaulichung der Orientbeziehungen der Großkaufleute. Im 17. und 18. Jh. gehörte der Orient-T. zur Ausstattung von Schlössern. Mit der Verbesserung der Handelswege verbreitete er sich im 19. Jh. immer mehr und wurde Sammlerobjekt von Privatleuten und Museen und auch begehrter Einrichtungsgegenstand. Seit den 1920er-Jahren werden Orient-T. in westl. Ind.ländern maschinell nachgeahmt (Bányai-Knüpfmaschine). Neue handgeknüpfte Orient-T. entstehen v. a. in Indien, Pakistan, Nepal, Tibet, Rumänien, Bulgarien, wo eine Vielzahl von T.-Gattungen ungeachtet ihrer ursprüngl. Provenienzen nachempfunden wird. - Die frühesten Zeugnisse handgeknüpfter europ. T. gehen ins 3. bis 4. Jh. n. Chr. zurück. Im MA. überwog bei der Anfertigung von Bild-T. das Wirkverfahren (Bildwirkerei). Knüpf-T. wurden bes. in Spanien und Frankreich hergestellt und gelangten von dort nach England. Im 17. Jh. wurden in Frankreich geknüpfte T. in viele Länder Europas exportiert.
▣ Literatur:
Adrian, K.: T. von den Anfängen der Teppichkunst bis heute. München 1993.
⃟ T. Muster, Datierung, Provenienzen, bearb. v. E. Milansei u. a. Aus dem Italien. München 1994.
Die Bez. Orient-T. ist Handelsbegriff für handgearbeitete, sich in Motiv, Musterung und Farbe unterscheidende T. aus der Türkei, Iran, Afghanistan, dem Kaukasus, W-Turkestan, Pakistan, Indien, Zentralchina, O-Turkestan und Tibet. Provenienzen sind bei Orient-T. Gattungsbegriffe und bezeichnen Herkunft und Art näher. Sie werden abgeleitet von Orten (Kaschan, Kerman, Buchara), Prov. (Fareghan, Chorasan, Schirwan) und Volksstämmen (Bachtiaren, Turkmenen).Geschichte: Der älteste erhaltene Orient-T. (5. Jh. v. Chr.) wurde in einem skyth. Grab in Pasyryk gefunden; seine hoch entwickelte Knüpfkunst lässt vermuten, dass die Knüpftechnik wenigstens 3 000 Jahre alt ist. Polit. und wirtsch. Kontakte zw. Asien und Europa hatten zur Folge, dass Orient-T. vereinzelt schon früh nach Europa kamen (Knüpf-T. aus China zur Römerzeit). Spätestens mit dem Vordringen des Islam gelangte der Knüpf-T. nach Spanien (8. Jh.), das selbst zu einem wichtigen Produzenten für Knüpf-T. wurde. Kreuzfahrer brachten vom Ende des 11. Jh. an Orient-T. nach Europa. Im 14. Jh. boten türk. Händler ihre T. in Brügge zum Verkauf. Die Beliebtheit der Orient-T. führte bereits im 16. Jh., zuerst in England und Frankreich, zu europ. Nachbildungen. Orient-T. wurden häufig auf Gemälden des 14.-16. Jh. dargestellt als Hoheitsembleme der Heiligen, Könige und Fürsten, auch als Veranschaulichung der Orientbeziehungen der Großkaufleute. Im 17. und 18. Jh. gehörte der Orient-T. zur Ausstattung von Schlössern. Mit der Verbesserung der Handelswege verbreitete er sich im 19. Jh. immer mehr und wurde Sammlerobjekt von Privatleuten und Museen und auch begehrter Einrichtungsgegenstand. Seit den 1920er-Jahren werden Orient-T. in westl. Ind.ländern maschinell nachgeahmt (Bányai-Knüpfmaschine). Neue handgeknüpfte Orient-T. entstehen v. a. in Indien, Pakistan, Nepal, Tibet, Rumänien, Bulgarien, wo eine Vielzahl von T.-Gattungen ungeachtet ihrer ursprüngl. Provenienzen nachempfunden wird. - Die frühesten Zeugnisse handgeknüpfter europ. T. gehen ins 3. bis 4. Jh. n. Chr. zurück. Im MA. überwog bei der Anfertigung von Bild-T. das Wirkverfahren (Bildwirkerei). Knüpf-T. wurden bes. in Spanien und Frankreich hergestellt und gelangten von dort nach England. Im 17. Jh. wurden in Frankreich geknüpfte T. in viele Länder Europas exportiert.
▣ Literatur:
Adrian, K.: T. von den Anfängen der Teppichkunst bis heute. München 1993.
⃟ T. Muster, Datierung, Provenienzen, bearb. v. E. Milansei u. a. Aus dem Italien. München 1994.