Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tempel
Tempel[lat.] der, Kultbau, i. d. R. Mittelpunkt eines geschlossenen sakralen Bezirks. Alle Hochkulturen brachten charakterist. T.-Anlagen hervor.
Der urspr. aus Holz und Lehmziegeln, später aus Stein errichtete grch. T. bestand in seiner frühesten, dem myken. Megaron entsprechenden Form aus einem rechteckigen, nur vom Eingang her erhellten Raum (Cella), in dem das Götterbild stand, und einer Vorhalle (Pronaos) mit zwei Säulen zw. den über die vordere Schmalseite vorgezogenen Längswänden (Anten-T.; Ante). Bei einer anderen frühen Form des T. (Prostylos) wurde die Vorhalle durch eine vor der Eingangsseite stehende Säulenreihe gebildet. Wenn auch die Rückseite des Anten-T. oder des Prostylos eine vorgeblendete Säulenreihe erhielt, entstand der Doppelanten-T. oder der Amphiprostylos. Schon im 8. Jh. wurden T. mit einer ringsum laufenden Säulenhalle gebaut (Peripteros), später auch mit einer doppelten Säulenreihe (Dipteros). Die Cella wurde durch meist zwei Säulenreihen in Längsschiffe unterteilt. Eine Sonderform war der von Säulen umgebene Rund-T. (Tholos). - Die röm. Baukunst hielt lange am Holzbau fest und am italisch-etrusk. Podiumtempel mit hoher Freitreppe und tiefer Vorhalle. Neue Lösungen fand sie im kuppelüberwölbten Rund-T. (Pantheon); Giebel und Gebälk waren urspr. farbig bemalt. Über den plast. Schmuck Metope, Fries. - Über den Aufbau des antiken T. Säulenordnung; vgl. ferner: griechische Kunst, römische Kunst. - Über die T. in Asien Stupa, Pagode, Zikkurat; in Afrika ägyptische Kunst, Höhlentempel; in Amerika Pyramide.
Wahrscheinlich auf phönik. Tradition ging der nur durch bibl. Beschreibungen bekannte T. von Jerusalem zurück, der unter König Salomo als israelit. Hauptheiligtum (Vorhof mit Brandopferaltar, Vorhalle, Hauptraum und Allerheiligstem) errichtet wurde; 587/586 v. Chr. zerstört, nach der babylon. Gefangenschaft 520-516 v. Chr. wieder errichtet (Esra 3-6), von Herodes 19/18 v. Chr. erweitert, von Titus 70 n. Chr. erneut zerstört; nur die Klagemauer blieb erhalten.
Literatur:
Busink, T. A.: Der T. von Jerusalem, 2 Bde. Leiden 1970-80.
Kähler, H.: Der grch. T. Wesen u. Gestalt. Neuausg. Frankfurt am Main 1981.
Kähler, H.: Der röm. T. Raum u. Landschaft. Frankfurt am Main 1982.
Der Alte Orient. Geschichte u. Kultur des alten Vorderasien, hg. v. B. Hrouda. München 1991.
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