Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tarifvertrag
Tarifvertrag,der schriftl. Vertrag zw. Arbeitgebern und Gewerkschaften (T.-Parteien, Tarifpartner) zur Regelung arbeitsvertragl. Bedingungen (Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen), von Rechten und Pflichten der T.-Parteien sowie zur Regelung von betriebl. und betriebsverfassungsrechtl. Fragen und gemeinsamen Einrichtungen der T.-Parteien. Maßgeblich dafür ist das T.-Gesetz (TVG) i. d. F. v. 25. 8. 1969, das seit 1. 7. 1990 auch in den neuen Bundesländern in Kraft ist. Das Recht zum Abschluss eines T. folgt aus der in Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie.
Form und Inhalt: T. können nur zw. tariffähigen Parteien vereinbart werden und bedürfen der Schriftform. Tariffähig sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber, Arbeitgeberverbände, Handwerksinnungen sowie Spitzenorganisationen. Tritt ein T. außer Kraft, besitzt er für die tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch Nachwirkung, bis ein neuer T. den beendeten Tarifvertrag ablöst. - Inhaltlich unterscheidet man Manteltarifvertrag (Rahmen-T.) und Lohn-T. Jeder T. enthält zwei wesentl. Teile: die Regelungen der Rechtsbeziehungen der T.-Parteien zueinander (v. a. die Einwirkungspflicht, die gebietet, zur Wahrung der T. anzuhalten und diese durchzuführen) sowie die zentralen Regelungen der arbeitsvertragl. Rechte und Pflichten.
Geltung: Die zahlreichen T. gelten keineswegs ohne weiteres für alle Beschäftigten des betroffenen Bereichs. Vielmehr muss eine T.-Geltung hergestellt werden, und zwar 1) unmittelbar und zwingend wie ein Gesetz, wenn beide T.-Parteien organisiert sind (Tarifbindung kraft Organisationszugehörigkeit); für alle, die nicht organisiert sind, gilt der T. nicht. Waren Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei In-Kraft-Treten eines T. tarifgebunden, so bleiben sie es, bis der T. endet; d. h., ein danach erfolgter Austritt aus dem Verbund einer T.-Partei zieht nicht sogleich das Erlöschen der Tarifbindung nach sich (§ 3 Abs. 3 TVG). 2) Der Bundes- und die Länderarbeits-Min. können auf Antrag einzelne T. für allgemein verbindlich erklären (Tarifbindung kraft Allgemeinverbindlicherklärung eines T.). 3) Ein T. kann auch Anwendung finden, z. B. wenn er vertraglich vereinbart ist oder im Betrieb allg. angewendet wird (Tarifgeltung kraft einzelarbeitsvertragl. Vereinbarung, betriebl. Übung oder aus Gründen der Gleichbehandlung).
Die Vereinbarungen eines T. sind Mindestregelungen, von denen nur zugunsten eines Arbeitnehmers abgewichen werden kann (Günstigkeitsprinzip), im Übrigen nur bei entsprechenden (Tarif-)Öffnungsklauseln, die ein Abweichen, bes. durch Betriebsvereinbarungen, zulassen.
In Österreich ist der Kollektivvertrag im Arbeitsverfassungs-Ges. 1974 (ArbVG) ähnlich geregelt. In der Schweiz werden T. Gesamtarbeitsverträge (GAV) genannt (Art. 356 ff. OR).
Literatur:
Däubler, W.: Tarifvertragsrecht. Baden-Baden 31993.
Adomeit, K.: Regelung von Arbeitsbedingungen u. ökonom. Notwendigkeiten. Eine Untersuchung zu aktuellen Fragen des deutschen Tarifrechts. Landsberg a. Lech 1996.
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