Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tansania
Tansania Fläche: 945 087 km2
Einwohner: (1995) 29,68 Mio.
Hauptstadt: Dodoma
Verwaltungsgliederung: 25 Regionen
Amtssprache: Suaheli
Nationalfeiertag: 26. 4.
Währung: 1 Tansania-Schilling (T. Sh.) = 100 Cents (Ct.)
Zeitzone: MEZ + 2 Std.
(engl. Tanzania, amtlich Suaheli Jamhuri ya Muungano wa Tanzania, dt. Vereinigte Rep. T.), Staat in O-Afrika, umfasst den Festlandteil Tanganjika sowie die Inseln Sansibar, Pemba und Mafia, grenzt im NW an Burundi und Ruanda, im N an Uganda (z. T. Grenzverlauf durch den Victoriasee), im NO an Kenia, im O an den Ind. Ozean, im S an Moçambique, im SW an Malawi und Sambia, im W an die Demokrat. Rep. Kongo (Grenzverlauf durch den Tanganjikasee).
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1977 (mehrfach revidiert) ist T. eine föderative Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt, oberster Inhaber der Exekutive und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präs. (einmalige Wiederwahl zulässig). Er ernennt den Premiermin. (Ernennung bedarf der Bestätigung durch das Parlament) und die übrigen Mitgl. des Kabinetts, besitzt ein Vetorecht bei der Gesetzgebung und kann das Parlament auflösen. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (232 direkt gewählte und 37 ernannte Abg. sowie fünf Repräsentanten Sansibars und der Generalstaatsanwalt). Sansibar verfügt über eine eigene Verf., ein Repräsentantenhaus (50 Mitgl.) und eine für innere Angelegenheiten zuständige Exekutive. Sein Präs. ist Mitgl. der Zentralregierung. - Neben der Partei der Revolution (CCM), der früheren Einheitspartei, wurden am 1. 7. 1992 auch andere Parteien zugelassen.
Landesnatur: T. ist weitgehend ein Hochland in 1 000-1 500 m Meereshöhe, das durch Bruchstufen des Ostafrikan. Grabensystems und von meist erloschenen Vulkanmassiven gegliedert wird, als höchstes der Kilimandscharo mit 5 895 m ü. M. (Kibo). Dem Hochland ist eine sich nach SO erweiternde Küstenebene vorgelagert, aus der im N die Usambaraberge (bis 2 230 m ü. M.), im Zentrum die Uluguruberge (bis 2 652 m ü. M.) aufragen. T. hat Anteil am Victoria-, Tanganjika- und Malawisee. An der Küste herrscht feuchtheißes trop. Klima, nach W kühleres trop. Hochlandklima. Die Vegetationszonen reichen von Trocken-, Dornbusch- und Feuchtsavanne bis zu immergrünem Bergwald. Dem Schutz der Tierwelt dienen die zum UNESCO-Welterbe erklärten Nationalparks Serengeti und Kilimandscharo, das Naturschutzgebiet Ngorongoro und das Wildreservat von Selous.
Bevölkerung: Rd. 90 % der Bev. gehören zu den etwa 120 ethn. Gruppen der Bantu (größte Völker: Sukuma und Nyamwezi, ferner Nyakyusa, Hehe, Gogo, Cghaga u. a.), außerdem leben in T. Masai, Tutsi, Araber, Inder, Pakistani und Europäer. - Es besteht allg. Schulpflicht vom 8. bis 14. Lebensjahr; Analphabetenquote bei Erwachsenen rd. 15 %; Univ. in Daressalam, Agraruniv. in Sokoine. - Rd. 35 % der Bev. sind Anhänger traditioneller Stammesreligionen, 34 % Christen, 30 % Muslime, ferner u. a. Hindus.
Wirtschaft, Verkehr: T. zählt zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf internat. Wirtschaftshilfe angewiesen. Wichtigster Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft; rd. 6 % der Landesfläche sind Acker-, 45 % Weideland (v. a. Rinderhaltung), 45 % Wald. Überwiegend in bäuerl. Kleinbetrieben Anbau zur Eigenversorgung: v. a. Maniok, Mais, Reis, Hirse, Bananen; meist auf Plantagen für den Export: Baumwolle, Kaffee, Sisal, Cashewnüsse, Tabak, Tee, Pyrethrum; Gewürznelken (15 % der Weltproduktion) auf Sansibar und Pemba. Binnenfischerei für Eigenbedarf. Zahlreiche Bodenschätze, bisher wenig genutzt (Steinkohle, Eisenerz, Gips, Phosphat); geringer Abbau von Gold, Zinn, Salz, Edelsteinen; Diamantenvorkommen fast erschöpft. Kleinbetriebe verarbeiten landwirtsch. Produkte; wenige Großbetriebe: Erdölraffinerie, Zementwerke, Dünger- und Textilfabriken. Tourismus zu den Nationalparks und den histor. Stätten der Suahelikultur, Kilwa und Songo Mnara (UNESCO-Weltkulturerbe). Hauptexportgüter: Kaffee, Baumwolle, ferner Tabak, Gewürznelken, Diamanten, Sisal. Import: Maschinen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel. Haupthandelspartner: Großbritannien, Dtl., Japan. - Das Verkehrsnetz umfasst 2 580 km Eisenbahnlinien (davon 980 km Strecke der Tansam) und 82 000 km Straßen. Haupthäfen: Daressalam, Tanga, Mtwara; internat. Flughäfen: Daressalam, bei Arusha und auf Sansibar; nat. Flugges. Air Tansania.
Geschichte: Nach der Ausbreitung des Islam entwickelte sich im Bereich der ostafrikan. Küste und auf den vorgelagerten Inseln die arabisch-islamisch geprägte Suahelikultur (ein Zentrum war die Stadt Kilwa). 1500-1650 stand das Gebiet unter portugies. Herrschaft. Danach entwickelte sich Sansibar v. a. im 19. Jh. zum Zentrum einer von Arabern aus Oman begründeten Herrschaft. 1884 erwarb C. Peters im Inneren Tansanias Land für seine Kolonialgesellschaft, die am 27. 2. 1885 einen Schutzbrief des Dt. Reiches erhielt. 1890 übernahm nach einem Aufstand der Küstenbev. das Dt. Reich direkt die Reg. von Dt.-Ostafrika. Im Helgoland-Sansibar-Vertrag (1890) grenzten Dtl. und Großbritannien ihre Einflusssphären ab, dabei wurden die Inseln Sansibar und Pemba brit. Protektorat. Der größte Teil Dt.-Ostafrikas kam unter dem Namen Tanganjika 1922 als Völkerbundsmandat, 1946 als UN-Treuhandgebiet an Großbritannien. Nach der Entlassung Tanganjikas in die Unabhängigkeit (1961) und der Ausrufung der Rep. (1962) vereinigte sich Tanganjika mit Sansibar und Pemba 1964 zur Vereinigten Rep. von T. Unter Präs. J. Nyerere (1962-85) entwickelte sich dieses zum sozialistisch bestimmten Einparteienstaat. Außenpolitisch schloss sich T. der Bewegung der blockfreien Staaten an. Es unterstützte seit den 60er-Jahren die schwarzafrikan. Befreiungsbewegungen im südl. Afrika. Jahrelange Spannungen mit Uganda lösten 1978 einen Krieg zw. beiden Staaten aus, der 1979 mit dem Sturz des ugand. Präs. Idi Amin Dada endete. 1985 wurde nach Nyereres Rücktritt A. H. Mwinyi zum Präs. gewählt (1990 bestätigt), der 1992 den Übergang zum Mehrparteiensystem einleitete und nach zwei Amtsperioden nicht mehr kandidieren konnte. Neuer Staatspräs. wurde bei den unter chaot. Umständen abgehaltenen Präsidentschaftswahlen 1995 B. W. Mkapa, der wirtschaftl. Reformen anbahnte. Große Probleme bereiten T. neben Armut und Unterernährung v. a. die weit verbreitete Korruption, polit. Spannungen mit den Inseln Sansibar und Pemba (z. T. separatist. Bestrebungen), ethn. Konflikte (bes. zw. Hutu und Tutsi) in der Region zu Burundi, Ruanda und der Demokrat. Rep. Kongo sowie die Versorgung der (1998) etwa 400 000 Flüchtlinge (hauptsächlich burund. Hutu).
Literatur:
Hecklau, H.: Ostafrika (Kenya, Tanzania, Uganda). Darmstadt 1989.
Aschenbrenner-Wellmann, B.: Ethnizität in Tanzania. München 1991.
Engelhard, K.: T. Gotha 1994.
T. Weite Savannen, Wiege der Menschheit, Beiträge v. U. Ackermann u. a. Frankfurt am Main 1994.
Hecklau, H.: Ostafrika-Bibliographie. Kenia - T. - Uganda. 1945-1993. München u. a. 1996.
Mair, S.: Polit. Wandel in T. Kenia, T. u. Uganda auf dem Weg zur Demokratie? Ebenhausen 1996.
Tanzania. Koloniale Vergangenheit u. neuer Aufbruch, hg. v. U. van der Heyden u. A. von Oppen. Münster 1996.
Contextualising poverty in Tanzania. Historical origins, policy failures and recent trends, hg. v. W. Biermann u. H. P. B. Moshi. Münster 1997.
Ofcansky, T. P u. Yeager, R.: Historical dictionary of Tanzania. Lanham, Md., u. a. 21997.
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