Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Tadschikistan
Tadschikistan ⃟ Fläche: 143 100 km2
Einwohner: (1997) 6,05 Mio.
Hauptstadt: Duschanbe
Verwaltungsgliederung: 2 Regionen, der Hauptstadtbezirk und die Autonome Republik Bergbadachschan
Amtssprache: Tadschikisch
Nationalfeiertag: 9. 9.
Währung: Tadschikistan-Rubel (TR)
Zeitzone: MEZ + 4 Std.
(amtlich tadschikisch Respublikai Todschikiston, dt. Rep. T.), Staat im SO Mittelasiens, Mitglied der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS); grenzt im W und NW an Usbekistan, im N an Kirgistan, im O an China und im S an Afghanistan. Die östl. Landeshälfte bildet die Autonome Republik Bergbadachschan.
Staat und Recht: Nach der am 6. 11. 1994 verabschiedeten Verf. ist T. eine Rep. mit Präsidialsystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf fünf Jahre direkt gewählte, mit weit reichenden exekutiven Befugnissen ausgestattete Präs. Er vertritt die Rep. nach außen und innen, ernennt und entlässt mit Zustimmung des Parlaments die Reg. unter Vors. des MinPräs., ist Inhaber der Notstandsgewalt, verfügt über das Recht der Gesetzesinitiative, kann gegen Gesetzesbeschlüsse sein Veto einlegen und Verordnungen erlassen. Die Legislative liegt beim Parlament, dessen 181 Abg. für fünf Jahre im Mehrheitswahlsystem gewählt werden. - Die KP T.s (CPT), bis 1991 einzig zugelassene Partei, verfügt nach wie vor über großen Einfluss, daneben haben sich v. a. die Volkspartei (PPT), die Partei für Volkseinheit und Eintracht (PPUA) und die Partei für wirtschaftl. und polit. Erneuerung (TPEPR) etabliert. Einige religiöse und nationalist. Oppositionsparteien wurden 1993 verboten und erst 1996/97 wieder zugelassen (z. B. Demokrat. Partei T.s und Partei der Islam. Wiedergeburt).
Landesnatur: T. ist weitgehend ein erdbebengefährdetes Hochgebirgsland. Der gesamte O des Landes gehört zum Pamir, der im westl. Teil stark vergletschert ist (bes. Fedtschenkogletscher) und bis 7 495 m ü. M. aufragt, sowie randlich zum westlich anschließenden Alai. Nach W folgen Turkestan- (bis 5 621 m ü. M.), Serawschankette (5 489 m ü. M.), südlich davon das Hissargebirge (bis 4 643 m ü. M.), die das westl. T. zentral durchziehen. Ihre S-Abdachung wird von den in den Amudarja und seinen Oberlauf Pjandsch (bilden die Grenze gegen Afghanistan) mündenden Flüssen in ein abwechslungsreiches Bergland (600-2 000 m ü. M.) gegliedert. Im N hat T. Anteil am Ferganabecken, nördlich davon am Tienschan (Kuramingebirge, bis 3 769 m ü. M.). - Es herrscht ein sonnenscheinreiches Kontinentalklima mit großen jahres- und tageszeitl. Unterschieden, das sich mit der Höhenlage stark ändert. Die größten Niederschlagsmengen (1 600 mm/Jahr) erhalten die S-Hänge des Hissargebirges, niederschlagsarm sind dagegen die unteren Ebenen, die Gebirgskessel und -täler und der östl. Pamir. - Bis zu 600 m ü. M. erstreckt sich die Wüsten- und Halbwüstenzone, in der Vorgebirgszone bis 1 200 m ü. M. Wüsten- und Trockensteppe, darüber Steppen-, lichter Waldgürtel, Hochgebirgswiesen und -wiesensteppen.
Bevölkerung: Den Hauptteil bilden (nach Schätzungen 1997) Tadschiken (65 %) und Usbeken (23 %); des Weiteren leben in T. Russen (6 %), Tataren (1,4 %), Kirgisen (1,3 %), Ukrainer (0,7 %) und Deutsche (0,3 %). Als Folge des auflebenden Nationalismus, verbunden mit zunehmenden Gegensätzen zw. Tadschiken und Usbeken einerseits und islam. und nicht islam. Volksgruppen andererseits, haben 1989-97 etwa 600 000 Russisch sprechende Bürger, aber auch zahlr. Usbeken (Massenflucht Ende 1992) u. a. das Land verlassen. Nahezu die gesamte Bev. konzentriert sich auf etwa 10 % der Fläche (Gebirgstäler, -becken, Vorgebirgsregionen). Am dichtesten ist das Hissartal (etwa 30 % der Bev.) besiedelt. - Neben der Akademie der Wiss. gibt es fünf Univ. in Duschanbe und eine weitere in Chudschand; daneben existieren mehrere Hochschulen. Die dominierende Religion ist der sunnit. Islam, dem mit den Tadschiken, Usbeken und den übrigen turksprachigen Nationalitäten nominell über 90 % der Bev. angehören; von den etwa 2,5 % Christen gehören über 75 % der orth. Kirche an.
Wirtschaft, Verkehr: T. war in der ehem. Sowjetunion die wirtsch. am schwächsten entwickelte Rep. Die ungenügende Infrastruktur und die von der Moskauer Zentralreg. betriebene einseitige Ausrichtung auf die Lieferung von Baumwolle verhinderten die Entstehung einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur. Ein großer Teil der Bev. lebt unter der Armutsgrenze. Der Übergang zu marktwirtsch. Strukturen verläuft schleppend. Durch den Bürgerkrieg ist die Wirtschaft stark zerrüttet. Von der landwirtsch. Nutzfläche (knapp 30 % der Landesfläche) sind nur etwa 15 % Acker-, der weitaus größte Teil extensives Weideland. Die Anbaufläche wird zu etwa 80 % bewässert (40 000 km Bewässerungskanäle, bes. in der Dangarasteppe, im Ferganabecken, im Tal des Wachsch und seines Nebenflusses Jawansu). Größte Bedeutung hat der in Monokultur betriebene Anbau von Baumwolle, deren Anbaufläche in den letzten Jahrzehnten auf Kosten des Getreideanbaus erweitert wurde. Der Verlust von Ackerland durch Bodenversalzung (infolge unsachgemäßer Bewässerung) und -erosion ist groß. Der Anbau von Getreide (Weizen, Reis, Mais), Tabak, Flachs, Jute, Gemüse, Gewürz- und Ölpflanzen (Sesam, Geranium) sowie der Obst- (bes. Zitrusfrüchte) und Weinbau (v. a. in Nord-T.) spielen eine untergeordnete Rolle. In den östl. Gebirgsregionen dominiert die Viehhaltung (Yaks, Karakulschafe, Schafe, Ziegen, Rinder). Eine beachtl. Bedeutung hat die Seidenraupenzucht. - Etwa zwei Drittel der gesamten industriellen Bruttoproduktion entfallen auf die Aufbereitung von Baumwolle, Seide und Wolle sowie die Teppichknüpferei und auf die Nahrungsmittelind. (Obstkonserven-, Geraniumölherstellung, Weinkeltereien). Nach 1940 entstanden im westl. Landesteil, bes. im Ferganatal (um Chudschand), in und um Duschanbe und in der Region Kurgan-Tjube neue Ind.zweige wie Buntmetallerzverhüttung (Regar), Aluminiumerzeugung (Jawan), Maschinenbau, Metallverarbeitung und chem. Ind. In großem Umfang erfolgt die Elektroenergieerzeugung durch Wasserkraftwerke (bes. an Wachsch, Syrdarja, Warsob, Murgab). T. besitzt reiche Vorkommen an Uranerz und Gold, dagegen sind die Lagerstätten an Erdöl, -gas und Kohle von geringerer Bedeutung und werden wenig genutzt. - Wichtigste Ausfuhrgüter sind Baumwolle, Buntmetalle (Blei, Zink, Wolfram, Wismut, Arsen, Zinn, Antimon, Quecksilber) und Erzeugnisse der Leichtind. Der bis 1991 vorrangige Handel mit Russland wird zunehmend durch den mit islam. Staaten, bes. Iran, Usbekistan und Türkei, ersetzt. - Es gibt nur wenige moderne Verkehrsverbindungen. T. verfügt über (1995) 473 km Eisenbahnstrecken, v. a. im SW des Landes. Der Güterverkehr erfolgt größtenteils mittels Lkw (28 000 km Straßennetz, darunter die beiden Hochgebirgsstraßen »Große Pamirstraße« von Duschanbe nach Chorog in Bergbadachschan und »Ostpamirstraße« von Chorog nach Osch in Kirgistan). Auf dem Pjandsch, Amudarja und Wachsch ist streckenweise (etwa auf 300 km) Schifffahrt möglich. Internat. Flughafen bei Duschanbe.
Geschichte: Im Altertum gehörte das Territorium von T. zu den Reichen der Baktrer und Sogdier, kam im 6. Jh. v. Chr. an das pers. Großreich der Achaimeniden und wurde im 4. Jh. v. Chr. von Alexander d. Gr. erobert. Nach der Zeitenwende beherrschten es u. a. die Hephthaliten; im 7./8. Jh. drangen die Araber ein, unter denen die Islamisierung des Gebietes einsetzte. Im 9./10. Jh. bestand das Reich der Samaniden (nach Auffassung der Tadschiken deren erstes selbstständiges nat. Staatsgebilde). Im 13. Jh. fielen die Mongolen in T. ein, seit dem 16. Jh. herrschten die Usbeken. In der 2. Hälfte des 19. Jh. geriet der N unter russ. Herrschaft (Gouv. Turkestan), der S blieb nominell unter der Herrschaft Bucharas, das vom Russ. Reich abhängig war. Nach der Oktoberrevolution wurde der nördl. Teil der Turkestan. ASSR eingegliedert, andere Teile kamen zu der 1920 etablierten VR Buchara. Die 1924 innerhalb der Usbek. SSR geschaffene Tadschik. ASSR wurde 1929 eine eigenständige Unionsrep. (Tadschik. SSR). Bis Mitte der 30er-Jahre schlug die Rote Armee die nach der Oktoberrevolution entstandene, pantürkisch-islamisch orientierte Basmatschen-Bewegung nieder. Seit den 30er-Jahren wurde die Industrialisierung vorangetrieben. Erst nach Stalins Tod konnte sich eine neue nat. Elite bilden und an den Machtstrukturen partizipieren. Im Zuge eines wieder erwachenden Nationalbewusstseins während der sowjet. Politik der Perestroika erklärte sich T. am 24. 8. 1990 für souverän innerhalb der UdSSR und proklamierte am 9. 9. 1991 seine Unabhängigkeit. Der Kommunist Rahman Nabijew (* 1930, ✝ 1993), gewann die ersten Präsidentschaftswahlen im Nov. 1991. Im Dez. 1991 trat T. der GUS bei. Nach schweren Unruhen erzwang die Opposition (Islam. Partei der Wiedergeburt, nationalist. Volksbewegung »Rastochez«, Demokrat. Partei T.s) im Mai 1992 zunächst ihre Beteiligung an der Macht (Bildung einer Koalitionsreg.), im Sept. 1992 stürzte sie Präs. Nabijew. Im S des Landes lösten blutige Kämpfe zw. Reg. und islamist., demokrat., nationalist. und kommunist. Kräften, denen sich auch regionale Clans sowie kriminelle Banden anschlossen, einen Flüchtlingsstrom aus, und es kam zum Bürgerkrieg. Im Nov. 1992 wurde der kommunist. Politiker Emomali Rachmanow (* 1952) Staatsoberhaupt. Die anhaltenden Bürgerkriegskämpfe v. a. im Grenzgebiet zu Afghanistan eskalierten, als die muslim. Kräfte Unterstützung durch afghan. Mudschaheddin erhielten und 1993 in der Konfliktregion stationierte russ. Truppen auf Anfrage der Reg. in die Kämpfe eingriffen. Am 21. 6. 1993 wurden die bedeutendsten Oppositionsgruppen (u. a. die Demokrat. Partei T.s, die Islam. Partei der Wiedergeburt und »Rastochez«) verboten. Bis 1996 brachten oppositionelle Gruppierungen fast den gesamten O des Landes unter ihre Kontrolle; der Bürgerkrieg forderte rd. 100 000 Menschenleben. Am 20. 10. 1994 trat ein unter Vermittlung Irans, Russlands und den UN zustande gekommener Waffenstillstand in Kraft, auf dessen Basis Gespräche zw. Reg. und Opposition möglich wurden. Ein am 27. 6. 1997 von Präs. Rachmanow und dem Oppositionsführer Said Abdullo Nuri in Moskau unterzeichnetes Friedensabkommen, das die Bildung eines »Nat. Versöhnungsrates« und weitere Maßnahmen zur polit. Regelung des Konflikts vorsah, schuf Voraussetzungen für eine Amnestie, die Rückkehr von Flüchtlingen und die Beteiligung der Opposition an der Reg. Dennoch brachen auch in der Folgezeit wiederholt Gefechte aus; ebenso kam es zu gewaltsamen Übergriffen auf die russ. Truppen, aber auch auf Vertreter internat. Organisationen. Im Sommer 1998 wurden ehem. Rebellenstreitkräfte auf die Verf. vereidigt und weitere Mitgl. der Opposition in die Reg. aufgenommen.
▣ Literatur:
Informationszentrum des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Die neuen zentralasiat. Länder. Kasachstan, Kirgisien, T., Turkmenistan, Usbekistan, hg. vom München 1993.
⃟ Buschkow, W.: Polit. Entwicklung im nachsowjet. Mittelasien. Der Machtkampf in T. 1989-94. A. d. Russ. Köln 1995.
⃟ Bürden auferlegter Unabhängigkeit. Neue Staaten im post-sowjet. Zentralasien, hg. v. G. Mangott u. a. Wien 1996.
⃟ Götz, R. u. Halbach, U.: Polit. Lexikon GUS. München 31996.
⃟ Mittelasien. Die Entwicklung in T., Usbekistan, Turkmenistan u. Kyrgysstan seit der Unabhängigkeit, hg. v. M. Marsall. Sankt Augustin 1996.
⃟ Reissner, J.: Bürgerkrieg in T. Ebenhausen 1997.
Einwohner: (1997) 6,05 Mio.
Hauptstadt: Duschanbe
Verwaltungsgliederung: 2 Regionen, der Hauptstadtbezirk und die Autonome Republik Bergbadachschan
Amtssprache: Tadschikisch
Nationalfeiertag: 9. 9.
Währung: Tadschikistan-Rubel (TR)
Zeitzone: MEZ + 4 Std.
(amtlich tadschikisch Respublikai Todschikiston, dt. Rep. T.), Staat im SO Mittelasiens, Mitglied der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS); grenzt im W und NW an Usbekistan, im N an Kirgistan, im O an China und im S an Afghanistan. Die östl. Landeshälfte bildet die Autonome Republik Bergbadachschan.
Staat und Recht: Nach der am 6. 11. 1994 verabschiedeten Verf. ist T. eine Rep. mit Präsidialsystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf fünf Jahre direkt gewählte, mit weit reichenden exekutiven Befugnissen ausgestattete Präs. Er vertritt die Rep. nach außen und innen, ernennt und entlässt mit Zustimmung des Parlaments die Reg. unter Vors. des MinPräs., ist Inhaber der Notstandsgewalt, verfügt über das Recht der Gesetzesinitiative, kann gegen Gesetzesbeschlüsse sein Veto einlegen und Verordnungen erlassen. Die Legislative liegt beim Parlament, dessen 181 Abg. für fünf Jahre im Mehrheitswahlsystem gewählt werden. - Die KP T.s (CPT), bis 1991 einzig zugelassene Partei, verfügt nach wie vor über großen Einfluss, daneben haben sich v. a. die Volkspartei (PPT), die Partei für Volkseinheit und Eintracht (PPUA) und die Partei für wirtschaftl. und polit. Erneuerung (TPEPR) etabliert. Einige religiöse und nationalist. Oppositionsparteien wurden 1993 verboten und erst 1996/97 wieder zugelassen (z. B. Demokrat. Partei T.s und Partei der Islam. Wiedergeburt).
Landesnatur: T. ist weitgehend ein erdbebengefährdetes Hochgebirgsland. Der gesamte O des Landes gehört zum Pamir, der im westl. Teil stark vergletschert ist (bes. Fedtschenkogletscher) und bis 7 495 m ü. M. aufragt, sowie randlich zum westlich anschließenden Alai. Nach W folgen Turkestan- (bis 5 621 m ü. M.), Serawschankette (5 489 m ü. M.), südlich davon das Hissargebirge (bis 4 643 m ü. M.), die das westl. T. zentral durchziehen. Ihre S-Abdachung wird von den in den Amudarja und seinen Oberlauf Pjandsch (bilden die Grenze gegen Afghanistan) mündenden Flüssen in ein abwechslungsreiches Bergland (600-2 000 m ü. M.) gegliedert. Im N hat T. Anteil am Ferganabecken, nördlich davon am Tienschan (Kuramingebirge, bis 3 769 m ü. M.). - Es herrscht ein sonnenscheinreiches Kontinentalklima mit großen jahres- und tageszeitl. Unterschieden, das sich mit der Höhenlage stark ändert. Die größten Niederschlagsmengen (1 600 mm/Jahr) erhalten die S-Hänge des Hissargebirges, niederschlagsarm sind dagegen die unteren Ebenen, die Gebirgskessel und -täler und der östl. Pamir. - Bis zu 600 m ü. M. erstreckt sich die Wüsten- und Halbwüstenzone, in der Vorgebirgszone bis 1 200 m ü. M. Wüsten- und Trockensteppe, darüber Steppen-, lichter Waldgürtel, Hochgebirgswiesen und -wiesensteppen.
Bevölkerung: Den Hauptteil bilden (nach Schätzungen 1997) Tadschiken (65 %) und Usbeken (23 %); des Weiteren leben in T. Russen (6 %), Tataren (1,4 %), Kirgisen (1,3 %), Ukrainer (0,7 %) und Deutsche (0,3 %). Als Folge des auflebenden Nationalismus, verbunden mit zunehmenden Gegensätzen zw. Tadschiken und Usbeken einerseits und islam. und nicht islam. Volksgruppen andererseits, haben 1989-97 etwa 600 000 Russisch sprechende Bürger, aber auch zahlr. Usbeken (Massenflucht Ende 1992) u. a. das Land verlassen. Nahezu die gesamte Bev. konzentriert sich auf etwa 10 % der Fläche (Gebirgstäler, -becken, Vorgebirgsregionen). Am dichtesten ist das Hissartal (etwa 30 % der Bev.) besiedelt. - Neben der Akademie der Wiss. gibt es fünf Univ. in Duschanbe und eine weitere in Chudschand; daneben existieren mehrere Hochschulen. Die dominierende Religion ist der sunnit. Islam, dem mit den Tadschiken, Usbeken und den übrigen turksprachigen Nationalitäten nominell über 90 % der Bev. angehören; von den etwa 2,5 % Christen gehören über 75 % der orth. Kirche an.
Wirtschaft, Verkehr: T. war in der ehem. Sowjetunion die wirtsch. am schwächsten entwickelte Rep. Die ungenügende Infrastruktur und die von der Moskauer Zentralreg. betriebene einseitige Ausrichtung auf die Lieferung von Baumwolle verhinderten die Entstehung einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur. Ein großer Teil der Bev. lebt unter der Armutsgrenze. Der Übergang zu marktwirtsch. Strukturen verläuft schleppend. Durch den Bürgerkrieg ist die Wirtschaft stark zerrüttet. Von der landwirtsch. Nutzfläche (knapp 30 % der Landesfläche) sind nur etwa 15 % Acker-, der weitaus größte Teil extensives Weideland. Die Anbaufläche wird zu etwa 80 % bewässert (40 000 km Bewässerungskanäle, bes. in der Dangarasteppe, im Ferganabecken, im Tal des Wachsch und seines Nebenflusses Jawansu). Größte Bedeutung hat der in Monokultur betriebene Anbau von Baumwolle, deren Anbaufläche in den letzten Jahrzehnten auf Kosten des Getreideanbaus erweitert wurde. Der Verlust von Ackerland durch Bodenversalzung (infolge unsachgemäßer Bewässerung) und -erosion ist groß. Der Anbau von Getreide (Weizen, Reis, Mais), Tabak, Flachs, Jute, Gemüse, Gewürz- und Ölpflanzen (Sesam, Geranium) sowie der Obst- (bes. Zitrusfrüchte) und Weinbau (v. a. in Nord-T.) spielen eine untergeordnete Rolle. In den östl. Gebirgsregionen dominiert die Viehhaltung (Yaks, Karakulschafe, Schafe, Ziegen, Rinder). Eine beachtl. Bedeutung hat die Seidenraupenzucht. - Etwa zwei Drittel der gesamten industriellen Bruttoproduktion entfallen auf die Aufbereitung von Baumwolle, Seide und Wolle sowie die Teppichknüpferei und auf die Nahrungsmittelind. (Obstkonserven-, Geraniumölherstellung, Weinkeltereien). Nach 1940 entstanden im westl. Landesteil, bes. im Ferganatal (um Chudschand), in und um Duschanbe und in der Region Kurgan-Tjube neue Ind.zweige wie Buntmetallerzverhüttung (Regar), Aluminiumerzeugung (Jawan), Maschinenbau, Metallverarbeitung und chem. Ind. In großem Umfang erfolgt die Elektroenergieerzeugung durch Wasserkraftwerke (bes. an Wachsch, Syrdarja, Warsob, Murgab). T. besitzt reiche Vorkommen an Uranerz und Gold, dagegen sind die Lagerstätten an Erdöl, -gas und Kohle von geringerer Bedeutung und werden wenig genutzt. - Wichtigste Ausfuhrgüter sind Baumwolle, Buntmetalle (Blei, Zink, Wolfram, Wismut, Arsen, Zinn, Antimon, Quecksilber) und Erzeugnisse der Leichtind. Der bis 1991 vorrangige Handel mit Russland wird zunehmend durch den mit islam. Staaten, bes. Iran, Usbekistan und Türkei, ersetzt. - Es gibt nur wenige moderne Verkehrsverbindungen. T. verfügt über (1995) 473 km Eisenbahnstrecken, v. a. im SW des Landes. Der Güterverkehr erfolgt größtenteils mittels Lkw (28 000 km Straßennetz, darunter die beiden Hochgebirgsstraßen »Große Pamirstraße« von Duschanbe nach Chorog in Bergbadachschan und »Ostpamirstraße« von Chorog nach Osch in Kirgistan). Auf dem Pjandsch, Amudarja und Wachsch ist streckenweise (etwa auf 300 km) Schifffahrt möglich. Internat. Flughafen bei Duschanbe.
Geschichte: Im Altertum gehörte das Territorium von T. zu den Reichen der Baktrer und Sogdier, kam im 6. Jh. v. Chr. an das pers. Großreich der Achaimeniden und wurde im 4. Jh. v. Chr. von Alexander d. Gr. erobert. Nach der Zeitenwende beherrschten es u. a. die Hephthaliten; im 7./8. Jh. drangen die Araber ein, unter denen die Islamisierung des Gebietes einsetzte. Im 9./10. Jh. bestand das Reich der Samaniden (nach Auffassung der Tadschiken deren erstes selbstständiges nat. Staatsgebilde). Im 13. Jh. fielen die Mongolen in T. ein, seit dem 16. Jh. herrschten die Usbeken. In der 2. Hälfte des 19. Jh. geriet der N unter russ. Herrschaft (Gouv. Turkestan), der S blieb nominell unter der Herrschaft Bucharas, das vom Russ. Reich abhängig war. Nach der Oktoberrevolution wurde der nördl. Teil der Turkestan. ASSR eingegliedert, andere Teile kamen zu der 1920 etablierten VR Buchara. Die 1924 innerhalb der Usbek. SSR geschaffene Tadschik. ASSR wurde 1929 eine eigenständige Unionsrep. (Tadschik. SSR). Bis Mitte der 30er-Jahre schlug die Rote Armee die nach der Oktoberrevolution entstandene, pantürkisch-islamisch orientierte Basmatschen-Bewegung nieder. Seit den 30er-Jahren wurde die Industrialisierung vorangetrieben. Erst nach Stalins Tod konnte sich eine neue nat. Elite bilden und an den Machtstrukturen partizipieren. Im Zuge eines wieder erwachenden Nationalbewusstseins während der sowjet. Politik der Perestroika erklärte sich T. am 24. 8. 1990 für souverän innerhalb der UdSSR und proklamierte am 9. 9. 1991 seine Unabhängigkeit. Der Kommunist Rahman Nabijew (* 1930, ✝ 1993), gewann die ersten Präsidentschaftswahlen im Nov. 1991. Im Dez. 1991 trat T. der GUS bei. Nach schweren Unruhen erzwang die Opposition (Islam. Partei der Wiedergeburt, nationalist. Volksbewegung »Rastochez«, Demokrat. Partei T.s) im Mai 1992 zunächst ihre Beteiligung an der Macht (Bildung einer Koalitionsreg.), im Sept. 1992 stürzte sie Präs. Nabijew. Im S des Landes lösten blutige Kämpfe zw. Reg. und islamist., demokrat., nationalist. und kommunist. Kräften, denen sich auch regionale Clans sowie kriminelle Banden anschlossen, einen Flüchtlingsstrom aus, und es kam zum Bürgerkrieg. Im Nov. 1992 wurde der kommunist. Politiker Emomali Rachmanow (* 1952) Staatsoberhaupt. Die anhaltenden Bürgerkriegskämpfe v. a. im Grenzgebiet zu Afghanistan eskalierten, als die muslim. Kräfte Unterstützung durch afghan. Mudschaheddin erhielten und 1993 in der Konfliktregion stationierte russ. Truppen auf Anfrage der Reg. in die Kämpfe eingriffen. Am 21. 6. 1993 wurden die bedeutendsten Oppositionsgruppen (u. a. die Demokrat. Partei T.s, die Islam. Partei der Wiedergeburt und »Rastochez«) verboten. Bis 1996 brachten oppositionelle Gruppierungen fast den gesamten O des Landes unter ihre Kontrolle; der Bürgerkrieg forderte rd. 100 000 Menschenleben. Am 20. 10. 1994 trat ein unter Vermittlung Irans, Russlands und den UN zustande gekommener Waffenstillstand in Kraft, auf dessen Basis Gespräche zw. Reg. und Opposition möglich wurden. Ein am 27. 6. 1997 von Präs. Rachmanow und dem Oppositionsführer Said Abdullo Nuri in Moskau unterzeichnetes Friedensabkommen, das die Bildung eines »Nat. Versöhnungsrates« und weitere Maßnahmen zur polit. Regelung des Konflikts vorsah, schuf Voraussetzungen für eine Amnestie, die Rückkehr von Flüchtlingen und die Beteiligung der Opposition an der Reg. Dennoch brachen auch in der Folgezeit wiederholt Gefechte aus; ebenso kam es zu gewaltsamen Übergriffen auf die russ. Truppen, aber auch auf Vertreter internat. Organisationen. Im Sommer 1998 wurden ehem. Rebellenstreitkräfte auf die Verf. vereidigt und weitere Mitgl. der Opposition in die Reg. aufgenommen.
▣ Literatur:
Informationszentrum des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Die neuen zentralasiat. Länder. Kasachstan, Kirgisien, T., Turkmenistan, Usbekistan, hg. vom München 1993.
⃟ Buschkow, W.: Polit. Entwicklung im nachsowjet. Mittelasien. Der Machtkampf in T. 1989-94. A. d. Russ. Köln 1995.
⃟ Bürden auferlegter Unabhängigkeit. Neue Staaten im post-sowjet. Zentralasien, hg. v. G. Mangott u. a. Wien 1996.
⃟ Götz, R. u. Halbach, U.: Polit. Lexikon GUS. München 31996.
⃟ Mittelasien. Die Entwicklung in T., Usbekistan, Turkmenistan u. Kyrgysstan seit der Unabhängigkeit, hg. v. M. Marsall. Sankt Augustin 1996.
⃟ Reissner, J.: Bürgerkrieg in T. Ebenhausen 1997.