Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Südtirol
Südtirol(italien. Alto Adige, 1948-72 amtl. dt. Bez. Tiroler Etschland), südlich des Brenners gelegener Teil der ehem. Grafschaft Tirol; entspricht der italien. autonomen Provinz Bozen innerhalb der autonomen Region Trentino-S.; 7 400 km2, (1997) 456 300 Einwohner. Den N-Saum bilden die S-Abdachungen der Ötztaler und Zillertaler Alpen, die W-Grenze die Ortler- und Adamello-Presanella-Gruppen, die den kristallinen Zentralalpen angehören. S. hat im O und S Anteil an den Dolomiten. - Der überwiegende Teil der ländl. Bev. spricht Deutsch, in den größeren Städten (Bozen, Meran, Brixen, Leifers) ist die Mehrheit italienischsprachig. Ladin. Volksgruppen leben im Grödner Tal und im Gadertal. Bei der Volkszählung 1991 gaben 68,0 % der Bev. Deutsch als Muttersprache an, 27,6 % Italienisch und 4,4 % Ladinisch. - Hauptsiedlungs- und Wirtschaftsgebiet sowie Hauptverkehrswege sind die Täler der Etsch und des Eisack. In höheren Lagen v. a. Viehwirtschaft, in den Tälern exportorientierter Wein- und Obstanbau; Metall- und Fahrzeugind. um Bozen und Meran; ganzjähriger Fremdenverkehr.
Geschichte: Über die Entwicklung vor 1919 Tirol (Geschichte). Im Friedensvertrag von Saint-Germain-en-Laye (10. 9. 1919) musste Österreich S. an Italien abtreten, das damit seine alten Ansprüche auf die Brennergrenze durchsetzte. Gegen die deutschsprachige Bevölkerungsmehrheit in der Provinz Bozen betrieb die faschist. Regierung eine entschlossene Italianisierungspolitik. Nach dem dt.-italien. Umsiedlungsvertrag von 1939 entschieden sich 86 % der deutschsprachigen Bev. für die dt. Staatszugehörigkeit und waren damit zur Umsiedlung ins Dt. Reich gezwungen (Option). 1943 wurde das Gebiet der dt. Zivilverwaltung unterstellt, was einer Einverleibung ins Dt. Reich gleichkam, und die Umsiedlung gestoppt. Nach dem Zweiten Weltkrieg forderte Österreich auf der Pariser Friedenskonferenz mit Italien (1946) vergeblich die Rückgabe der Provinz Bozen. Im Gruber-De-Gasperi-Abkommen vom 5. 9. 1946 sagte Italien der deutschsprachigen Bev. von S. kulturelle und administrative Autonomie sowie wirtsch. Förderung zu. Die Schaffung der Region Trentino-S. und das ihr insgesamt gewährte Autonomiestatut (29. 1. 1948) versetzten jedoch die dt. und ladin. Südtiroler in die Minderheit. Nach österr. Protesten kam es 1956-60 auf Drängen der UN zu Verhandlungen zw. Österreich und Italien, die durch Anschläge extremist. Gruppen aus S. belastet waren. Ergebnis der Verhandlungen war das erweiterte S.-Paket, das den Sonderstatus der Region durch Verf.gesetz garantiert und der dt. und ladin. Bev. weitgehende Autonomie gewährt. Durch Noten der italien. und österr. Reg. v. a. zur internat. Verankerung des S.-Pakets wurde der Konflikt 1992 auch völkerrechtlich beendet.
Literatur:
Steininger, R.: S. im 20. Jahrhundert. Innsbruck 1997.
Steininger, R.: S. 1918 - 1999. Innsbruck 1999.
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