Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Sturm und Drang
Sturm und Drang[nach dem Drama »S. u. D.« (1776) von F. M. Klinger] (Geniezeit), Bez. für eine geistige Bewegung in Dtl., etwa von Mitte der 1760er-Jahre bis um 1790, v. a. in der Literatur ausgeprägt. Hervorgegangen aus Aufklärung und Empfindsamkeit, war der S. u. D. eine Protestmanifestation der jugendl. Literaten, die sich auf Rousseau, Spinoza, die engl. Literaturästhetik und Lessing (v. a. seine Ablehnung der Regelpoetik der frz. Klassik) beriefen. Sie huldigten dem Geniekult, ihr großes Vorbild war Shakespeare, ihr Interesse galt der Geschichte und der Sprache (die wichtigsten Impulse kamen hier von J. G. Herder, der die Idee der Kulturnation herausbildete). War die Bewegung anfangs durch die Anregungen von J. G. Hamann und J. K. Lavater noch religiös geprägt, erhielt sie durch Herder und den jungen Goethe (Begegnung in Straßburg 1770) einen literar. Charakter. Bevorzugte Gattung war das Drama, wo der leidenschaftl. Freiheitsdrang, die Auflehnung gegen alle überkommenen Normen am direktesten dargestellt werden konnten (H. W. Gerstenberg, J. M. R. Lenz, H. L. Wagner, Goethe mit »Götz von Berlichingen« und dem »Urfaust«, Schiller v. a. mit den »Räubern«). Die Lyrik des S. u. D., unter dem Einfluss der Pindar-Rezeption des 18. Jh., strebte nach Gestaltung wahrer Empfindungen und unmittelbaren Erlebens, vollendet verwirklicht in Goethes Gedichten für Friederike Brion; in der Dichtung des Göttinger Hains wirkte stark das Vorbild Klopstocks; das Interesse für Geschichte und Volksüberlieferungen regte die Balladendichtung an (G. A. Bürger). In der Epik fand die Suche nach Authentizität in derAutobiographie und im Briefroman (herausragend Goethes »Die Leiden des jungen Werthers«) Ausdruck. Mit seinem Subjektivismus, mit dem Interesse für das MA., für Volksdichtung, für Unheimliches und Übersinnliches trug der S. u. D. zur Vorbereitung der Romantik bei.
Sturm und Drang[nach dem Drama »S. u. D.« (1776) von F. M. Klinger] (Geniezeit), Bez. für eine geistige Bewegung in Dtl., etwa von Mitte der 1760er-Jahre bis um 1790, v. a. in der Literatur ausgeprägt. Hervorgegangen aus Aufklärung und Empfindsamkeit, war der S. u. D. eine Protestmanifestation der jugendl. Literaten, die sich auf Rousseau, Spinoza, die engl. Literaturästhetik und Lessing (v. a. seine Ablehnung der Regelpoetik der frz. Klassik) beriefen. Sie huldigten dem Geniekult, ihr großes Vorbild war Shakespeare, ihr Interesse galt der Geschichte und der Sprache (die wichtigsten Impulse kamen hier von J. G. Herder, der die Idee der Kulturnation herausbildete). War die Bewegung anfangs durch die Anregungen von J. G. Hamann und J. K. Lavater noch religiös geprägt, erhielt sie durch Herder und den jungen Goethe (Begegnung in Straßburg 1770) einen literar. Charakter. Bevorzugte Gattung war das Drama, wo der leidenschaftl. Freiheitsdrang, die Auflehnung gegen alle überkommenen Normen am direktesten dargestellt werden konnten (H. W. Gerstenberg, J. M. R. Lenz, H. L. Wagner, Goethe mit »Götz von Berlichingen« und dem »Urfaust«, Schiller v. a. mit den »Räubern«). Die Lyrik des S. u. D., unter dem Einfluss der Pindar-Rezeption des 18. Jh., strebte nach Gestaltung wahrer Empfindungen und unmittelbaren Erlebens, vollendet verwirklicht in Goethes Gedichten für Friederike Brion; in der Dichtung des Göttinger Hains wirkte stark das Vorbild Klopstocks; das Interesse für Geschichte und Volksüberlieferungen regte die Balladendichtung an (G. A. Bürger). In der Epik fand die Suche nach Authentizität in derAutobiographie und im Briefroman (herausragend Goethes »Die Leiden des jungen Werthers«) Ausdruck. Mit seinem Subjektivismus, mit dem Interesse für das MA., für Volksdichtung, für Unheimliches und Übersinnliches trug der S. u. D. zur Vorbereitung der Romantik bei.