Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Straßenverkehrsabgaben
Straßenverkehrsabgaben,diejenigen Steuern, Gebühren und Beiträge, die den Straßenverkehr belasten, indem sie entweder am Transportvorgang selbst oder aber am Transportmittel und seinen Treibstoffen ansetzen. In der Diskussion einer ökonomisch »angemessenen« Belastung des Straßenverkehrs werden die folgenden Zwecke von S. erörtert: 1) S. zur Anlastung der Wegekosten (einschl. der mit der Verkehrsregelung verbundenen Kosten und unter Beteiligung auch ausländ. Straßenbenutzer). Dabei wäre zu unterscheiden zw. einem pauschalen, von der Zahl der gefahrenen Kilometer unabhängigen jährl. Beitrag zu den fixen Kosten der Wegebereitstellung und einer variablen S. entsprechend der Fahrleistung. S. als lastabhängige »Rotationsgebühr« zur Lenkung der Verkehrsnachfrage auf den Teilen des Fernstraßensystems und der innerstädt. Straßen, auf denen die Nachfrage das Angebot (die Kapazität) zeitweilig übersteigt; Versuche mit einer derartigen (u. U. elektronisch kontrollierten) differenzierten Preisbildung für bestimmte Teile des Straßennetzes und bestimmte Spitzenverkehrszeiten haben in Hongkong und Singapur stattgefunden. In Dtl. finanzierte das Bundesverkehrsministerium 1994 einen Großversuch zur Erprobung versch. Systeme der elektron. Erhebung nutzungsabhängiger Straßenbenutzungsgebühren (»electronic road pricing«) auf der Autobahn zw. Bonn und Köln. Gegen die Einführung derartiger Entgeltsysteme werden u. a. Bedenken im Hinblick auf den Datenschutz geltend gemacht. 3) S. als Umweltabgaben zur Anlastung der externen Kosten des Straßenverkehrs bzw. zur Verminderung der vom Straßenverkehr ausgehenden Schadstoffemissionen (z. B. CO2-Abgabe).
Die in der Praxis vorkommenden S. heißen teils Steuern, teils Gebühren oder Beiträge, ohne dass diese Bez. stets der finanzwissenschaftlich-steuerrechtl. Abgabensystematik gerecht werden. Die älteste und verbreitetste Form von S. sind die uspr. als Verbrauch- bzw. Luxussteuer konzipierten Kraftfahrzeugsteuern, die das Halten eines Kfz im Inland besteuern (unabhängig vom Umfang der tatsächl. Nutzung), sowie die Mineralölsteuern. In einigen Ländern gibt es ferner Straßenbenutzungsgebühren. Die zunehmende Belastung der Straßen insbesondere durch in- und ausländ. Lkw gab in den letzten Jahren v. a. in den mitteleurop. Ländern Anlass, zusätzlich zur nat. Kfz-Steuer pauschale Abgaben für in- und ausländ. Straßennutzer zu erheben. Dtl. führte 1990 im nat. Alleingang eine »Straßenbenutzungsgebühr« für schwere Lkw ein, musste diese aber nach einer Entscheidung des Europ. Gerichtshofes wieder aufgeben. 1993 beschloss dann der Rat der EU-Verkehrsmin., zunächst in fünf EU-Staaten (Benelux, Dänemark, Dtl.) und befristet eine zeitbezogene Pauschalabgabe (Autobahngebühr, »Euro-Vignette«) für die Benutzung von Autobahnen durch in- und ausländ. Nutzfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht ab 12 t zuzulassen (Jahresbeitrag max. 2 500 DM, pro Tag für einen 40-t-Lkw 11,53 DM). - In Österreich wird neben den bei mautpflichtigen Strecken zu zahlenden speziellen Nutzungsentgelten eine pauschale allgemeine Straßenbenützungsabgabe (seit 1995, vorher: »Straßenverkehrsbeitrag«) für die Benutzung von Straßen des öffentl. Verkehrs durch Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 12 t und mehr erhoben; bei Fahrzeugen mit ausländ. EU-Kennzeichen unterliegt nur die Benutzung von Autobahnen und Schnellstraßen der Abgabe, die als Jahresbetrag entrichtet oder nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessen wird. Seit 1997 haben auch Pkw, Motorräder und kleinere Lkw durch Kauf eines Steuerzeichens (»Vignette«) eine solche Pauschalabgabe zu entrichten, die als Vorstufe zur Einführung einer elektronisch gemessenen fahrleistungsabhängigen Maut gedacht ist. - In der Schweiz wird auf Bundesebene seit 1985 eine Jahresabgabe für die Benutzung der dem allgemeinen Verkehr geöffneten Straßen erhoben, für Lkw als Schwerverkehrsabgabe nach dem Gewicht gestaffelt (650-4 000 sfr), für Fahrzeuge mit einem Gewicht unter 3,5 t als pauschale Nationalstraßenabgabe (umgangssprachlich wegen der Erhebungsform »Autobahnvignette« gen.) in Höhe von 40 sfr.
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