Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Straßburg
Straßburg(frz. Strasbourg),
1) Hptst. der Region Elsass und des frz. Dép. Bas-Rhin, oberhalb der Mündung der Ill in den Rhein, 256 000 Ew.; geistiger und wirtsch. Mittelpunkt des Elsass. Seit 1949 Sitz des Europarats und (im Wechsel mit Luxemburg) Sitz des Europ. Parlaments, kath. Bischofssitz (seit 1988 Erzbistum); Univ., zahlr. Forschungsinst., u. a. Kernforschungszentrum; Internat. Inst. für Menschenrechte; Theater, Museen, Kongresszentrum; Großhandelszentrum (Messen); Börse; Elektronikind., Walzwerke, Metall verarbeitende Ind. (bes. Maschinen-, Lokomotiv-, Schiffbau), Holz-, Leder-, Textil-, Nahrungs- und Genussmittelind., Großbrauereien, Verlage, elsäss. Tabakmanufaktur, chem. Industrie auf Erdölbasis (Zwischenstation der Erdölleitung Mittelmeer-Karlsruhe mit zwei Erdölraffinerien); Fremdenverkehr. Der bed. Rheinhafen ist Ausgangspunkt von Rhein-Rhone- und Rhein-Marne-Kanal. Flughafen in Entzheim.
Stadtbild: Das histor. Zentrum der Stadt (UNESCO-Weltkulturerbe) wird überragt von dem Straßburger Münster, einem der mächtigsten Bauwerke des MA., errichtet über dem Grundriss einer 1176 durch Brand beschädigten Basilika aus otton. Zeit (1015, Krypta). Begonnen wurde mit dem spätroman. Chor und dem Querhaus, dessen jüngere Teile bereits im Übergang zu got. Bauweise entstanden. Das Langhaus wurde in den Formen der reifen Gotik erbaut (1275 eingewölbt), wahrte jedoch im Ggs. zu den westl. Vorbildern die Weiträumigkeit des otton. Grundrisses. 1276 Grundsteinlegung zum Westbau. Der wohl von Erwin von Steinbach stammende Plan (Riss B der W-Fassade) wurde nur z. T. und verändert ausgeführt. Von den vorgesehenen zwei Türmen wurde nur der nördl. von U. Ensinger 1399-1419 gebaut und von J. Hültz 1419-39 vollendet. Die Glasmalereien (13.-15. Jh.) sind größtenteils erhalten, so im nördl. Seitenschiff die Fenster mit den Bildern der dt. Kaiser. Die Bildwerke der W-Fassade (um 1275) und des südl. Querschiffs (Engelspfeiler, Ecclesia und Synagoge, nach 1230) gehören zu den vollendetsten Leistungen der damaligen Bildhauerkunst (Originale im Frauenhausmuseum); astronomische Uhr (1547). Zu den bed. Bauten der zw. zwei Armen der Ill gelegenen Altstadt gehören ferner die Fachwerkbauten, u. a. das Haus Kammerzell (1589), bes. an den Ufern (Staden) der beiden Illarme, stattl. Renaissancehäuser, u. a. die Große Metzig (1582-88, Museum) und der Neue Bau (1582-85, Handelskammer), und Bauten des 18. Jh., u. a. das Schloss Rohan (1730-42, jetzt Museum), ehem. Hanauer Hof (1730, heute Rathaus), Präfektur (Hôtel du Préteur Royal, 1736); ferner die Kirchen St. Thomas (13./14. Jh.), Jung St. Peter (13. Jh.) und St. Wilhelm (15. Jh.). Moderne Bauten sind u. a. das alte (1950-54) und das neue Europahaus (1977), die Synagoge (1955), das Palais de la Musique et des Congrès (1975), das Verwaltungsgebäude des Dép. Bas-Rhin (1990) von Claude Vasconi, der Europ. Gerichtshof für Menschenrechte von R. Rogers (1989-95) und das Museum für Moderne und Zeitgenöss. Kunst (1993-98) von Adrien Fainsilber (* 1932).
Geschichte: S., auf dem Boden des röm. Argentoratum, gehörte seit 498 zum Fränk. Reich, durch den Vertrag von Verdun zu Lotharingien, später zum Ostfränk. Reich; 1262 wurde es Reichsstadt. Seit dem 14. Jh. war S. bed. kulturelles Zentrum (Wirkungsstätte von Meister Eckhart, J. Tauler, später von S. Brant, T. Murner, J. Wimpfeling, J. Geiler von Kaysersberg), führte 1522 die Reformation ein, errichtete 1621 eine Univ., die im 18. Jh. internat. Rang hatte. Ludwig XIV. ließ am 30. 9. 1681 die Reichsstadt besetzen und gliederte sie dem frz. Staatsgebiet ein (Bestätigung durch den Frieden von Rijswijk 1697). 1871-1918 war S. Hptst. des Reichslandes Elsass-Lothringen.
2) Bistum, seit dem 4. Jh. bezeugt, bis 1801 Suffraganbistum von Mainz, ab 1822 von Besançon; wurde 1871 exemt und ist seit 1988 exemtes Erzbistum; im MA. reichstes Domkapitel Deutschlands.
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