Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Strahltriebwerk
Strahltriebwerk(umgangssprachlich Düsentriebwerk), ein zu den Strahlantrieben gehörendes Triebwerk für Flugzeuge und Flugkörper. Bei allen S., außer beim Raketentriebwerk, dient Luft zur Verbrennung und als wesentl. Anteil der Strahlmasse (»Luft atmendes S.«). Ein S. besteht im grundsätzl. aus Laufrad, Verdichter, Brennkammer, Turbine und Schubdüse. Die vom Laufrad angesaugte Luft wird verdichtet, in der Brennkammer erwärmt, wodurch sie expandiert, und strömt durch die Turbine und Schubdüse aus. In der Turbine wird gerade genug Antriebsleistung für den Verdichter erzeugt, die restliche Energie des Luftstrahls wird in der Düse zum Vortrieb umgesetzt.Das Antriebsprinzip des am häufigsten verwendeten Turbinen-Luft-S. (TL-Triebwerk, auch Turbotriebwerk, Flugturbine) beruht auf dem der Gasturbine. Es ist nur für hohe Fluggeschwindigkeiten wirtschaftlich einsetzbar. Turbinen-Luft-S. gibt es als Einstrom-Triebwerke (Einkreis-Triebwerke) und als Zweistrom-Triebwerke (ZTL-Triebwerke, auch Zweikreis-, Mantelstrom-, Bypass-Triebwerk). Beim Einstromtriebwerk durchströmt der gesamte Luftdurchsatz nacheinander Verdichter, Brennkammern, Turbine und Schubdüse. Beim Zweistromtriebwerk wird ein kalter Sekundärluftstrom, die Bypass-Luft, in einen das Haupttriebwerk ringförmig umschließenden Kanal geführt und dem Primärstrom, meist in der Düse, zugemischt. Beide Ströme erzeugen den Gesamtschub. Das Nebenstromverhältnis (Bypass-Verhältnis) ist das Verhältnis von sekundärer (kalter) zu primärer (heißer) Luft und liegt bei den in Großraumflugzeugen eingebauten S. zw. 4 : 1 und 6 : 1. Triebwerke mit so hohem Nebenstromverhältnis nennt man auch Bläser- oder Fantriebwerke nach dem ersten großen Laufrad des Niederdruckverdichters, das den Nebenstrom beschleunigt. Das Front-Fan-Triebwerk hat gemeinsamen Lufteinlauf für Haupt- und Nebenstrom im Unterschied zum Aft-Fan-Triebwerk (Heckgebläsetriebwerk), dessen Nebenstrom durch Verdichter erzeugt wird, die auf eine zusätzl. Turbinenstufe aufgesetzt werden. S. werden in ihrer einfachsten Form als Einwellentriebwerke ausgeführt, bei denen Verdichter- und Turbinenläufer auf einer Welle sitzen. Zweiwellen-S. und Dreiwellen-S. verfügen über zwei oder drei nicht miteinander verbundene und mit unterschiedl. Drehzahlen laufende Rotorsysteme. Um den Gasstrahl auch zum Bremsen verwenden zu können, sind an der Schubdüse Umlenkbleche und Öffnungen angebracht, die nach Bedarf den Gasstrahl seitlich und schräg nach vorn umlenken (Schubumkehr). Für senkrecht startende Flugzeuge werden Hubtriebwerke mit vertikal abwärts gerichtetem Abgasstrahl für Start und Landung sowie Hub-Schub-Triebwerke, die durch Richtungsänderung des Abgasstrahles die Hubkraft für Start und Landung und die Schubkraft für den Horizontalflug liefern können, verwendet.
Das für kleinere Fluggeschwindigkeiten (rd. 400-800 km/h) geeignete Propeller-Turbinen-Luft-S. (PTL-Triebwerk, Propellerturbine, Turboprop) ist kein reines Luft-S., sondern ein Luftschraubentriebwerk. Die Turbine treibt neben dem Verdichter einen Propeller an, der den Hauptteil der Vortriebskraft erzeugt. Das Stau-S. (auch Ram-Jet) hat im Unterschied zu den Turbinen-Luft-S. keine bewegl. Teile (Kompressor, Turbine). Die mit Fluggeschwindigkeit zuströmende Luft wird in einem Überschalldiffusor aufgestaut, in der Brennkammer aufgeheizt und dann in einer Schubdüse durch Expansion beschleunigt. Zum Start benötigt ein Flugzeug mit Stau-S. einen Zusatzantrieb (z. B. Raketen- oder Turbinen-Luft-S.). Der günstigste Arbeitsbereich für das reine Stau-S. beginnt bei mehr als 2,5 Mach. Kombiniert man ein Stau-S. mit einem Turbinen-Luft-S., erhält man die Staustrahlturbine (Turbo-Ram-Jet). Das Puls-S. oder Verpuffungs-S., (auch Pulse-Jet, Pulsotriebwerk, intermittierendes Luft-S., z. B. Argus-Schmidt-Rohr), ähnelt im Prinzip dem Stau-S., arbeitet jedoch periodisch. Es besteht aus einem einseitig mit Klappenventilen geschlossenen, zum Brennraum ausgebauchten Rohr. Bei geschlossenen Klappenventilen tritt der Gasstrahl nach Zündung des Brennstoff-Luft-Gemischs durch das Rohr aus, bei geöffneten Klappenventilen wird frische Verbrennungsluft eingesaugt. Wegen der großen Lärmentwicklung und des relativ hohen Kraftstoffverbrauchs ist die Verwendung (im Zweiten Weltkrieg V 1) auf einzelne Motorsegler, unbemannte Flugkörper und Flugmodelle beschränkt.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Strahltriebwerk