Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Steuern
Steuern,Abgaben, die öffentlich-rechtl. Gemeinwesen natürl. und jurist. Personen zwangsweise und ohne Anspruch auf eine spezielle Gegenleistung (im Ggs. zu öffentl. Gebühren und Beiträgen) v. a. zur Deckung des Finanzbedarfs der öffentl. Körperschaften auferlegen. Die Steuerpflicht wird dabei an einen bestimmten Besteuerungstatbestand geknüpft (z.B. das Halten eines Kfz bei der Kfz-Steuer). Das Recht des Staates oder einer sonstigen öffentl. Körperschaft, S. zu erheben (Steuerhoheit), die Regelung der Kompetenzen zw. versch. öffentl. Körperschaften und die Verteilung des Steueraufkommens zw. ihnen (Finanzausgleich) sind Gegenstand der Finanzverf. Ein spezieller Fall ist die Kirchensteuer.Zur Erklärung und Begründung des Rechts auf Erhebung von S. sind von der Finanzwiss. versch. Steuerrechtfertigungslehren entwickelt worden. Die wichtigsten sind: 1) Äquivalenztheorie (Interessentheorie), nach der die private Steuerleistung als Äquivalent staatl. Leistungen anzusehen ist; 2) Assekuranztheorie (Versicherungstheorie), nach der die private Steuerleistung als Beitrag für den öffentl. Schutz der Person und des Eigentums gilt; 3) Opfertheorie, nach der sich jeder Bürger entsprechend seiner Leistungsfähigkeit durch persönl. Opfer an der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben beteiligt und damit Existenz und Wirken des Staates sichert. Nach der Reinvermögenzugangstheorie wird die Leistungsfähigkeit durch sämtl., nach der Quellentheorie nur durch regelmäßig zufließende Einkünfte bestimmt.
Steuern sind die wichtigste öffentl. Einnahmequelle, wobei das Aufkommen der einzelnen Steuern sehr unterschiedlich ist. Die aufkommensstärksten S. sind die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer, während andere S. weniger als 0,1 % des Steueraufkommens ausmachen (Bagatellsteuern). Die volkswirtsch. Bedeutung der S. wird anhand des Verhältnisses der Steuereinnahmen zum Sozialprodukt gemessen (Steuerquote).S. lassen sich nach versch. Gesichtspunkten klassifizieren, wobei die Unterscheidungskriterien und die Zuordnung im Einzelnen umstritten sind. Häufigste Unterscheidung ist die in direkte und indirekte S. Unter dem Gesichtspunkt der Steuerüberwälzung lassen sich direkte S. so definieren, dass bei ihnen eine Identität von Steuerzahler und Steuerschuldner gegeben ist (z. B. bei der Einkommensteuer), andernfalls handelt es sich um indirekte S. (z. B. die Umsatzsteuer). Weiterhin lassen sich S. nach dem Zweck in solche einteilen, die primär fiskal. Zwecken dienen (Finanz-S.), und solche, die mit dem Ziel erhoben werden, den Besteuerten zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, das aus ordnungspolit. Erwägungen erwünscht ist (Ordnungs-S.). Aufgrund der unterschiedl. Erhebungsberechtigten ergibt sich eine Unterteilung in Bundes-S., Landessteuern, Gemeindesteuern sowie Gemeinschaftsteuern. Nach dem Steuergegenstand (Steuerobjekt) lässt sich eine Klassifizierung v. a. in Besitzsteuern, Verkehrsteuern und Verbrauchsteuern vornehmen. Nach der Ermittlung der Steuerschuld wird unterschieden in S., bei denen die persönl. Verhältnisse des Steuerpflichtigen (z. B. Familienstand, Anzahl der Kinder bei der Lohnsteuer) berücksichtigt werden (Personensteuern), und in S., bei denen die Ermittlung der Steuerschuld nur nach objektiven Gesichtspunkten an einen Gegenstand oder Sachverhalt (z. B. bei der Hundesteuer) geknüpft ist (Ertragsteuern).Die jeweils erhobenen S. bilden das Ergebnis histor. Entwicklungen und polit. Kompromisse; sie stellen kein widerspruchsfreies Steuersystem mit aufeinander abgestimmten Einzel-S. dar. Da S. nicht nur der Einnahmeerzielung, sondern auch wirtschaftspolit. Zwecken dienen (Steuerpolitik), ist das Steuerrecht kompliziert, was immer wieder (v. a. unter Aspekten wie Steuergerechtigkeit und Steuerbelastung) zu Steuerreformen führt.
Literatur:
Rohde, E.: S. in der BRD u. anderen führenden Industrieländern. Berlin 1990.
Mit dem Zehnten fing es an. Eine Kulturgeschichte der Steuer, hg. v. Uwe Schultz. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 31992.
Blankart, C. B.: Öffentl. Finanzen in der Demokratie. München 21994.
Unsere S. von A-Z, hg. vom Bundesministerium der Finanzen. Bonn 181997.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Steuern