Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Soziallehren der christlichen Kirchen
Soziallehren der chrịstlichen Kirchen,Sammelbez. für die aus der Bibel und kirchl. (Lehr-)Tradition abgeleiteten (Lehr-)Auffassungen der einzelnen Kirchen über die Grundlagen und Normen des Zusammenlebens der Menschen innerhalb der gesellschaftl. Ordnungen. Die Prinzipien der Personalität, der Solidarität und der Subsidiarität bilden die Grundlagen der kath. Soziallehre. Das Personalitätsprinzip sieht den Menschen, begründet in seiner Gottebenbildlichkeit, als Träger einer von Gott verliehenen Individualität (»Person«), dessen Würde unantastbar ist. Er ist Mitte und Ziel gesellschaftl. Ordnungen und daraufhin angelegt, sich in freiem, vor Gott verantwortetem Handeln zu seinem und zum Wohl der Gemeinschaft zu entfalten. Die beiden daraus abgeleiteten Grundsätze beschreiben seine Pflicht zum umfassenden Füreinandereinstehen (Solidaritätsprinzip) und zur Eigenverantwortlichkeit für sich und die ihm im Rahmen gesellschaftl. Strukturen Zugeordneten, soweit sie in seinem Vermögen liegt (Subsidiaritätsprinzip). Ihre aktuellen Auslegungen erfährt die kath. Soziallehre in den päpstl. Sozialenzykliken (z. B. Mater et Magistra, Quadragesimo anno, Rerum novarum). Die evang. Soziallehre versteht sich v. a. als Ethik christl. Handelns auf der Grundlage eines im Glauben gebundenen Gewissens, in deren Mittelpunkt die »Heiligung des Alltags« steht (Protestantismus). - Die orth. Kirchen betonen die Pflicht zur Barmherzigkeit mit den Bedürftigen »um Christi willen« und sehen in byzantinisch-theolog. Tradition in einer »christl. Obrigkeit« (dem christl. Kaiser) den von Gott gesetzten Garanten der »christl. Weltordnung«. Ansätze zu einer orth. Soziallehre gibt es erst in jüngster Zeit.
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