Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Sozialdemokratische Partei Deutschlands,Abk. SPD, älteste bestehende polit. Partei in Dtl.; Nachwuchsorganisationen: Die Falken (Nachfolger der 1919 gegr. Sozialist. Arbeiterjugend, Abk. SAJ), die Jungsozialisten sind Mitgl. der SPD bis zu 35 Jahren. - Seit 1890 die Organisation der dt. Sozialdemokratie und seit 1890 stärkste Wählerpartei, seit 1912 stärkste Reichstagsfraktion, blieb die SPD (Vors.: 1890-1913 A. Bebel, ab 1913 F. Ebert) zunächst jedoch gesellschaftlich isoliert. 1917 spaltete sich wegen der Bewilligung der Kriegskredite durch die Partei im Reichstag die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) ab. Im Herbst 1918 entschied sich die SPD mehrheitlich für die parlamentar. Demokratie: im Okt. 1918 trat sie in die Reichsreg. unter Max Prinz von Baden ein, im Zuge der Novemberrevolution errang sie mit der USPD de facto die Reg.gewalt in Dtl. Nach Zusammenschluss des linken USPD-Flügels mit der KPD (Dez. 1920) vereinigte sich die Rest-USPD im Sept. 1922 wieder mit der SPD (Name zunächst Vereinigte Sozialdemokrat. Partei Dtl.s, VSPD).
Als wählerstärkste Partei (1919-30) stellte die SPD 1919/20 (P. Scheidemann, G. Bauer, H. Müller) den Reichskanzler und 1919-25 (F. Ebert) den Reichspräs. Die 1928 gebildete große Koalition unter H. Müller scheiterte in der Weltwirtschaftskrise. Von der KPD als »Sozialfaschisten« bekämpft, erlitten die Sozialdemokraten in der doppelten Frontstellung gegen rechts und links große Stimmeneinbußen; 1931 kam es zur Abspaltung der (linkssozialist.) Sozialist. Arbeiterpartei Dtl. (SAP). Zur wirkungsvollen Abwehr der nat.-soz. Machtergreifung war die SPD nicht mehr fähig. Der Vorstand der Exil-SPD (»SoPaDe«) amtierte 1933-37 in Prag, 1938-40 in Paris und 1941-45 in London. Die in Dtl. illegal tätigen SPD-Gruppen wurden größtenteils 1938/39 zerschlagen. Führende Sozialdemokraten waren an der Widerstandsbewegung beteiligt.
Nach 1945 reorganisierte sich die SPD; in den drei Westzonen und in Berlin unter Ablehnung der Vereinigung von SPD und KPD, wie sie in der SBZ - unter starkem sowjet. Druck und z. T. unter Illusionen an der Basis - erfolgte (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands; in den 1940/50er-Jahren waren viele ehem. SPD-Mitgl. Opfer von Säuberungen innerhalb der SED).
In der Bundesrep. Dtl. 1949-66 in der Opposition, vollzog die SPD im Godesberger Programm von 1959 den Schritt zur linken Volkspartei. 1966-69 bildete sie eine große Koalition mit der CDU/CSU, 1969 bis Sept. 1982 eine Koalition mit der FDP, die eine Neuorientierung der Dtl.- und Ostpolitik vornahm und innere Reformen einleitete (bis 1974 unter Bundeskanzler W. Brandt, ab 1974 unter H. Schmidt); 1982 ging sie in die Opposition. Im Berliner Programm von 1990 (Federführung: O. Lafontaine) fordert die S. u. a. den ökolog. Umbau der Ind.gesellschaft und stärkere plebiszitäre Elemente im Verf.leben. - Im Sept. 1990 erfolgte die Vereinigung mit der am 7. 10. 1989 gegr. SPD der DDR (bis Febr. 1990 Sozialdemokrat. Partei in der DDR, Abk. SDP), die bis Aug. 1990 die Koalitionsreg. von L. de Maizière in der DDR mitgetragen hatte. Mit der Reg.bildung in Sa.-Anh. (1994) gewann das Verhältnis der SPD zur PDS immer größeres öffentl. Interesse. Nach den Bundestagswahlen 1998 übernahm die SPD unter Bundeskanzler G. Schröder wieder Reg.verantwortung (in Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen). - An der Spitze der Partei steht der vom Parteitag gewählte Bundesvors.: 1946-52 K. Schumacher, 1952-63 E. Ollenhauer, 1963-87 W. Brandt, 1987-91 H. J. Vogel, 1991-93 B. Engholm, Mai bis Juni 1993 (amtierend) J. Rau, Juni 1993 bis Nov. 1995 R. Scharping, Nov. 1995 bis April 1999 Lafontaine, seither G. Schröder. -Über die Zahl der Abg.sitze der SPD im Dt. Bundestag deutsche Geschichte, Übersicht. Übersichten und Tabellen finden Sie im Buch.
Literatur:
Rovan, J.: Gesch. der dt. Sozialdemokratie. A. d. Frz. Neuausg. Frankfurt am Main 1980.
Engelmann, B.: Vorwärts u. nicht vergessen. München 1988.
Kleine Gesch. der SPD. Darstellung u. Dokumentation 1848-1990, bearb. v. S. Miller u. H. Potthoff. Bonn 71991.
Groh, D. u. Brandt, P.: »Vaterlandslose Gesellen«. Sozialdemokratie u. Nation 1860-1990. München 1992.
Lösche, P. u. Walter, F.: Die SPD. Klassenpartei - Volkspartei - Quotenpartei. Zur Entwicklung der Sozialdemokratie von Weimar bis zur dt. Vereinigung. Darmstadt 1992.
Miller, S.: Sozialdemokratie als Lebenssinn. Aufsätze zur Geschichte u. Gegenwart der SPD. Bonn 1995.
Gougeon, J.-P.: La social-démocratie allemande. 1830 - 1996. Paris 1996.
Klotzbach, K.: Der Weg zur Staatspartei. Programmatik, prakt. Politik u. Organisation der dt. Sozialdemokratie 1945-65. Neuausg. Bonn 1996.
Deutschland an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. Bilanz einer erstarrten Politik. Wege zum Aufbruch. Sozialdemokratische Perspektiven, hg. v. K.-J. Scherer u. H. Tiemann. Marburg 1998.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Sozialdemokratische Partei Deutschlands