Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Sorben
Sọrben(früher auch Wenden, sorb. Serbja, Serby), westslaw. Volk in der Ober- und Niederlausitz (Sachsen und Brandenburg); Nachkommen der die dt. Ostsiedlung überdauernden slaw. Bevölkerung, etwa 60 000, davon 40 000 in Sachsen und 20 000 in Brandenburg; Zentren sind Bautzen und Cottbus; mehrheitlich sind die S. Protestanten, etwa ein Viertel Katholiken; sie haben eine eigenständige Sprache, Kultur sowie Volkskultur und -kunst, ihr Dachverband ist die Domowina.Geschichte: Die Stammesgruppe der S. umfasste etwa 20 Einzelstämme. 631 erwähnte der fränk. Chronist Fredegar erstmals einen Stammesverband der »Surbi«, der den heutigen S. ihren Namen gab. Weitere Stämme waren die Milzener in der Oberlausitz, die Lusizer in der Niederlausitz, die Daleminzer um Meißen/Lommatzsch und die Nisaner im Elbtalkessel um Dresden/Pirna. Während der krieger. Auseinandersetzungen mit Franken und Sachsen schlossen sich Teile der S. dem Reich Samos (650) und dem Großmähr. Reich (890) an. Ende des 10. Jh., nach der ersten Etappe der dt. Ostsiedlung, hatten alle sorb. Stämme ihre polit. Unabhängigkeit verloren. Mit der militär. Eroberung, v. a. durch König Heinrich I. und Markgraf Gero (im Auftrag Ottos I.) betrieben, ging die Christianisierung der S. einher. Ihr dienten die Mitte des 10. Jh. gegründeten Bistümer Brandenburg, Meißen, Merseburg und Zeitz/Naumburg. Seit Beginn des 12. Jh. wurden die westelb. Gebiete der S. immer mehr mit dt. Bauern und Bürgern besiedelt, die mit den S. verschmolzen. Das sorb. Sprachgebiet beschränkte sich ab etwa 1500 auf die damals böhm. Markgrafschaften Ober- und Niederlausitz sowie einige nördlich und westlich angrenzende Gebiete. Durch die Reformation (16. Jh.) wurden alle S. (Ausnahmen in der Oberlausitz) protestantisch. Ende des 18. Jh. setzte ein Prozess des nat. Bewusstwerdens ein; im zweiten Viertel des 19. Jh. entstand eine sorb. Nationalbewegung. - In der DDR war die Gleichberechtigung der S. gesetzlich garantiert (Ges. zur Wahrung der Rechte der sorb. Bev. vom 23. 3. 1948, Verfassungen der DDR); gleichzeitig wurden die S. für die SED-Politik instrumentalisiert. Seit 1990 suchen die Bundes-Reg. sowie die Länder Sachsen und Brandenburg u. a. mit der »Stiftung für das sorb. Volk« (gegr. 1991, errichtet per Staatsvertrag 1998) Kultur, Kunst und Heimatpflege zu fördern. In den Verfassungen beider Länder von 1992 ist das Recht des sorb. Volkes auf Schutz, Bewahrung und Förderung seiner Identität und Sprache festgeschrieben. Das sächs. Landesgesetz über die Rechte des sorb. Volkes vom März 1999 (»Sorbengesetz«; in Ablösung des Ges. von 1948) entspricht den internat. Regelungen zum Schutz von Minderheiten. Volkskundliches: Die Eigentümlichkeit der sorb. Volkskultur manifestiert sich bes. in den Sitten und Gebräuchen (u. a. Vogelhochzeit, Maibaumwerfen, Zampern, Osterreiten und Verzieren von Ostereiern), weniger in der Lebens- und Wohnweise. Gegenwärtig gibt es noch vier Arten sorb. Volkstrachten: die Schleifer, Hoyerswerdaer, niedersorb. und kath. Tracht.
▣ Literatur:
J. Šołta Geschichte der S., bearb. v. u. a., 4 Bde. Bautzen 1974-79.
⃟ Oschlies, W.: Die S., slaw. Volk im Osten Deutschlands. Bonn u. a. 21991.
⃟ Kunze, P.: Kurze Gesch. der S. (Bautzen 1995).
Sọrben(früher auch Wenden, sorb. Serbja, Serby), westslaw. Volk in der Ober- und Niederlausitz (Sachsen und Brandenburg); Nachkommen der die dt. Ostsiedlung überdauernden slaw. Bevölkerung, etwa 60 000, davon 40 000 in Sachsen und 20 000 in Brandenburg; Zentren sind Bautzen und Cottbus; mehrheitlich sind die S. Protestanten, etwa ein Viertel Katholiken; sie haben eine eigenständige Sprache, Kultur sowie Volkskultur und -kunst, ihr Dachverband ist die Domowina.Geschichte: Die Stammesgruppe der S. umfasste etwa 20 Einzelstämme. 631 erwähnte der fränk. Chronist Fredegar erstmals einen Stammesverband der »Surbi«, der den heutigen S. ihren Namen gab. Weitere Stämme waren die Milzener in der Oberlausitz, die Lusizer in der Niederlausitz, die Daleminzer um Meißen/Lommatzsch und die Nisaner im Elbtalkessel um Dresden/Pirna. Während der krieger. Auseinandersetzungen mit Franken und Sachsen schlossen sich Teile der S. dem Reich Samos (650) und dem Großmähr. Reich (890) an. Ende des 10. Jh., nach der ersten Etappe der dt. Ostsiedlung, hatten alle sorb. Stämme ihre polit. Unabhängigkeit verloren. Mit der militär. Eroberung, v. a. durch König Heinrich I. und Markgraf Gero (im Auftrag Ottos I.) betrieben, ging die Christianisierung der S. einher. Ihr dienten die Mitte des 10. Jh. gegründeten Bistümer Brandenburg, Meißen, Merseburg und Zeitz/Naumburg. Seit Beginn des 12. Jh. wurden die westelb. Gebiete der S. immer mehr mit dt. Bauern und Bürgern besiedelt, die mit den S. verschmolzen. Das sorb. Sprachgebiet beschränkte sich ab etwa 1500 auf die damals böhm. Markgrafschaften Ober- und Niederlausitz sowie einige nördlich und westlich angrenzende Gebiete. Durch die Reformation (16. Jh.) wurden alle S. (Ausnahmen in der Oberlausitz) protestantisch. Ende des 18. Jh. setzte ein Prozess des nat. Bewusstwerdens ein; im zweiten Viertel des 19. Jh. entstand eine sorb. Nationalbewegung. - In der DDR war die Gleichberechtigung der S. gesetzlich garantiert (Ges. zur Wahrung der Rechte der sorb. Bev. vom 23. 3. 1948, Verfassungen der DDR); gleichzeitig wurden die S. für die SED-Politik instrumentalisiert. Seit 1990 suchen die Bundes-Reg. sowie die Länder Sachsen und Brandenburg u. a. mit der »Stiftung für das sorb. Volk« (gegr. 1991, errichtet per Staatsvertrag 1998) Kultur, Kunst und Heimatpflege zu fördern. In den Verfassungen beider Länder von 1992 ist das Recht des sorb. Volkes auf Schutz, Bewahrung und Förderung seiner Identität und Sprache festgeschrieben. Das sächs. Landesgesetz über die Rechte des sorb. Volkes vom März 1999 (»Sorbengesetz«; in Ablösung des Ges. von 1948) entspricht den internat. Regelungen zum Schutz von Minderheiten. Volkskundliches: Die Eigentümlichkeit der sorb. Volkskultur manifestiert sich bes. in den Sitten und Gebräuchen (u. a. Vogelhochzeit, Maibaumwerfen, Zampern, Osterreiten und Verzieren von Ostereiern), weniger in der Lebens- und Wohnweise. Gegenwärtig gibt es noch vier Arten sorb. Volkstrachten: die Schleifer, Hoyerswerdaer, niedersorb. und kath. Tracht.
▣ Literatur:
J. Šołta Geschichte der S., bearb. v. u. a., 4 Bde. Bautzen 1974-79.
⃟ Oschlies, W.: Die S., slaw. Volk im Osten Deutschlands. Bonn u. a. 21991.
⃟ Kunze, P.: Kurze Gesch. der S. (Bautzen 1995).