Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Silber
Silber(lat. Argentum), chem. Symbol Ag, Element aus der ersten Nebengruppe des Periodensystems der chemischen Elemente; Ordnungszahl 47, relative Atommasse 107,868, Dichte 10,491 g/cm3, Schmelzpunkt 960,8 ºC, Siedepunkt 2212 ºC. Reines S. ist ein weiß glänzendes, weiches, leicht verformbares und dehnbares Metall, das sich zu feinsten, blaugrün durchscheinenden Folien (»Blatt-S.«) aushämmern oder walzen und zu sehr dünnen Drähten (»Filigrandraht«) ausziehen lässt. Von allen Metallen leitet es die Wärme und die Elektrizität am besten. An der Luft ist S. beständig, erst oberhalb von 300 ºC und unter Druck reagiert es mit Sauerstoff zu S.-Oxid, Ag2O. Mit Schwefelwasserstoff bildet S. eine dünne schwarze Schicht von S.-Sulfid, Ag2S, (»Anlaufen« von S. durch spurenweise in der Luft enthaltenen Schwefelwasserstoff). S. ist mit den meisten Metallen legierbar, wobei sich intermetallische Verbindungen, im Fall von Gold und Palladium Mischkristalle bilden.Vorkommen: Gediegenes S. ist ein silberweißes, kub., oft gelb, braun oder schwarz anlaufendes Mineral, das Kristallflächen aufweisen kann, meist aber in Form von Körnern, Klumpen, Blättchen u. a. vorkommt. Gediegenes S. spielt als S.-Erz nur eine geringe Rolle; wichtiger ist das Vorkommen von S. als Begleitmetall von Gold, das häufig bis zu 20 % S. enthält. Das für die S.-Gewinnung weitaus wichtigste Erz ist der Bleiglanz, PbS, der fast immer 0,01-0,3 %, z. T. fast 1 % S. enthält. Auch weitere Blei-, Blei-Zink- sowie Kupfererze (v. a. Kupferglanz, Cu2S) enthalten meist etwas S. und haben für die Gewinnung von S. große Bedeutung.Gewinnung: Elementares S. kann technisch unmittelbar aus S.-Erzen durch Cyanidlaugerei gewonnen werden, wobei S. in wässriger Natriumcyanidlösung aus reinen Erzen gelöst, durch Zinkstaub ausgefällt und zu Roh-S. verschmolzen wird. Da die eigentl. S.-Erze sehr selten sind, gewinnt man heute mehr als 50 % des S. aus dem bei der Bleiglanzaufbereitung anfallenden silberhaltigen Rohblei (Werkblei). Beim Zinkentsilberungsprozess (Parkes-Verfahren, Parkesieren) rührt man in das geschmolzene Werkblei bei 450 ºC metall. Zink ein. Nach dem Abkühlen auf etwa 400 ºC schwimmt das erstarrende und in Blei unlösl., silberhaltige Zink zus. mit dem Blei als Zinkschaum auf der Schmelze. Nach Abdestillieren des Zinks wird das verbleibende Reichblei der Treibarbeit (Kupellation) unterworfen, bei der das Blei im Luftstrom erhitzt und die sich bildende flüssige Bleiglätte, PbO, mechanisch abgeleitet wird. Das hierbei gewonnene Roh-S. (»Blick-S.«) enthält 98-99,5 % S. Die Reindarstellung von S. erfolgt durch elektrolyt. Raffination, das gewonnene Elektrolyt-S. (Fein-S.) enthält bis 99,98 % S. - Große Bedeutung hat heute auch die Gewinnung von S. aus Fixierbädern fotograf. Betriebe sowie durch Aufarbeitung silberhaltiger Abfälle.
S. ist das meistgebrauchte Edelmetall; außer für Schmucksachen, Tafelgerät, Münzen o. Ä. (Goldschmiedekunst) werden reines S. und S.-Legierungen für chem. Apparate, in der Medizin und Elektrotechnik (Kontakte) verwendet. Große Mengen S. werden zur Herstellung von S.-Halogeniden für fotograf. Filme und Papiere gebraucht.Verbindungen: S. bildet mit Sauerstoff Silber(I)-oxid, Ag2O, und das schwarze Silber(II)-oxid, AgO. S.-Chlorid (»Chlor-S.«), AgCl, das als weißer, käsiger Niederschlag aus S.-Salzlösungen beim Zusatz von Chloridionen ausfällt. Diese Fällungsreaktion dient in der chem. Analyse zur Bestimmung von Silber- und Chloridionen (Argentometrie). Durch analoge Reaktionen mit Bromid- und Jodidionen entstehen das gelbl. S.-Bromid, »Bromsilber«, AgBr, und das gelbe S.-Jodid, »Jodsilber«, AgI. Alle drei S.-Halogenide sind lichtempfindlich, d. h., sie zersetzen sich bei Belichtung zu (fein verteiltem, schwarzem) S. und Halogen; sie werden v. a. zur Herstellung der lichtempfindl. Schichten von Filmen und Fotopapieren verwendet; die Löslichkeit der S.-Halogenide in Lösungen von Natriumthiosulfat wird beim fotograf. Entwickeln ausgenutzt (Fotografie). S.-Jodid wird auch als Kristallisationskeim zur Bildung von Eis und Auslösung künstl. Regens verwendet. S.-Nitrat, AgNO3, ist ein farbloses, kristallines, in Wasser leicht lösl. Salz, das beim Lösen von S. in Salpetersäure entsteht. Es ist die wichtigste S.-Verbindung, die v. a. als Zwischenprodukt bei der Herstellung der S.-Halogenide benötigt wird.
Literatur:
C. Blair. The history of silver, hg. v. London 1987.
Ludwig, G. u. Wermusch, G.:S., aus der Gesch. eines Edelmetalls. Berlin 21988.
Czaya, E.: Der Silberbergbau. Leipzig 1990.
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