Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Selbstbildnis
Selbstbildnis(Selbstporträt), Selbstdarstellung eines Künstlers in Bildhauerkunst, Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Fotografie. Literarisch bezeugt für Antike und Hellenismus, scheint das S. schon dort in einem engen Zusammenhang mit dem Werk des Künstlers (Phidias auf dem Schild seiner Athena Parthenos, 438 v. Chr. geweiht), vergleichbar der Signatur und - v. a. in Italien - häufig mit Inschrift, aufzutreten. Bis zur Renaissance stellt sich der Künstler dann meist typisiert innerhalb einer Devotionsformel dar, mit der er sich der göttl. oder weltl. Hierarchie anempfiehlt, gekennzeichnet durch sein Arbeitsgerät, unter Anspielung auf antike Vorbilder oder seit dem 13./14. Jh. in Gestalt des Schutzpatrons der jeweiligen Zunft (hl. Lukas für Maler). Bei Zunahme individualisierender Tendenzen bleibt das S. durch Format und Demutsgeste noch lange ohne besonderen Anspruch. Nach der Emanzipation des S. als Bildthema dient die Verkleidung einer bewussten, anspielungsreichen Identifikation (Michelangelo, Caravaggio). Mit der Anhebung des sozialen Ansehens des Künstlers in der Renaissance setzt sich das ganz aus sich selbst motivierte S. durch (J. Fouquet, um 1450; Paris, Louvre). Es entstanden von nun an auch Doppel- oder Gruppenporträts, die den Künstler mit seiner Frau, mit einem Modell, im Kreis seiner Familie oder mit Freunden zeigen. V. a. bei A. Dürer bekommt das S., den Lebenslauf begleitend, den Charakter verbindl. Selbstaussage (ähnlich später u. a. bei Rembrandt, P. Cézanne, M. Beckmann). Typisch für die gesellschaftl. Bezogenheit des barocken S. ist eine Fülle literar. Anspielungen, eine bühnenhafte Selbstinszenierung (P. P. Rubens, D. Velázquez). Auch im 19. und 20. Jh. blieb das S. über sein Anliegen der Persönlichkeitsaussage hinaus gesellschaftlich motiviert (E. Delacroix, A. Böcklin, V. van Gogh, O. Dix).
▣ Literatur:
H. Sandtner. Selbstbild u. Selbstfindung, hg. v. Frankfurt am Main u. a. 1984.
⃟ Das Selbstportrait im Zeitalter der Photographie, hg. v. E. Billeter, Ausst.-Kat. Musée Cantonal des Beaux-Arts, Lausanne. Stuttgart 1985.
Selbstbildnis(Selbstporträt), Selbstdarstellung eines Künstlers in Bildhauerkunst, Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Fotografie. Literarisch bezeugt für Antike und Hellenismus, scheint das S. schon dort in einem engen Zusammenhang mit dem Werk des Künstlers (Phidias auf dem Schild seiner Athena Parthenos, 438 v. Chr. geweiht), vergleichbar der Signatur und - v. a. in Italien - häufig mit Inschrift, aufzutreten. Bis zur Renaissance stellt sich der Künstler dann meist typisiert innerhalb einer Devotionsformel dar, mit der er sich der göttl. oder weltl. Hierarchie anempfiehlt, gekennzeichnet durch sein Arbeitsgerät, unter Anspielung auf antike Vorbilder oder seit dem 13./14. Jh. in Gestalt des Schutzpatrons der jeweiligen Zunft (hl. Lukas für Maler). Bei Zunahme individualisierender Tendenzen bleibt das S. durch Format und Demutsgeste noch lange ohne besonderen Anspruch. Nach der Emanzipation des S. als Bildthema dient die Verkleidung einer bewussten, anspielungsreichen Identifikation (Michelangelo, Caravaggio). Mit der Anhebung des sozialen Ansehens des Künstlers in der Renaissance setzt sich das ganz aus sich selbst motivierte S. durch (J. Fouquet, um 1450; Paris, Louvre). Es entstanden von nun an auch Doppel- oder Gruppenporträts, die den Künstler mit seiner Frau, mit einem Modell, im Kreis seiner Familie oder mit Freunden zeigen. V. a. bei A. Dürer bekommt das S., den Lebenslauf begleitend, den Charakter verbindl. Selbstaussage (ähnlich später u. a. bei Rembrandt, P. Cézanne, M. Beckmann). Typisch für die gesellschaftl. Bezogenheit des barocken S. ist eine Fülle literar. Anspielungen, eine bühnenhafte Selbstinszenierung (P. P. Rubens, D. Velázquez). Auch im 19. und 20. Jh. blieb das S. über sein Anliegen der Persönlichkeitsaussage hinaus gesellschaftlich motiviert (E. Delacroix, A. Böcklin, V. van Gogh, O. Dix).
▣ Literatur:
H. Sandtner. Selbstbild u. Selbstfindung, hg. v. Frankfurt am Main u. a. 1984.
⃟ Das Selbstportrait im Zeitalter der Photographie, hg. v. E. Billeter, Ausst.-Kat. Musée Cantonal des Beaux-Arts, Lausanne. Stuttgart 1985.