Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Seide
I Seide,aus den Gespinsten mehrerer Tierarten gewonnene Faser (Natur-S. aus Proteinen im Ggs. zu Kunst-S. auf Cellulosebasis); Textilrohstoff. Große Bedeutung haben die von Seidenspinnern beim Spinnen der Puppenkokons erzeugten Raupen-S. und unter diesen v. a. die vom Maulbeerseidenspinner gewonnene Maulbeerseide.Der beim Verpuppen der Raupen als Drüsensekret entstehende Faden ist etwa 4 000 m lang. Der aus dem Faden gebildete Kokon besteht aus drei Fadenschichten: Die äußere, wirre Fadenschicht liefert Flock-S., die nächste Schicht etwa 700-1 000 m gleichmäßigen Faden, die innere Schicht keinen gleichmäßigen Faden. Zur Gewinnung des S.-Fadens werden die Puppen durch Erhitzen der Kokons auf etwa 60 ºC abgetötet, die Kokons in Wasser von 70-100 ºC eingeweicht und durch Bürsten von der Flock-S. befreit. Hierauf wird der S.-Faden abgehaspelt. In der Regel werden 3-8 Kokonfäden zusammengenommen, gekreuzt und auf einem Haspelrahmen aufgehaspelt. Die so gewonnene Roh-S. kommt als Strang in Zopfform in den Handel. Auf 1 kg Roh-S. rechnet man ungefähr 7-9 kg getrocknete Kokons. - Der Rohseidenfaden (Grège, Bast-S.) besteht aus zwei schwach abgeplatteten Kernfäden (aus Fibroin), die von einer gemeinsamen Hülle (dem S.-Leim, S.-Bast oder Sericin) umgeben sind. Die Dicke des Fibroinfadens beträgt 8-15 μm. - Zur Weiterverarbeitung wird die gelbl., schwach glänzende Roh-S. durch Kochen in einer Seifenlösung vom S.-Leim befreit (entbastet, degummiert); hierdurch erhält sie reinweiße Farbe, weichen Griff und schönen Glanz. Eine noch nicht entbastete Roh-S. wird Ecru-S. genannt, unvollständig entbastete S. heißt Souple-S., ganz entbastete Cuite-S. Bei der Zwirnerei werden mehrere Fäden zusammengedreht zu Organsin, einer stark gezwirnten S., die bes. in der Weberei als Kette verwendet wird, und zu Trame-S., schwächer gedreht, als Schuss benutzt. - Die bei der Gewinnung der Roh-S. anfallenden Abfälle werden zu Florett- oder Schappe-S., die in der Florettspinnerei ausgekämmten kurzen Fasern zu Bourrette-S. versponnen. S. ist ein schlechter Wärme- und Elektrizitätsleiter. Darauf beruht ihre vielseitige Verwendbarkeit für Bekleidung. Warme verdünnte Säuren greifen S. nicht an, dagegen heiße (selbst verdünnte) Alkalien; daher dürfen S.-Stoffe nur mit kalten Lösungen gewaschen werden.Als Wild-S. werden Gespinste von wild lebenden Schmetterlingsarten Asiens und Afrikas bezeichnet. Der Kokon ist meist schlecht abhaspelbar, der Einzelfaden weniger gut als der echte S.-Faden. Die wichtigste Wild-S. ist die Tussah-S. des Tussahspinners (China) und des Eichenspinners (Japan), die zu Florgarn für Velours, Plüsche und zu Näh-S. verarbeitet wird; außerdem die Eria-S. des Rizinusspinners (Ostasien). - Die S.-Industrie gliedert sich in die Rohseidenherstellung und in die verarbeitende Ind. (Haspelei, Spinnerei und Weberei). Roh-S. erzeugen hauptsächlich China, Japan, Korea, asiat. Nachfolgestaaten der UdSSR, Indien, Brasilien.Geschichtliches: Die Heimat der Seidenraupenzucht ist China, wo diese Kunst jahrtausendelang als Geheimnis gehütet wurde. Noch vor der Zeitenwende gelangte der S.-Bau nach Korea und Indien und von dort später nach Japan. Chines. S. wurde weit exportiert, nach dem W über die Seidenstraßen. Große Bedeutung erlangte die S.-Weberei in Byzanz, bes. seit Justinian. Von hier aus verbreitete sich der S.-Bau nach Spanien, Italien und Frankreich.
▣ Literatur:
B. E. Messerli. S. Zur Geschichte eines edlen Gewebes, hg. v. Neuausg. Hannover 1986.
⃟ Timmermann, I.: Die S. Chinas. München 21988.
II Seide
(Cuscuta), Gattung der Windengewächse, Schmarotzer ohne Wurzeln, Blätter und Blattgrün, mit fadenförmigem, windendem, saugwarzenbesetztem Stängel und büschelig stehenden kleinen Blüten. Mitteleurop. Arten sind Klee-S. (Fein-S., Cuscuta trifolii), mit rötl. Blüten, auf Klee, Luzerne; Flachs-S. (Lein-S., Cuscuta epilinum), mit gelblich weißen Blüten, bes. auf Flachs.
▣ Literatur:
B. E. Messerli. S. Zur Geschichte eines edlen Gewebes, hg. v. Neuausg. Hannover 1986.
⃟ Timmermann, I.: Die S. Chinas. München 21988.
II Seide
(Cuscuta), Gattung der Windengewächse, Schmarotzer ohne Wurzeln, Blätter und Blattgrün, mit fadenförmigem, windendem, saugwarzenbesetztem Stängel und büschelig stehenden kleinen Blüten. Mitteleurop. Arten sind Klee-S. (Fein-S., Cuscuta trifolii), mit rötl. Blüten, auf Klee, Luzerne; Flachs-S. (Lein-S., Cuscuta epilinum), mit gelblich weißen Blüten, bes. auf Flachs.