Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Seerecht
Seerecht,die für das Seewesen und die Schifffahrt geltenden Normen des Privatrechts und des öffentl. Rechts.
Privatrecht: Das dt. private S. besteht bes. aus dem Seehandelsrecht (§§ 476-905 HGB), das die Rechtsverhältnisse der Reederei, das Frachtgeschäft und die Versicherung regelt, und dem im Seemanns-Ges. enthaltenen Seearbeitsrecht.
Öffentl. Recht: In Dtl. gehört der Erlass seerechtl. Vorschriften in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (Art. 74 Nr. 21 GG). Nach dem Seeaufgaben-Ges. i. d. F. v. 18. 9. 1998 obliegen dem Bund insbesondere die Förderung der dt. Handelsflotte, die Schifffahrtspolizei für alle die Bundesflagge führenden Schiffe sowie die Überwachung und Unterstützung der Fischerei. Wichtige Teile des öffentl. S. sind das Seestaats- und Seeverwaltungsrecht (Flaggenrecht, Schiffsregistrierung, Seestraßen- und Seehäfenordnung, Seeunfallrecht).
Völkerrecht: Das völkerrechtl. S. gliedert sich in das Seekriegsrecht und, als S. i. e. S., das Seefriedensrecht. Bis ins 20. Jh. hinein war das S. unkodifiziertes Gewohnheitsrecht. Erste Kodifikationen brachte die Genfer S.-Konferenz von 1958 mit vier Konventionen hervor. Eine neue, umfassende S.-Konvention geht auf die S.-Konferenz der Vereinten Nationen (»United Nations Conference on the Law of the Sea«, UNCLOS) zurück, die von 1973 bis 1982 an versch. Orten tagte. Diese S.-Konvention wurde am 10. 12. 1982 von 119 Staaten unterzeichnet und trat am 16. 12. 1994 nach Ratifizierung durch 60 Staaten in Kraft.
Sie bestätigt den Grundsatz der Meeresfreiheit (Freiheit der Meere), normiert aber auch Pflichten der Staaten, die das Meer zu den versch. Zwecken (Schifffahrt, Fischerei, Meeresbergbau, Abfallbeseitigung) nutzen oder Teile desselben als Staatsgebiet besitzen. Für die Breite der Küstengewässer ist eine Höchstgrenze von zwölf Seemeilen festgesetzt worden. Spezialkapitel betreffen die Benutzung der Meerengen, die Inselstaaten, die ausschließl. Wirtschaftszone (die zwar außerhalb der Küstengewässer liegt, in der aber der Küstenstaat bestimmte Vorrechte genießt), den Festlandsockel (Schelf), die Binnenmeere, die Rechte der Binnenstaaten und v. a. den Umweltschutz. Hier werden die Staaten verpflichtet, die Meeresverschmutzung zu verhindern, zu reduzieren und zu kontrollieren. Für die Beilegung von Streitigkeiten, die aus der S.-Konvention entstehen, wurde in Hamburg der Internationale Seegerichtshof errichtet.
Literatur:
Hafner, G.: Die seerechtl. Verteilung von Nutzungsrechten. Wien u. a. 1986.
Internat. S., Textausg., hg. v. R. Platzöder u. a. München 1990.
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