Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Scientology
Scientology®[saɪən'tɔlədʒɪ; engl., zu lat. scientia »Wissen«] die, von dem amerikan. Sciencefictionautor Lafayette Ronald Hubbard (* 1911, ✝ 1986) unter dem Namen Dianetics® entwickelte, ab 1952 unter der Bez. S. propagierte »angewandte religiöse Philosophie und Technologie«; zugleich eine weltweit verbreitete Organisation, deren dt. Zweig 1971 als »Scientology® Kirche Dtl.« gegründet wurde. Zuverlässige Zahlen über die Anhängerschaft liegen nicht vor; Schätzungen belaufen sich auf einige Mio. Anhänger weltweit und auf max. 10 000 aktive Mitgl. in Dtl. (1998). S. versteht sich als »Wiss. vom menschl. Geist«, deren Ziel die Befreiung der Menschen zu ihrer eigentl. (Geist-)Identität und, darauf aufbauend, die Begründung einer neuen Zivilisation ist. Voraussetzung sei die Absolvierung eines zu hohen Preisen angebotenen Kurssystems, innerhalb dessen der Teilnehmer von seinen »geistigen Behinderungen befreit« und in den Zustand des »Clear« geführt werde. Wichtigste Methode ist dabei das »Auditing«, eine Abfragetechnik mithilfe eines elektron. Messgerätes (»Hubbard-Elektro-Meter«). Der Einstieg erfolgt i. d. R. über einen kostenlosen »Persönlichkeitstest«, der oft beim (Straßen-)Verkauf von Hubbards Handbuch »Dianetics®« (1950) angeboten wird. S., die in den letzten Jahren auch verstärkte Aktivitäten im Bereich von Managementschulung, Lern- und Kommunikationstraining und Motivationsberatung entwickelt hat, ist mit zahlr. Unterorganisationen und ihr nahe stehenden selbstständigen Unternehmen (z. B. »ZIEL - Zentrum für Individuelles und Effektives Lernen«, »Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte«, »MUT - Menschen gegen Unterdrückung der Toleranz«, »VEM - Verband engagierter Manager«) eine der umstrittensten weltanschaul. Organisationen. In Dtl. wird bes. die Frage diskutiert, ob S. eine Religion sei oder eine neuartige Form einer polit. Organisation darstelle. Das Bundesarbeitsgericht hat 1995 entschieden, dass die »S.-Kirche Dtl. Hamburg e. V.« keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Art. 4 und 140 GG ist, u. a. da ihre Tätigkeit in erhebl. Umfang wirtschaftlich ausgerichtet ist. Die Innenministerkonferenz der Länder fasste 1997 den Beschluss, die S.-Organisation ein Jahr lang bundesweit auf mögl. Aktivitäten im staatlich-polit. Bereich hin durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Unter Hinweis auf Vorwürfe, nach denen S. Menschen aus ihren sozialen Bindungen herauslöse, abhängig mache und finanziell ausbeute, wurde in jüngster Zeit vereinzelt auch das Verbot der S.-Organisation gefordert.
Literatur:
Haack, F.-W.: S., Dianetik u. a. Hubbardismen. München 21990.
Christ, A. u. Goldner, S.: S. im Management. Düsseldorf 1996.
Hartwig, R.: S. - ich klage an! Neuausg. München 1996.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Scientology