Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Schwefel
Schwefel(lat. Sulfur), chem. Symbol S, Element aus der sechsten Hauptgruppe des Periodensystems der chemischen Elemente; Ordnungszahl 16, relative Atommasse 32,06, Dichte 2,06 g/cm3, Schmelzpunkt 119,6 ºC, Siedepunkt 444,6 ºC. S. bildet mehrere allotrope Modifikationen. Der bei normaler Temperatur allein beständige gelbe, rhombisch kristallisierende α-S. (rhombischer S.) verwandelt sich bei 95,6 ºC in monoklin kristallisierenden, ebenfalls gelben β-S. (monokliner S.). Die Kristallgitter beider S.-Modifikationen sind aus ringförmigen S8-Molekülen aufgebaut. Bei 119,0 ºC schmilzt der β-S. zu einer hellgelben, bewegl. Flüssigkeit (λ-S.), in der noch S8-Moleküle vorliegen. Diese Flüssigkeit wird mit steigender Temperatur (etwa ab 160 ºC) braun und viskos, wobei die zunehmende Viskosität v. a. auf der Bildung hochmolekularer, z. T. zu Ringen geschlossener S.-Ketten (μ-S.) beruht, die beim therm. Aufbrechen der S8-Ringe entstehen; gleichzeitig bilden sich auch weitere S.-Ringmoleküle (π-S., Sn, n = 6-26). Bei weiterem Erwärmen des S. (etwa ab 200 ºC) zerbrechen die hochmolekularen S.-Moleküle zu kleineren Bruchstücken, sodass bei 400 ºC eine wieder dünnflüssige, dunkelrotbraune Schmelze vorliegt, die bei 444,6 ºC siedet. Beim langsamen Abkühlen von geschmolzenem S. finden die genannten Vorgänge in umgekehrter Reihenfolge statt. Schreckt man jedoch den geschmolzenen S. ab, so bildet sich plastischer S., eine braungelbe, zäh-elast. Masse, die aus einem Gemisch von λ- und μ-S. besteht. - Beim Erwärmen reagiert S. mit zahlreichen Nichtmetallen und Metallen; an der Luft entzündet er sich bei etwa 260 ºC und verbrennt mit blauer Flamme zu Schwefeldioxid, SO2.S. gehört zu den häufigeren Elementen der festen Erdkruste und steht in der Häufigkeitsliste der chem. Elemente an 15. Stelle. Freier, gediegener S. findet sich entweder als vulkanischer S. oder als sedimentärer S. Gebunden kommt S. vor in Sulfaten, Sulfiden der Schwermetalle, im S.-Wasserstoff (Erdgas und vulkan. Gase), S.-Dioxid und in organ. Verbindungen. Als Bestandteil von Proteinen ist S. im Pflanzen- und Tierreich weit verbreitet; er ist z. B. Baustein von Aminosäuren (Cystein, Methionin) oder Vitaminen, z. B. B1 (Thiamin).
Gediegener S. wird im Tage- und Untertagebau abgebaut sowie v. a. durch das Frasch-Verfahren gewonnen. Der dabei gewonnene, noch verunreinigte Roh-S. wird durch Umschmelzen und Destillieren gereinigt. Heute spielt bes. die Gewinnung von S. aus Schwefelwasserstoff, der in Erd-, Kokerei- und Raffineriegasen enthalten ist, eine Rolle.
S. wird v. a. gebraucht zur Herstellung von Schwefelsäure, ferner von Schwefelkohlenstoff, Schwefelfarbstoffen, Sulfiten, Thiosulfaten, Polysulfiden usw. Bedeutung hat S. außerdem für die Vulkanisation von Kautschuk und als fein verteilter Netz-S. (kolloider S., Ultra-S.) in Form von Salben, Pudern u. Ä. zur Behandlung von Akne, Ekzemen und Schuppenflechte. Verbindungen: S. bildet in den Oxidationsstufen von —2 bis +6 Verbindungen, am häufigsten in den Stufen —2, +4 und +6. S.-Dioxid, SO2, ein stechend riechendes Gas mit starker Reizwirkung auf Schleimhäute u. a. Schadwirkungen bei Immission, bildet sich bei der Verbrennung von S. und S.-Verbindungen und wird zur Herstellung von S.-Säure sowie als Bleichmittel verwendet. SO2 findet sich in allen aus schwefelhaltigen Brennstoffen entstehenden Abgasen und ist ein luftverunreinigender Schadstoff (Luftverschmutzung, saurer Regen). Beim Auflösen von SO2 in Wasser bildet sich die mittelstarke, zweibasige schweflige Säure, H2SO3, die sich stets mit SO2 in einem (temperaturabhängigen) Gleichgewicht befindet. Ihre Salze sind die Sulfite, MI2SO3 und Hydrogensulfite, MIHSO3 (MI einwertiges Metallkation). S.-Trioxid, SO3, ist eine feste, in drei Modifikationen auftretende Substanz, die bei der Schwefelsäureherstellung als Zwischenprodukt auftritt. S.-Kohlenstoff (Kohlendisulfid, Kohlenstoffdisulfid), CS2, wird heute vorwiegend aus S.-Dampf und Methan (aus Erdgas) bei 650 ºC hergestellt und dient als Lösungsmittel für S., Harze, Fette, Gummi; es ist ein starkes Nervengift (Schwefelkohlenstoffvergiftung). S.-Wasserstoff, H2S, ist ein farbloses, sehr giftiges Gas mit charakterist., selbst in geringen Konzentrationen wahrnehmbarem Geruch nach faulen Eiern (Schwefelwasserstoffvergiftung). Die neutralen Salze des S.-Wasserstoffs sind die Sulfide. Mit Schwermetallen bildet S.-Wasserstoff sehr kräftig gefärbte, beständige Verbindungen, die in ihren mineral. Vorkommen Blenden, Glanze und Kiese heißen. Von S. sind in den versch. Oxidationsstufen zahlr. Sauerstoffsäuren bekannt, von denen Schwefelsäure besondere Bedeutung hat.
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